Kommentar: Antisemitismus und Pressefreiheit

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Jerusalem, 23. August 2009 – Völlige Pressefreiheit gibt es nicht einmal in den fortschrittlichsten Demokratien. Aufrufe zu Mord und rassistische Hetze sind meistens geächtet. In Deutschland ist das Leugnen des Holocaust strafbar. In den Medien darf das Blaue vom Himmel herab gelogen werden. Wer sich verleumdet fühlt, muss Strafanzeige erstatten.
Zwischen Israel und Schweden ist eine handfeste diplomatische Krise ausgebrochen, weil in der schwedischen Boulevardzeitung Aftonbladet ein übel nach Antisemitismus stinkender Artikel veröffentlicht worden ist: Israelische Soldaten hätten 1992 Palästinenser ermordet, um ihnen entnommene Organe zwecks Transplantation an jüdische Rabbis in den USA zu verschachern. Formal ist dem Journalisten Donald Boström nichts vorzuwerfen. Er hat ungeprüfte Behauptungen von Palästinensern wiedergegeben und sich dazu eine Stellungnahme des Militärsprechers eingeholt, der jene „Ammenmärchen“ dementierte.
Israels Politiker, allen voran der Premierminister, fordern von der schwedischen Regierung eine förmliche Entschuldigung. Der Artikel schüre antijüdische Hetze und sei eine Beleidigung, zumal die Behauptungen reine Lüge seien. Die Schweden jedoch stellen sich stur und pochen auf die in ihrer Verfassung verankerten Pressefreiheit. Genauso hatte Dänemark argumentiert, als die sogenannten Mohammad-Karikaturen in der Welt des Islam einen blutigen Aufstand mit über 150 Toten ausgelöst hatten. Auch Israels Regierung argumentiert so, wenn israelische Medien in der arabischen Welt Empörung auslösen.
Der Hetzartikel in Aftonbladet verdient kein Lob. Völlig unverständlich ist jedoch, wieso Israel mit der öffentlichen wie offiziellen Empörung jenen Behauptungen aus der antisemitischen Mottenkiste der „Weisen von Zion“ zu Weltruhm verholfen hat. Erst der international beachtete Skandal mit dem derzeitigen Ratsvorsitzenden der EU sorgte dafür, dass diese Lügengeschichten nun bis in den letzten Winkel dieser Erde getragen wurden, anstatt lediglich von ein paar schwedischen Zeitungslesern konsumiert worden zu sein.


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