Nächstes Desaster im Anmarsch

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Jerusalem, 4. Juni 2010 – Niemand weiß genau, wo die „Rachel Corrie“ steckt. Das irische Schiff mit weiteren Friedensaktivisten an Bord hält Funkstelle. Sprecher der „Rachel Corrie“ geben widersprüchliche Angaben aus, ob in einem türkischen Hafen weitere Aktivisten an Bord gehen soll oder ob das Schiff noch am Freitag oder erst am Samstag die Küste vor Gaza erreichen soll. Eine Sprecherin vermutete, dass die Funkstille des Schiffes die Folge israelischer Sabotage sein könnte.
Derweil werden immer mehr Einzelheiten über die Vorgänge auf der „Mavi Marmara“ bekannt, die in internationalen Gewässern von der israelischen Marine gestürmt wurde.
Aktivisten der Organisation „Free Gaza“ hatten behauptet, dass es mehr als neun Tote bei der Aktion gegeben habe. Die israelischen Soldaten hätten mehrere Leichen über Bord geworfen. Diese Darstellung wurde am Freitag vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan entkräftet: Alle Teilnehmer an der Protestaktion seien gefunden worden. Es gibt also keine Verschollenen mehr.
Die Türkei prüft derweil, ob ein getöteter türkischer Journalist tatsächlich als Reporter an Bord gegangen war, oder aber als Aktivist und Mitglied der islamistisch-radikalen IHH, die den Schiffskonvoi teilweise mitorganisiert und finanziert hatte.
Der israelische Rundfunk meldete, dass an Bord des im Hafen von Aschdod untersuchten Schiffes Patronenhülsen von Waffen gefunden worden seien, die nicht zum Arsenal des israelischen Militärs gehören. Es müssen also doch in der Türkei Waffen an Bord des Schiffes gebracht worden sein. Ebenso wurde jetzt erst bestätigt, was uns ein Augenzuge schon am Tag nach der Aktion berichtet hatte: Bei Ankunft der israelischen Marine seien mehrere Kisten über Bord geworfen, offenbar mit Waffen, damit die Israelis sie nicht finden könnten.
Von den Israelis an Bord gefundene oder beschlagnahme Filmaufnahmen bezeugen, dass vier israelische Soldaten von den gewalttätigen Türken unter Deck gebracht wurden, ausgezogen und dann, am Boden liegend, um ihr Leben bettelten, während mit Eisenstangen auf sie eingeprügelt wurde. Dabei hätten sich einige „echte“ Friedensaktivisten schützend vor die Soldaten gestellt. Eine Frau mit einem schweren arabischen Akzent soll die türkischen Schläger angeschrieen haben. Auf einem anderen Film sei ein arabisch aussehender Mann mit einer Eisenstange zu sehen, wie er versuchte, die türkischen Gewalttäter in Schach zu halten. Diese Filmausschnitte seien vom Militär nicht zur Veröffentlichung freigegeben worden, weil sie für die betroffenen Soldaten „zu peinlich“ seien.
Die Angaben der Israelis zu einer „Entführung“ der Soldaten, die als erste das Schiff geentert hatten, wurden inzwischen auch von einem libanesischen Kameramann des Nachrichtensenders Al Dschesira, André Abu Halil,  bestätigt. Gegenüber Reuters berichtete er, wie die Soldaten, teilweise mit Knochenbrüchen und bewusstlos, zum untersten Deck gebracht worden seien. Im israelischen Rundfunk wurde gemeldet, dass es die meisten Toten gegeben habe, als andere Soldaten versuchten, ihre unter Deck „entführten“ Kameraden zu befreien.
Mehrere israelische Offiziere und Soldaten der Eliteeinheit, die das Schiff geentert hatte, seien von der Gewaltbereitschaft eines Teils der türkischen Aktivisten „völlig überrascht“ gewesen. Der größte Fehler der Israelis lag offenbar an mangelnder Aufklärung über gewisse Teilnehmer an der „Friedensflotte“, was zu einer Kette falscher Entscheidungen  und schließlich auch zum Tod von neun der gewaltbereiten Schläger führte.


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