Der Zoo des Mossad

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Jerusalem, 4. Januar 2011 – Im Nahen Osten gibt es fast nichts, wozu der Mossad unfähig wäre. Entzückt entdeckten die Saudi einen gefiederten israelischen Spion. Ein beringter Aasgeier mit israelischer Absenderadresse wurde gefangen und eindeutig als Kundschafter ausgemacht. Noch ist unbekannt, ob der Geier mit dem Kennzeichen „R65″ von der Tel Aviver Universität beim Verhör eingestanden hat, welchen Auftrag er hatte. Für die Saudis ist jedoch klar, dass der Mossad sein Arbeitgeber ist.
In Scharm El Scheich hat vor einigen Wochen ein eindeutig vom Mossad trainierter Haifisch eine im Meer badende deutsche Touristin getötet. Für den ägyptischen Gouverneur stand außer Frage, dass der Mossad  den Hai ausgeschickt habe, um die Tourismusindustrie Ägyptens zu sabotieren. Wenige Tage nach dem tödlichen Zwischenfall am Strand von Scharm El Scheich berichteten ägyptische Medien, dass der menschenfressende Hai tot sei. Ein betrunkener serbischer Tourist sei dem Hai auf den Kopf gefallen, als er sich mit einem Hechtsprung von seinem Surfbrett ins Wasser stürzte.
Das iranische Fernsehen entdeckte, dass das weltweite soziale Netz Facebook in Wirklichkeit dem israelischen und amerikanischen Geheimdienst dazu diene, Agenten anzuwerben. Deren Aufgabe sei es, den Iran zu destabilisieren. Die jüdische Abstammung des Erfinders von Facebook, Mark Zuckermann, reicht dem iranischen Fernsehen offenbar als Beweis dafür, dass Facebook für den Mossad arbeite.
Die Amerikaner sind zwar nicht so anfällig für Verschwörungstheorien wie die Araber. Doch als vor einigen Jahren Israelis in Florida Aligatoren für ihren Krokodilpark in Hamat Gader im Dreiländereck Syrien, Jordanien und Israel einkaufen wollten, schickte die Botschaft in Tel Aviv erst einmal einen Diplomaten dorthin, um zu prüfen, ob der Mossad dort vielleicht Kampf-Krokodile züchte.
Es gibt fast keine Naturkatastrophe, Finanzkrise oder andere große Ereignisse ohne eine vermeintliche Beteiligung des Mossad. Sogar den Tsunami in Ostasien im Dezember 2004 soll Israel mit der Untersee-Explosion einer Atombombe verursacht haben. Viele Bücher sind schon darüber geschrieben worden, dass der Mossad, gemeinsam mit dem CIA, am 11. September 2001 die Attacken auf das World Trade Center in New York und den Pentagon in Washington „getürkt” hätten. Für den damaligen Mufti von Jerusalem, Ekrem el Sabri, stand fest, dass Muhammad Atta und andere arabische Terroristen den 11. September nicht durchgeführt haben können, „weil die doch gar keine Flugzeuge besaßen”.
Sogar der sogenannte Unterhosen-Bomber, jener aus Nigeria stammende Umar Farouk Abdulmutallab, der an Weihnachten 2009 versucht hatte, ein amerikanisches Flugzeug auf dem Weg von Amsterdam nach Detroit zu sprengen, war nach Ansicht des iranischen Nachrichtendienstes Press-TV in Wirklichkeit ein israelisch-indisches Komplott. Der Mann hatte in seiner Unterhose versteckt Sprengstoff  an Bord der Maschine geschmuggelt. Zu den abstrusen Beweisen von Press-TV zählt, dass Nigeria von Israel kontrolliert werde.
Und selbst das Selbstmordattentat auf eine koptische Kirche im ägyptischen Alexandrien am 1. Januar soll der Mossad organisiert haben.
Der Mossad hat keinen Sprecher. Israel bestätigt in den seltensten Fällen Erfolge des Mossad und macht sich nicht die geringste Mühe, die abstrusen Verschwörungstheorien zu dementieren. Ohne eigenes Zutun nutzen sie dem Ruf des meistgefürchteten Geheimdienstes.
Ganz aktuell und nicht weniger mysteriös ist der Tod einer Demonstrantin bei den wöchentlichen „gewaltlosen” Ausschreitungen gegen die „Mauer” bei Bilin. Die 36 Jahre alte Johar Abu Rahma soll dort eine Ladung Tränengas (mit beigemischtem Phosphor!) eingeatmet haben und gestorben sein. Während palästinensische Sprecher sich in Widersprüche über den Hergang des Todes der Frau verwickeln, untersucht das israelische Militär noch den Fall und scheint keine endgültigen Ergebnisse in der Hand zu haben. Doch die israelischen Medien begannen, den Fall zu hinterfragen. Auf Filmmaterial der gewalttätigen Demonstration ist die Frau bisher noch nicht entdeckt worden. Palästinensische Ärzte bestätigten, bei der Frau im Krankenhaus eine Blutuntersuchung gemacht zu haben. Doch muss die Blutabnahme fast eine Stunde vor ihrer Ankunft im Hospital durchgeführt worden sein. Unklar ist, wo sie starb, im Hospital oder nach ambulanter Behandlung zu Hause. Die Frau litt angeblich unter Leukämie und wurde deswegen behandelt. Die Wahrheit wird wahrscheinlich nie ans Tageslicht kommen. Denn die Frau wurde eilig und ohne Autopsie begraben.
Es mangelt nicht an Fällen, in denen Palästinenser von israelischen Soldaten getötet wurden. Üblicherweise wird das vom Militärsprecher anstandslos bestätigt. Gleichwohl gibt es immer wieder Fälle, in denen die Palästinenser laute Beschuldigungen gegen Israel verbreiten.
Meistens soll da eigenes Verschulden vertuscht werde. Das war so mit dem gefilmten (vermeintlichen) Tod des Muhammad el Dura, der zum Symbol der Intifada wurde, dem Tod einer Familie am Strand von Gaza, die mit Gewissheit nicht von einer israelischen Granate getötet wurde, sondern von einer Mine der Hamas. 21 Menschen starben während einer Militärparade der Hamas im Gazastreifen, als scharfe Kassamraketen in der Menge explodierten. Selbst die zum Mythos aufgestiegene „erste palästinensische Selbstmordattentäterin”, Wafa Idris, war wohl eher das Opfer eines „Arbeitsunfalls”. Eine von ihr am 27. Januar 2002 in einer Ambulanz nach Jerusalem geschmuggelte Bombe explodierte vorzeitig in ihrer Tasche auf der Straße. 

(C) Ulrich W. Sahm


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