Massaker an Blockadebrechern

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Jerusalem, 31. Mai 2010 – Mitteilung: Hier erhalten Sie eine erste, noch unfertige Version der Ereignisse heute. Ich habe die Materialien erst einmal gesammelt, und werde im Laufe des Tages noch aktualisieren und den Bericht redigieren müssen. Die Ereignisse überschlagen sich weiterhin. UWS

Mehr als fünfzehn Tote unter den propalästinensischen Aktivisten auf der aus sechs Schiffen bestehenden Flotte von Blockadebrechern,  dutzende Verletzte, darunter auch fünf israelische Marinesoldaten. Stunden nach dem Überfall auf die Schiffe gegen fünf Uhr Morgens herrscht immer noch Unklarheit über die Vorgänge. Die internationalen Blockadebrecher befanden sich auf dem Weg zum Gazastreifen.

In der Nacht, früher als die rund 600 Demonstranten auf den Schiffen aus der Türkei, Griechenland und anderen Ländern erwartet hatten, näherten sich ihnen Kriegsschiffe der israelische Marine. Die Kapitäne der Schiffe des Konvois „Befreit Gaza“ wurden aufgefordert, abzudrehen und sich nicht in das gesperrte „Kriegsgebiet“ hineinzubegeben. Als der Kapitän des großen türkischen Schiffes „Marmaris“ mit rund 500 Aktivisten an Bord „negativ, negativ“ antwortete, kam der Befehl zum gewaltsamen Entern des Konvois. Hunderte israelische Soldaten erklommen die kleineren Boote mit Leitern, während andere von Hubschraubern abgeseilt wurden.

Nach israelischen Darstellungen hätten sich die Demonstranten mit „langen Messern“ und anderen „Waffen“ auf die Soldaten gestürzt und versucht, sie zu lynchen. „Wir begegneten einer präzedenzlosen Gewalt von Seiten dieser sogenannten Friedensaktivisten, die wohl eher als Semi-Terroristen bezeichnet werden müssten“, sagte Avi Benijahu, der oberste israelische Militärsprecher.

Ein israelischer Militärreporter berichtete, dass die Soldaten lange Zeit die Übernahme trainiert hätten. Man habe mit Flüchen der Friedensaktivisten, Bespucken der Soldaten und passivem Widerstand gerechnet. Die Soldaten seien jedoch „völlig überrascht“ worden von einer offenbar vorgeplanten Gewalt mit Waffen, die rechtzeitig an Bord gebracht worden seien. Die Spezialeinheiten hätten auch nicht mit einem Versuch der Friedensaktivisten gerechnet, gelyncht zu werden. „Die Soldaten hatten das Gefühl, lebensgefährlich bedroht zu sein. Deshalb reagierten sie mit ihren Waffen.“

Einem Soldaten sei die Waffe entwendet worden. Die Friedensaktivisten hätten diese dann mit scharfen Schüssen gegen die Streitkräfte gerichtet.

„Wir kennen immer noch nicht alle Einzelheiten. Noch sind nicht alle Kabinen in dem großen Schiff untersucht worden. Die Operation dauert an“, sagte Militärsprecher Avi Benajahu gegen 10 Uhr morgens im Rundfunk, fünf Stunden nach dem Befehl, die Schiffe etwa 70 Meilen vor der Küste in internationalen Gewässern abzufangen.

Per Hubschrauber wurde eine bislang unbekannte Zahl von Verletzten nach Israel geflogen und in Krankenhäuser gebracht. Die israelischen Krankhäuser erhielten die Auflage, keine Details über die eingelieferten Demonstranten oder deren Zustand an die Presse zu geben.

Zu den verletzten Soldaten wurde bekannt gegeben, dass einer durch Messerstiche schwer verletzt worden sei, andere seien mit Eisenstäben getroffen worden. „Die Soldaten sind nicht durch Schüsse verletzt worden“, sagte ein Arzt.

Arabische Knessetabgeordnete redeten von einem „Massaker“ und einem Verstoß der israelischen Besatzungs-Streitkräfte gegen internationales Recht. Daraufhin wurden in Jerusalem, nahe arabischen Ortschaften im Norden Israels, nahe dem Hafen von Aschdod – wohin die Schiffe gebracht werden sollen – und an anderen „kritischen“ Orten große Polizeikräfte zusammengezogen. Es wird mit Unruhen gerechnet, als Reaktion auf die gewaltsame Übernahme des Protestkonvois. Im arabischen Sektor Israels wurde beschlossen, am Dienstag einen Generalstreik auszurufen. Die Polizei wurde aufgefordert, sich nicht in arabische Dörfer zu begeben, um unnötige „Provokationen“ zu vermeiden.

Israel riegelte den Gazastreifen völlig ab. Dutzende mit Nahrungsmitteln beladene Lastwagen, die den Kerem Schalom Übergang von Israel in den Gazastreifen passieren sollten, wurden wieder zurückgeschickt. Die Vereinigung der ausländischen Presse protestierte gegen die Absperrung. Das widerspreche einem Beschluss des israelischen Obersten Gerichts und entspreche den Sitten „finsterer Staaten“.

Während in Istanbul eine große Demonstration vor dem israelischen Konsulat stattfand und die Sprecher dort die türkische Armee aufriefen, dem Hilfskonvoi zu Hilfe zu eilen, wurde der israelische Botschafter ins türkische Außenministerium einberufen. Auch Schweden und Griechenland bestellten die israelischen Botschafter ein. Verteidigungsminister Ehud Barak habe seinen türkischen Amtskollegen angerufen, um ihm „Punkt für Punkt“ die Ereignisse zu erklären. Der türkische Premierminister Tayyip Erdogan wolle eine Auslandsreise nach Chile abbrechen. Im israelischen Außenministerium werde beraten, ob alle Israelis aufgefordert werden sollten, umgehend die Türkei zu verlassen. Der türkische Botschafter in Israel fuhr mit einem großen Stander am Kotflügel am israelischen Außenministerium vor.

Unklar ist noch, ob Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, zur Zeit in Kanada, seine Reise vorzeitig abbricht und auf ein Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama verzichtet.

Syrien wolle gemäß Medienberichten den Sicherheitsrat der UNO wegen den Vorfällen im Mittelmeer einberufen lassen.

Der Vize-Außenminister Dany Ayalon erklärte in einer live übertragenen Pressekonferenz, dass es sich bei der „Befreit Gaza“ Aktion mit sechs Schiffen um einen Verstoß gegen internationales Recht und um eine „unerträgliche gewaltsame Provokation handelte, die kein Land der Welt hinnehmen könnte“. Es entspreche durchaus internationalem Recht, wenn Israel in internationalen Gewässern fremde Schiffe mit feindseligen Absichten abfange. Die Türkei sei rechtzeitig gewarnt und aufgefordert worden, die Schiffe der „Befreit Gaza“ Aktion gar nicht erst ablegen zu lassen. Die Organisatoren gehören einer terroristischen Nicht-Regierungsorganisation an mit nachgewiesenen Verbindungen zur Hamas, zu El Kaeda und dem weltweiten islamischen Dschihad, sagte Ayalon. Weiter behauptete er, dass an Bord der Schiffe bei den Friedensaktivisten Waffen gefunden worden seien: „mindestens zwei Pistolen“. Weil die Operation andauere, könne er dazu keine weiteren Einzelheiten mitteilen.


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