Australischer Journalist von Antisemitismusvorwurf entlastet

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Australischer Journalist von Antisemitismusvorwurf entlastet

HonestReporting Media BackSpin, 20. September 2010

Der australische Presserat (APC) wies eine Beschwerde gegen Kolumnist Mike Carlton (Sydney Morning Herald) zurück.

Hintergrund: Am 5. Juni hatte sich Sydney Morning Herald (SMH)-Kolumnist Mike Carlton zum Mavi Marmara-Vorfall geäußert. Beschwerden aufgebrachter Juden lösten am 12. und 19. Juni mehrere Leserbeiträge aus (bitte zur zweiten Hälfte runterscrollen).

Schließlich reichte ein Leser eine formelle Beschwerde gegen Carlton über den Presserat ein mit der Begründung, die letzten zwei Kommentare seien antisemitisch. Der APC überwacht die australischen Printmedien.

Ist Carlton berechtigt, seine Ansichten darzulegen? Ja.

Hatten die zwei Kolumnen beleidigenden Charakter? Ja.

Waren sie antisemitisch? Sehe ich nicht so.

Es war okay, wenn die SMH-Leser ihre Kommentare an den Redakteur schickten; es war auch richtig, wenn Blogger Carltons Argumente zerpflückten und wenn viele ihrer Empörung auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Medienpattformen Ausdruck verliehen. Das ist alles Usus bei Online-Konversation.

Aber jemanden des Antisemitismus zu bezichtigen ist eine zu schwerwiegende Anschuldigung, als damit leichtfertig um sich zu werfen. Es verändert die Debattenkultur – und das ist beschämend, weil andere substantielle Gesichtspunkte in Carltons Kolumne übersehen wurden. Solche zum Beispiel:

• Die Beschuldigung gegenüber einer jüdischen Lobby, sie koordiniere eine rüde Entgegnung, entbehrt jeglicher legitimer Kritik und gerät außer Kontrolle.

• Man kann keinen Vergleich zwischen Mavi Marmara und The Exodus ziehen.

• Israels Premierminister als „Strolch“ zu bezeichnen, der „vom israelischen Militär abhängig“ sei, ist unter der Gürtellinie.

Ich kann deshalb nicht behaupten, dass mich die Entscheidung des Presserates überrascht. Schlimmer noch: es wurde nun noch schwerer, gegen den realen Antisemitismus zu kämpfen – speziell gegen den in Down Under.

Bei Abschluss dieses Kapitels frage ich mich nur noch, ob Carlton überhaupt die eher legitimierten Gründe wahrnahm, warum sich die Leser des Sydney Morning Herald beleidigt hätten fühlen können.


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