Google: Spiel um Gaza

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Google: Spiel um Gaza

HonestReporting Media BackSpin, 27. August 2010

Gesellschaftsredakteur Alex Margolin schreibt gelegentlich Einträge zu sozialen Medienfragen. Er ist für HonestReportings Facebook-Seite verantwortlich.

Es ist kein Geheimnis, dass sich die Sozialen Medien in der arabischen Welt mehr und mehr etablieren. Studien zeigen, dass es in den arabischen Ländern mehr Facebook-Mitglieder gibt als Leser von Printausgaben der Tageszeitungen – besonders denen, die von unterdrückerischen Regimes herausgegeben werden.

Doch bei der Internetnutzung insgesamt haben sich die Palästinenser an die Spitze geschoben.

Unternehmer in der West Bank nutzen das Internet effektiv für ihre Geschäfte, und soziale Aktivisten, die sich in Gaza organisieren wollen, finden Möglichkeiten, den wachsamen Blicken der Hamas zu entkommen. Wie das Wall Street Journal anmerkt (Klick bei Google News) bekundete selbst ein Internet-Riese wie Google Interesse, sich für drei Tage mit palästinensischen Programmierern zu treffen. David Tafuri schreibt:

Während West Bank und Gaza unter Kriegen, politischer Instabilität und begrenztem Ressourcenzugang litten, dehnte sich das Web stetig aus. Die Internet-Penetration – also der prozentuale Anteil der Bevölkerung mit Internetnutzung – wird in der West Bank auf 40 und in Gaza auf etwa 60% geschätzt. Beide Zahlen sind höher als die in vielen anderen arabischen Staaten.

Ein Grund dafür ist die räumliche Nähe der palästinensischen Gebiete zu Israel, das in der Region die Internet-Entwicklung anführt. Ein weiterer Faktor ist die hohe Alphabetisierungsrate in den Gebieten, die auf 92% geschätzt wird. Am bedeutungsvollsten ist vielleicht jedoch die Isolation der Palästinenser, ihre Reisebeschränkungen und Import- sowie Exportprobleme, was bedeutet, dass das Web ihre Hauptverbindung zur Außenwelt darstellt.

Tafuri zufolge glaubt Google, dass Gaza für eine Internet-Innovation reif sei, weil den Bewohnern so viele andere Kanäle verwehrt sind. Der Konzern hofft, mit anderen Silicon-Valley-Unternehmen wie Facebook, Twitter und Cisco in naher Zukunft zurückzukommen.

Interessanterweise geht Tafuri auch davon aus, dass die zunehmende Internetnutzung Spannungen in der Region abbauen könnte, wenn er andeutet, dass wirtschaftliche Erwägungen gegen den „bewaffneten Kampf“ unter Palästinensern ausgespielt werden könnten:

Die Internetnutzung führt mehr und mehr junge Palästinenser zu wirtschaftlichen Unternehmungen und Informationsaustausch zusammen, überschreitet somit Grenzen und Blockaden.

Es wird interessant sein zu beobachten, wie die Online-Anbindung an die Außenwelt die öffentliche Meinung unter den Palästinensern beeinflusst. Wird die innerpalästinensische Propaganda weiterhin so gut funktionieren, wenn die Jugend bei den offiziellen Kanälen abschaltet, um sich ihre Informationen aus anderen Quellen zu besorgen?

Google mag auf eine Periode erhöhter Stabilität in der Region wetten. Aber ausgehend von den letzten Resultaten gibt ein von Google ausgestelltes Vertrauensvotum keine Garantie für einen Erfolg in der Zukunft.


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