WikiLeaks: Umgang mit Medien, Hisbollah Style

  • 0

WikiLeaks: Umgang mit Medien, Hisbollah Style

HonestReporting Media BackSpin, 5. September 2011

Wir wussten um den groben Umgang der Hisbollah mit westlichen Medien. Selbst Nic Robertson gab zu, während des Libanon-Krieges 2006 Werkzeug der Hisbollah gewesen zu sein.

WikiLeaks malt nun ein noch düsteres Bild im Fall Taher Abbas, eines Journalisten, der das Pech hat, ausgerechnet im Beiruter Stadtteil Dahiya zu leben, wo die Hisbollah ihren Stützpunkt hat.

Einer vertraulichen Depesche zufolge, die im Jahr 2009 von Michele Sison, US-Botschafterin im Libanon, an das State Department gesendet worden war, drangsalierten Hisbollah-Leute wiederholt einen libanesischen Reporter, der wegen seiner Verachtung gegenüber der schiitischen Organisation bekannt war.

Sison berichtete, dass, nachdem Taher Abbas (er berichtet für die in London ansässige Zeitung Asharq Al-Awsat), aus den USA anlässlich der Berichterstattung über die letzte Präsidentschaftswahl zurückgekommen war, Besuch von drei Hisbollah-Funktionären bekommen hatte, die ihn zu seiner Arbeit und seiner Familie verhört hatten. Sie fragten ihn, welche Autos er und seine Frau führen, wo die Kinder zur Schule gingen und ob er über einen Internetanschluss verfüge. Sie befragten ihn sogar über die politischen Anschauungen seiner achtjährigen Tochter.

[…]

Die unheimliche Begegnung mit den Hisbollah-Agenten war mit dem Verhör nicht abgeschlossen: Abbas berichtete, dass man ihn bespitzelte und seine Telefone anzapfte. Abbas Freunde sagten ihm zudem, dass die schiitische Organisation Spione in Wohnhäusern seiner Nachbarschaft installiert hatte, die jede Auffälligkeit weitergaben.

Auch wenn es im Fall Abbas nicht so gewesen sein mag, wie oft praktiziert: Journalisten finden sich oft mit den Einschüchterungsversuchen seitens der Hisbollah ab, um ja nicht ihre [persönlichen (bd)] Kontakte zu verlieren. Ein klassisches Beispiel dafür ist CNN im Irak, wie selbst dessen ehemaliger Direktor Eason Jordan einräumte. Allerdings – so sagt Michael Totten – sei der Verlust des direkten Kontakts mit der Hisbollah „keine große Sache.“

So funktioniert eben der Umgang der Hisbollah mit westlichen Journalisten. Ich möchte sagen, dass ich überrascht bin, wenn nicht mehr Journalisten so etwas in ihren Artikeln ansprechen. Aber die meisten Journalisten schreiben keine Berichte, die aus erster Hand stammen. Brachenübliche Regeln ermöglichen es ihnen [deshalb (bd)] in der Regel nicht, über solche Vorfälle zu schreiben.

Auch wenn es schon Jahre her ist, dass die Hisbollah westliche Journalisten entführt oder körperlich misshandelt hat, dürften einige Angst haben, eine iranische Proxy-Miliz zu provozieren, die von der Regierung der Vereinigten Staaten als terroristische Organisation eingestuft wird. Die Hisbollah teilte mir mit, dass ich auf einer offiziell geführten schwarzen Liste stehe (d.h. sie werden mir keinerlei Interviews oder Referenzen mehr geben), weil ich über sie in der Vergangenheit geschrieben habe.

Einige Journalisten wollen die Brücken zu ihren eigenen Kontakten nicht abbrechen, damit die eigene Arbeit nicht erschwert wird. Darüber mache ich mir selbst keine Gedanken. Letztes Jahr habe ich ein Interview mit Mohammad Afif geführt, einem hochrangigen Hisbollah-Funktionär. Aber es war nutzlos und überhaupt nicht wert, veröffentlicht zu werden. Mein Übersetzer sagte mir, dass das, was Afif sagte, Wort für Wort exakt abgestimmt war mit dem, was die Hisbollah jeden Tag über ihre eigenen TV-Kanal Al Manar verbreitet. Der Abbruch von Kontakten zu diesen Leuten spielt keine große Rolle.

Kleiner Trost für Taher Abbas. Er lebt in Dahiya.

Ich lade palästinensische Journalisten ein, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hamas oder Fatah leben, in der Kommentarsektion ihr Mitleid zu bekunden.


Hinterlasse eine Antwort