Wirtschaftskrise im Iran

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Wirtschaftskrise im Iran

Wahied Wahdat-Hagh,

Welt-Online, 16-Apr-2010

 

Auch im kommenden Jahr werden die iranischen Arbeiter unter dem Existenzminimum leben müssen. Zudem ist abzusehen, dass die iranische Wirtschaft trotz hoher Öleinnahmen kaum wachsen wird.

Iranische Wirtschaftswissenschaftler haben berechnet, dass ein iranischer Arbeiter mindestens 337 EUR verdienen muss, um das Minimum seiner materiellen Bedürfnisse zu befriedigen. Ein solches Minimum an Nahrung, Kleidung, Wohnung und medizinischer Versorgung erlaube ein physisches Überleben in der iranischen Gesellschaft.

 

Andere unabhängige iranische Wirtschaftswissenschaftler haben das Existenzminimum für iranische Arbeiter, die in Städten leben sogar auf 599 EUR geschätzt. Denn das städtische Leben sei viel teurer als das Leben auf dem Land.

 

Iranische Arbeiter leben unter dem Existenzminimum

 

Wie BBC Persian meldete, müssen sich die iranischen Arbeiter in diesem Jahr mit einem Durchschnittseinkommen von hochgerechnet rund monatlich 227 EUR begnügen. Dies sind 110 EUR, d.h. 33 Prozent unterhalb der roten Linie des Existenzminimums.

 

Dieses Dilemma hat dazu geführt, dass sogar Hadi Moqadessi, stellvertretender Vorsitzender der Kommission für soziale Fragen des iranischen Pseudo-Parlaments zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Mindesteinkünfte im neuen iranischen Jahr, das am 21. März begonnen hat, nicht den Unterhalt einer Arbeiterfamilie garantieren.

 

Der iranische Arbeitsminister, Abdolreza Scheich al-Islami, kennt aber nach eigenen Aussagen keinen Betrag, der eine rote Linie der Armut definieren würde. Die iranischen Arbeiteraktivisten protestieren gegen die Regierung, die ihre sozialen Probleme ignoriert.

Reza Derakhshan, Arbeiter einer iranischen Rohrzuckerfabrik in Hafttapeh in der iranischen Provinz Khusistan, sagt, dass eine Rohrzuckerfabrik in seiner Stadt geschlossen wurde, da zu viel Rohrzucker importiert worden sei. Daraufhin seien die Arbeiter nicht nur entlassen worden sondern teilweise auch gerichtlich verfolgt worden, berichtet BBC Persian.

 

Inflation sinkt und die Wirtschaft stagniert

 

Fereidun Khavand schreibt, dass die Inflation im Iran im letzten Jahr von 25% auf 11% gesunken sei.

 

Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) beträgt der Durchschnitt der Inflationswerte für die Staaten des Nahen Ostens und Mittelasiens aber nur 7%.

 

Die iranische Wirtschaft wächst aber nicht. Und ein Sinken der Inflation sei nur dann für die Wirtschaft positiv, wenn das Wirtschaftswachstum zumindest nicht rückläufig ist.

 

Fereidun Khavand bemerkt dazu, dass sich die iranische Regierung seit über zwei Jahren weigert die Wachstumsrate der iranischen Wirtschaft bekannt zu geben. Die letzte offizielle Zahl der iranischen Zentralbank in Bezug auf das Wirtschaftswachstum stamme vom April 2008. Damals habe nach offiziellen Angaben das Wirtschaftswachstum der Monate Februar bis April 2008 etwa 2,3 Prozent betragen.

 

Nach Angaben des IWF habe das Wirtschaftswachtum des Iran in den Jahren 2006 und 2007 noch rund 6,6% betragen. Trotz hoher Einnahmen aus dem Ölgeschäft habe das Wirtschaftswachstum im Jahr 2009 nur etwa 1% betragen. Für das Jahr 2010 geht der IWF von einem Wachstum von 2,2% aus.

 

Fereidun Khavand hebt hervor, dass die iranische Wirtschaft ein Wachstum von etwa 8% benötige. Daher wirke sich das Sinken der Inflation mitnichten positiv auf die iranische Wirtschaft aus. Im letzten Jahr seien die Preise im Iran nur deswegen nicht angestiegen, weil die Zentralbank in den Jahren 2007 und 2008 eine restriktive Geldpolitik betrieben habe und die umlaufende Geldmenge vermindert habe. Wenn die iranische Zentralbank in diesen Jahren statt einer restriktiven Geldpolitik einen größeren Teil der sehr hohen Einnahmen aus dem Ölgeschäft in den einheimischen Markt gepumpt hätte, wäre die Inflation viel schneller gestiegen.

 

Erst im Jahre 2009 habe die iranische Zentralbank wieder Geldeinnahmen aus dem Ölgeschäft in den iranischen Markt gepumpt. In den kommenden Monaten würde sich daher eine höhere Inflation bemerkbar machen.

 

Die Inflation in der iranischen Wirtschaft hänge auch von der Höhe der staatlichen Subventionspolitik ab. Beispielsweise seien die Devisen im Iran subventioniert. D.h. mit hoch subventionierten Devisen können die Importe gesteigert werden. Dies hemmt wiederum das Wachstum des einheimischen Marktes. Ein Ansteigen der Importe könne dazu führen, dass die Inflation galoppiert.

 

Dank der hohen staatlichen Öleinnahmen steigen die ausländischen Devisen. Die iranische Zentralbank hält den Wert des iranischen Geldes künstlich hoch. Dies dient den hohen Importgeschäften. Auch der Preisanstieg der importierten Waren wird dadurch niedrig gehalten, d.h. die Zahlungskraft der Iraner wird nur künstlich hoch gehalten.

 

Diese iranische Wirtschaftspolitik ist laut Fereidun Khavand genau das Gegenteil der chinesischen Wirtschaftspolitik. China hält seinen Geldpreis künstlich niedrig, um seine Exporte zu steigern und seine Importe möglichst niedrig zu halten. Die iranische Regierung stärkt dagegen die Importeure, indem die Devisenpreise niedrig gehalten werden und die Exporte teurer werden.

 

Eine abschließende Frage liegt auf der Hand: wer profitiert von dieser Wirtschaftspolitik der Diktatur? Es sind die Revolutionsgardisten, die ein Gros der iranischen Wirtschaft kontrollieren, ihre Profitinteressen durchsetzen und mit Hilfe der Bassiji beispielsweise Arbeiterdemonstrationen niederschlagen.

 

Dennoch bleiben die kapitalistischen Gesetze der Wirtschaft unangerührt von der totalitären Kontrolle der Wirtschaft der Revolutionsgardisten, die auch die Rolle von kapitalistischen Unternehmern übernehmen.

 

Wenn die Devisenpreise eines Tages wieder ihren realen Wert erhalten, was sicher der Fall sein wird, wird die Kontrolle der Inflation neue Konflikte auch für die totalitäre Diktatur mit sich bringen.

 

 



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