Ein iranischer Schauprozess

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Ein iranischer Schauprozess 

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Für die Anklagepunkte gegen die sieben Ex-Koordinatoren der Bahai-Gemeinde ist in der iranischen Straf-un-rechtspraxis die Todesstrafe vorgesehen. Die Welt darf nicht wegschauen. Sanktionen gegen die khomeinistische Diktatur sind angebracht.

Am 11. Januar 2010 fand der erste Prozesstag gegen die seit Frühjahr 2008 verhafteten sieben Führungskräfte der iranischen Bahai-Gemeinde statt. Wann der zweite Termin sein wird, ist unklar, wahrscheinlich Anfang Februar. Der Ablauf am ersten Prozesstag hat erneut bewiesen, dass die Praxis der politischen Gesinnungsjustiz im Iran nichts mit dem Vollzug rechtsstaatlicher Gerichtsbarkeit zu tun hat:

Ein Richter las die Anklagepunkte vor und fragte Herrn Jamoldin Khanjani, einen der Angeklagten, ob er den Anklagepunkten zustimme. Dieser wies alle Punkte entschieden zurck. Der Richter fragte ihn, ob er zu seiner Verteidigung etwas sagen wolle. Herr Khanjani wies wiederum auf seinen Anwalt hin. Der Anwalt bekam aber keine Redeerlaubnis. Er sah seine Klienten zum ersten Mal im Gerichtssaal. Der Prozess wurde wahrscheinlich auf den 7. Feruar verschoben. Erwartet werden Todesurteile für unschuldige Menschen, die lediglich einen anderen Glauben haben als die Machthaber der totalitären Diktatur. In iranischen Revolutionsgerichten werden die Urteile oft vom Geheimdienst und der politischen Führung im voraus bestimmt. Der Richter bestätigt und verliest die Urteile am Ende eines Schauprozess.

Absurde Vorwürfe

Die iranischen Nachrichtenagenturen veröffentlichten die folgenden absurden Anklagepunkte: Spionage für fremde Mächte, Zusammenarbeit mit Israel, Propaganda gegen das Regime, Durchführung von illegalen Versammlungen, Verschickung von Dokumenten an fremde Mächte.

Alles Lug und Trug. Von Spionage kann keine Rede sein, zumal die Angeklagten keinen Zugang zu irgendwelchen staatlichen Geheimnissen haben. Die Administration der Bahai-Gemeinde wurde in der Tat schon zu Beginn der Revolution verboten. Die Bahai trafen sich seitdem lediglich in privaten Kreisen zum Gebet. Und die sieben Koordinatoren kümmerten sich um Gemeindeangelegenheiten wie Heirat und Beerdigungen. Die staatliche Politik gegenber den Bahai-Gemeinden besteht seit der islamischen Revolution aus Hasspropaganda und systematischer Verfolgung der Bahai, bis hin zur Zerstörung von Friedhöfen. Das Ziel der iranischen Staatsführung ist offenbar die Vernichtung der iranischen Bahai-Gemeinden.

Tatsächlich warfen schiitische Geistliche schon in den 1940er Jahren den Bahai vor Agenten Russlands, Englands, der USA und inzwischen Israels zu sein. Dabei steht die Bahai-Religion im Iran für einen kulturellen Wertewandel, Fortschritt und Modernität. Sie steht unter anderem für Gleichberechtigung von Mann und Frau, für Meinungspluralismus und Glaubensfreiheit und für soziale Gerechtigkeit. Die Bahai bevorzugen auch eine parlamentarische Demokratie als die beste existierende politische Herrschaftsform. All das ist ein Dorn in den Augen des schiitischen Klerus.

Das Feindbild des khomeinistischen Regimes

Das Feindbild Nummer 1 nach innen der iranischen Machthaber sind die Bahai. Wenn die Regierung die sogenannte grüne Oppositionsbewegung im Iran diffamieren will, verbreiten die staatlichen Ideologen ganz offen Lügen und behaupten die grüne Opposition und ihre Anführer stünden der Bahai-Religion nahe. Was man den Bahai wahrlich nicht vorwerfen kann, ist, dass sie Demonstrationen organisieren. Kayhan, das iranische Führerblatt, warf am 5.1.2010 sogar der Friedensnobelpreistrgerin Shirin Ebadi vor Bahai zu sein. Sie ist Muslimin und hatte als sie noch im Iran lebte Zugang zu den Akten der sieben angeklagten Führungsmitglieder der Bahai-Gemeinde. Ebadi hat in einem Interview am 13.1.2010 hervorgehoben, dass sie nichts in den Akten gefunden habe, was auf Spionage hinweisen würde.
Die khomeinistischen Machthaber wollen die islamische Opposition unter Druck setzen, sich von den Bahai zu distanzieren und hofft mit solchen Methoden die Bahai leichter unterdrücken zu können.

Das Regime wirft den Bahai vor religiöse Gefühle der Muslime zu beleidigen. Die Frage ist umgekehrt zu stellen, ob nicht die Diktatur der religiösen Fanatiker die religiösen Gefühle der Iraner verletzt und obendrein die iranische Bahai-Gemeinde als Geisel nimmt. Beleidigen die iranischen Machthaber des Iran nicht ihre eigene Religion, wenn der Ayatollah Mesbahe Yazdi die sexuelle Vergewaltigung von politischen Gefangenen zwecks Informationsgewinnung in einer Fatwa genehmigt und absegnet?

Zeit für neue Sanktionen

Der Iran-Experte und hochrangige US-Diplomat John Limbert, der 1979 einer der 53 US-Geiseln in Teheran war, sagte kürzlich, dass die USA nie in Bezug auf die staatlichen Gewalttaten und die Misshandlung eines Volkes ruhig bleiben werden.

Dreißig Jahre lang hat die Welt zugeschaut, wie das iranische Regime die Bahai systematisch verfolgt und inzwischen das eigene Volk massiv unterdrückt, wie das Regime den Terrorismus exportiert hat und droht Israel zu vernichten und wie kein anderes Land auf der Welt gegen westliche Demokratien Propaganda betreibt. Die Frage ist, wann der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass die europischen Regierungen aus Protest gegen das khomeinistische Unrechtssystem ihre Botschafter aus dem Iran abberufen oder andere Sanktionsformen wie einen Stop des Benzinexports in den Iran durchführen.

 


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