„Massaker“ an Blockadebrechern (noch mal aktualisiert)

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Jerusalem, 31. Mai 2010 – Bei dem Überfall der israelische Marine auf eine Flotte von sechs Schiffen der „Befreit Gaza“ Aktion wurden mindestens füf israelische Soldaten teilweise schwer verletzt. Unter den Demonstranten gab es angeblich zwischen 10 und 15 Tote sowie 36 Verletzte. Endgültige Angaben gab es auch in den späten Nachmittagsstunden noch nicht. Die internationalen Blockadebrecher befanden sich auf dem Weg von der Türkei zum Gazastreifen. In der Nacht, früher als die rund 600 Demonstranten auf den Schiffen aus der Türkei, Griechenland und anderen Ländern erwartet hatten, näherten sich ihnen Kriegsschiffe der israelische Marine. Die Kapitäne der Schiffe des Konvois „Befreit Gaza“ wurden aufgefordert, abzudrehen und sich nicht in das gesperrte „Kriegsgebiet“ hineinzubegeben oder aber den israelischen Hafen von Aschdod anzusteuern, um die Ladung und die Passagiere überprüfen zu lassen. Als der Kapitän des türkischen Schiffes „Mavi Marmara“ mit rund 500 Aktivisten an Bord „negativ, negativ“ antwortete, kam der Befehl zum gewaltsamen Entern des Konvois. Hunderte israelische Soldaten erklommen die kleineren Boote mit Leitern, während andere von Hubschraubern abgeseilt wurden. Auf der „Mavi Marmara“ kam es schon im ersten Moment zu einem Feuergefecht, als die israelischen Soldaten an Deck gingen. Sie wurden angeblich von der Brücke aus und von unter Deck aus von arabisch-sprechenden Passagieren erst beschossen und dann angegriffen. Nach israelischen Darstellungen hätten sich die Demonstranten mit „langen Messern“ und anderen „Waffen“ auf die Soldaten gestürzt und versucht, sie zu lynchen. Dabei sei ein Soldat sehr schwer am Kopf verletzt worden. „Wir begegneten einer präzedenzlosen Gewalt von Seiten dieser sogenannten Friedensaktivisten, die wohl eher als Semi-Terroristen bezeichnet werden müssten“, sagte Avi Benijahu, der oberste israelische Militärsprecher. Ein israelischer Militärreporter berichtete, dass die Soldaten lange Zeit die Übernahme trainiert hätten. Man habe mit Flüchen der Friedensaktivisten, Bespucken der Soldaten und passivem Widerstand gerechnet. Die Soldaten seien jedoch „völlig überrascht“ worden von einer offenbar vorgeplanten Gewalt mit Waffen, die rechtzeitig an Bord gebracht worden seien. Die Spezialeinheiten hätten auch nicht mit einem Versuch der Friedensaktivisten gerechnet, gelyncht zu werden. „Die Soldaten hatten das Gefühl, lebensgefährlich bedroht zu sein. Deshalb reagierten sie mit ihren Waffen.“ Einem Soldaten sei die Waffe entwendet worden. Die Friedensaktivisten hätten diese dann mit scharfen Schüssen gegen die Streitkräfte gerichtet. „Wir kennen immer noch nicht alle Einzelheiten. Noch sind nicht alle Kabinen in dem großen Schiff untersucht worden. Die Operation dauert an“, sagte Militärsprecher Avi Benajahu gegen 10 Uhr morgens im Rundfunk, fünf Stunden nach dem Befehl, die Schiffe etwa 70 Meilen vor der Küste in internationalen Gewässern abzufangen. Per Hubschrauber wurde eine unbekannte Zahl von Verletzten nach Israel geflogen und auf Krankenhäuser verteilt. Die israelischen Krankhäuser erhielten die Auflage, keine Details über die eingelieferten Demonstranten oder deren Zustand an die Presse zu geben. Am Mittag wurden im israelischen Fernsehen Filmszenen gezeigt, auf denen deutlich zu sehen war, wie einer der Friedensaktivisten in roter Schwimmweste mit einem langen Messer auf einen Soldaten einsticht. Ein Soldat wurde von der Brücke auf ein unteres Deck herabgestoßen, zwei retteten sich mit einem Sprung ins Wasser, berichtete der Reporter Amir bar Schalom, der die Truppen begleitete. Zwei Soldaten seien zu Beginn der Aktion durch Schüsse in den Bauch und ins Knie verletzt worden. Erst danach hätten die Soldaten die Genehmigung erhalten, ihre Schusswaffen einzusetzen. Arabische Knessetabgeordnete redeten von einem „Massaker“ und einem Verstoß der israelischen Besatzungs-Streitkräfte gegen internationales Recht. Daraufhin wurden in Jerusalem, nahe arabischen Ortschaften im Norden Israels, nahe dem Hafen von Aschdod – wohin die Schiffe gebracht werden sollen – und an anderen „kritischen“ Orten große Polizeikräfte zusammengezogen. Es wird mit Unruhen gerechnet, als Reaktion auf die gewaltsame Übernahme des Protestkonvois. Im arabischen Sektor Israels wurde beschlossen, am Dienstag einen Generalstreik auszurufen. Die Polizei wurde aufgefordert, sich nicht in arabische Dörfer zu begeben, um „Provokationen“ zu vermeiden. Die deutsche Botschaft verschickte an die „lieben Landsleute“ sogar eine dringende Warnung, nicht die Altstadt Jerusalem wegen erwarteter Ausschreitungen zu besuchen. Israel riegelte den Gazastreifen ab. Dutzende mit Nahrungsmitteln beladene Lastwagen, die den Kerem Schalom Übergang von Israel in den Gazastreifen passieren sollten, wurden wieder zurückgeschickt. Während in Istanbul eine große Demonstration vor dem israelischen Konsulat stattfand und die Sprecher dort die türkische Armee aufriefen, dem maritimen Hilfskonvoi zu Hilfe zu eilen, wurde der israelische Botschafter ins türkische Außenministerium einberufen. Auch Schweden und Griechenland bestellten die israelischen Botschafter ein. Verteidigungsminister Ehud Barak habe seinen türkischen Amtskollegen angerufen, um ihm „Punkt für Punkt“ die Ereignisse zu erklären. Der türkische Premierminister Tayyip Erdogan wolle eine Auslandsreise nach Chile abbrechen. Im israelischen Außenministerium werde beraten, ob alle Israelis aufgefordert werden sollten, umgehend die Türkei zu verlassen. Der türkische Botschafter in Israel fuhr mit einem großen Stander am Kotflügel am israelischen Außenministerium vor. Die Türkei will ihn aus Tel Aviv abberufen, stornierte zwei gemeinsame Militärmanöver und forderte ihre Jugend-Fußballmanschaft auf, sofort Israel zu verlassen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, zur Zeit in Kanada, will seine Nordamerika-Reise nicht vorzeitig abbrechen, um US-Präsident Barack Obama wie geplant treffen zu können. Syrien und die Türkei wollen gemäß Medienberichten den Sicherheitsrat der UNO wegen der Vorfälle im Mittelmeer einberufen lassen. Vize-Außenminister Dany Ayalon erklärte in einer live übertragenen Pressekonferenz, dass es sich bei der „Befreit Gaza“ Aktion mit sechs Schiffen um einen Verstoß gegen internationales Recht und um eine „unerträgliche gewaltsame Provokation handelte, die kein Land der Welt hinnehmen kann“. Es entspreche durchaus internationalem Recht, wenn Israel in internationalen Gewässern fremde Schiffe mit feindseligen Absichten abfange. Die Türkei sei rechtzeitig gewarnt und aufgefordert worden, die Schiffe der „Befreit Gaza“ Aktion gar nicht erst ablegen zu lassen. Die Organisatoren gehören einer terroristischen Nicht-Regierungsorganisation an mit nachgewiesenen Verbindungen zur Hamas, zu El Kaeda und dem weltweiten islamischen Dschihad, sagte Ayalon. Weiter behauptete er, dass an Bord der Schiffe bei den Friedensaktivisten Waffen gefunden worden seien: „mindestens zwei Pistolen“.

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