Der iranische Geheimdienst

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Hussein Taeb ist ein Kleriker vom religiösen Rang eines Hojatulislam. Er ist zudem Direktor der Geheimdienstabteilung der iranischen Revolutionsgardisten. Er hat düstere Visionen und geht davon aus, dass die US-amerikanische Regierung etwa in einem Jahr einen „samtenen Putsch“ im Iran durchführen wolle, berichtete Farsnews am 2. März 2011. Die US-Regierung wolle in den kommenden Monaten zunächst neue Sanktionen gegen den Iran durchsetzen. Dann würden weitere Schritte folgen.


Er geht davon aus, dass die USA seit Jahren „Netzwerke im Iran aufgebaut haben“. Diese seien mit dem Beginn der letzten Präsidentschaftswahlen aktiv geworden und haben die Aufstände organisiert, so der iranische Staatskleriker und Geheimdienstchef.
Taeb sagte zudem: „Die Amerikaner haben bei ihrer Strategie für das 21. Jahrhundert erklärt, dass sie in diesem Jahrhundert nicht nur den Westen, sondern die ganze Welt führen wollen.“ Taeb glaubt, dass die US-Amerikaner diese Ziele mit zwei Projekten erreichen wollen: Einmal mit dem Konzept des „Global Village“, des „Globalen Dorfes“ und zum anderen mit dem Projekt der US-Strategien zur nationalen Sicherheit, meint Taeb zu wissen.

Hier beginnt tatsächlich die Verschwörungstheorie des iranischen Geheimdienstlers, der aus einem Buch „The Gutenberg Galaxy“ des Medienwissenschaftlers Mc Luhan, das den Titel „Global Village“ trug, eine politische Strategie der USA herausliest. Zwar wurde das Buch schon 1962 geschrieben, aber der iranische Geheimdienstler meint, dass das Projekt des globalen Dorfes erst 1997 geplant worden sei und die neuen Aktivitäten des nationalen Sicherheitsprogramms der USA 2002 geplant worden seien. Er scheint es nicht zu wissen oder ignoriert es, dass 1962 Khomeini noch nicht an der Macht war und kaum jemand von einem Weltproblem Islamismus ausging. Das Buch „Global Village“ wurde ergo nicht geschrieben, um die Diktatur Khomeinis abzuschaffen, denn damals existierte diese Diktatur noch nicht.

Taeb meint, dass die US-Regierung den „alten Mittleren Osten mit anderen Staaten verbinden wollen, um einen neuen Mittleren Osten zu schaffen.“ Im Iran nennt man im Übrigen die Region, die hierzulande der Nahe Osten genannt wird, aus einer anderen geographischen Perspektive den Mittleren Osten.
Taeb unterstellt jedenfalls, dass die US-Regierung von einem Hirn und einem Herz der Welt ausgehe. Dem US-Verständnis zufolge seien die USA selbst das Gehirn der Welt, das Herz der Welt sei jedoch der Persische Golf. Er schreibt: „Und solange sie das Herz nicht beherrschen, können sie ihre Existenz nicht fortsetzen. Die Vorraussetzung für die Realisierung dieses Ziels ist die Schaffung eines neuen Iran.“ Deswegen müsse die US-Regierung das Problem Iran in den Griff bekommen, so Taeb, der klerikale Geheimdienstchef.

Taeb glaubt die Pläne der US-Regierung bis ins Detail zu kennen. Die US-Strategie soll sich auf „drei Achsen“ bewegen. Die „Länder, die zur Achse des Iran“ gehören, sollen destabilisiert werden. Weiterhin sollen die iranische Gesellschaft und Staat ebenso destabilisiert werden. Ein Team von sechs US-amerikanischen Strategen sollen einen solchen Plan für die Obama-Regierung entwickelt haben. Wie sie heißen, verrät der klerikale Geheimdienstchef nicht.

Taeb meint: „Unsere Informationsquellen sagen, dass dieser Plan bereits von der US-Regierung realisiert wird.“ Die USA sollen demnach neun unterschiedliche alternative Strategien entwickelt haben. Zwei diplomatische Optionen, drei militärische, drei innenpolitische Optionen und eine weitere Strategie, die den Iran von den Außenrändern blockieren soll.


Taeb O-Ton: „Zuerst hatten sie im Sinn einen weit reichenden amerikanischen Krieg zu führen. Zwei weitere Alternativen stellten einen begrenzten israelisch-amerikanischen Krieg dar. Sie haben schließlich doch die Kriegspolitik abgelehnt. Denn sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sie im Falle eines Krieges auf die Unterstützung von zwei Prozent der iranischen Bevölkerung angewiesen sind. D.h. Eine Million Vierhunderttausend Menschen. Aber sie waren nicht in der Lage so viele Menschen zu mobilisieren.“

Der klerikale Geheimdienstchef weiß ferner, dass die US-Regierung einen „samtenen Putsch und ethnische Aufstände“ organisieren will. Der „samtene Putsch“ habe den „Sturz des Systems der Islamischen Republik erzielen wollen.“ Dieses Ziel sei jedoch gescheitert. Die USA habe das Ziel gehabt politische Führer zu unterstützen, die genaue Informationen über die Lage im Iran haben. Dabei sollten es Personen sein, die nicht vom iranischen Geheimdienst kontrolliert würden. Dieser verschwörungstheoretischen Darstellung zufolge haben ausgerechnet die Volksmojahedin die von der US-Regierung unterstützten Netzwerke aufgebaut. Dieser Plan sei jedoch gescheitert. Nicht nur dies, die USA seien gescheitert, meint Taeb.

Der klerikale Geheimdienstchef will die Protestbewegung im Iran als einen US-amerikanischen Plan diffamieren und damit auch die Verhaftung von Männern und Frauen der ersten Stunde der islamischen Revolution.
Mehdi Karoubi, der ein Liebling von Ayatollah Khomeini war, sitzt inzwischen in Haft, gemeinsam mit seiner Frau. Ähnlich Mir Hussein Moussavi, der immerhin Ministerpräsident unter Khomeini war. Er wurde gemeinsam mit seiner Ehefrau verhaftet. Am 3. März wurde gemeldet, dass sogar die Ehefrau des seit Monaten verhafteten reformislamistischen Politikers Tajsadeh verhaftet worden sei.


Mehdi Karoubi hatte vor seiner Verhaftung ein Interview gegeben, das als Video in Jaras, der Exil-Website eines Teils der iranischen Grünen-Bewegung veröffentlicht worden ist. Denn die Grüne Bewegung stellt mehr dar als die Anhänger der reformislamistischen Bewegung, die auf der Grundlage der im Iran herrschenden Verfassung arbeitet.
In dem Interview hob Karoubi hervor, dass er zu denjenigen gehört habe, die zu Beginn der islamischen Revolution dem Volk die „soziale Gerechtigkeit“ und sehr viele positive Ziele versprachen.
Karoubi sagte explizit: „Aber wir konnten unsere Ideale nicht umsetzen.“ Karoubi brachte in seinem Interview mit Frau Massih Alinejad das Beispiel, dass wenn ein Arzt einem Patienten Medikamente verschreibe, aber dem Patient nicht beibringe, dass er auch gesund leben müsse, dann würde der Patient trotzdem immer wieder krank werden.
Als Karoubi noch unter Hausarrest stand, versprach er in einer weiteren Videobotschaft, dass die Iraner selbst das Recht haben ihre eigene Regierung zu wählen. Er sprach damit die Wahlfälschungen an. Einige Tage später wurde er verhaftet.


Am 2. März gab die reformislamistische Gruppierung, die im khomeinistischen Parlament eine kleine Minderheit darstellt, in einer Erklärung kund, dass sie sich für die Freilassung der verhafteten Politiker Karoubi und Mousavi einsetzen. In der Erklärung, die in Norooznews veröffentlicht wurde, verurteilen sie die „Putschisten“ und meinen die Regierung von Ahmadinejad. Sie fordern nicht nur die Freilassung von Moussavi und Karoubi, sondern erinnern auch an die Verhaftung weiterer Ex-Mitglieder des islamistischen Pseudoparlaments, wie Dr. Islami, Herr Ahmad Hakimipour, Frau Amani, Dr. Soleymani, Herrn Safai Farahani und Mohssen Mirdamadi. Mirdamadi war einer der Hauptorganisatoren und Geiselnehmer in der US-Botschaft. Die Besetzung begann am 4. November 1979 und dauerte 444 Tage lang. Erst am 21. Januar 1981 endete die Geiselnahme von 66 US-amerikanischen Diplomaten. Heute wird Mirdamadi, der damalige Geiselnehmer zum Geisel derselben islamischen Revolution.


Weiterhin hat sich eine Gruppe von Geistlichen aus Ghom, die in der „Majmee Modaressin“ organisiert ist, gegen die Verhaftung von Moussavi und Karoubi gewandt. Bisher ohne Erfolg.

 

Die Zustände in den iranischen Gefängnissen sind unmenschlich: Wie der persischsprachige Dienst der BBC am 3. März berichtete, hat sich sogar Qolamhussein Esmaili, Direktor der iranischen Gefängnisanstalten, wegen der Überfüllung der Gefängnisse beklagt. In den letzten 1,5 Jahren sei landesweit die Anzahl der Gefangenen um rund 55.000 Menschen gestiegen. Nach seinen offiziellen Angaben gibt es gegenwärtig 220.000 Gefangene, rund 70.000 von ihnen würden ohne ein gerichtliches Urteil in Haft sein. Jährlich würden aber rund 65.000 wieder freigelassen werden. D.h. nach offizieller Verlautbarung sind ein Drittel der Gefangenen sogar nach den Maßstäben der im Iran herrschenden Gesetzgebung willkürlich in Haft.

Die khomeinistischen Machthaber verhaften inzwischen Anhänger Khomeinis, die in der Stunde Null der islamischen Revolution von 1979 aktiv waren. Es sind Menschen, die das Scheitern ihrer Ideale, man muss besser sagen, das Scheitern ihrer totalitären Utopien, offenbar zugeben.

Die Diktatur hält dagegen. Demonstrativ erstattete der Revolutionsführer Ali Khamenei am 3. März  einen sechsstündigen Besuch im iranischen Geheimdienstministerium.
Die Ideologen der totalitären Diktatur behandeln die iranische Protestbewegung als eine Geheimdienstakte, die von USA gelenkt werde.

Dennoch denkt Europa nicht daran wirtschaftlichen Druck gegen die khomeinistische Diktatur auszuüben.

 

 

Wahied Wahdat-Hagh ist Senior Fellow bei der European Foundation for Democracy in Brüssel. 
http://europeandemocracy.org/


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