Öl und islamistische Diktatur im Iran

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Seit einigen Jahren warnt der Iran vor einer Blockade des Persischen Golfes. Eine solche Blockade würde vor allem der iranischen Wirtschaft schaden. Es geht weniger um die Vernichtung des äußeren „Feindes“, denn dies würde einem selbstmörderischen Krieg gleich kommen. Vielmehr geht es dem iranischen Regime um die Eliminierung der inneren „Feinde“, d.h. um die Eliminierung der Demokratiebewegung.

Diese alten Warnungen des iranischen Regimes sind aus Anlass der US-amerikanischen Sanktionspolitik erneut ausgesprochen worden. Dieses Mal gerieten sie in die Medien. Der Iran verband diese Warnungen tatsächlich mit Manövern der Marine und Tests von Marschflugkörpern (Qadr und Nasr) sowie Raketen (Nur und Mehrab).

Iranische Regierungsstellen behaupten, dass es sich teils um Langstreckenraketen gehandelt habe. Das Seemanöver wurde „Velayat 90″ genannt. Nach dem islamischen Sonnenkalender leben wir im Jahr 1390, und Velayat ist eine Anspielung auf die absolute Herrschaft des Klerus (Velayat e-Faqih). Die militärische Machtdemonstration soll die Stabilität der Herrschaft des Staatsklerus demonstrieren.

Der Iran ist als der drittgrößte Ölexporteur der Welt auf den Import von Benzin angewiesen. Das Regime muss rund 40 Prozent des Benzins importieren. Falls der Iran im Ernstfall die 55 km breite Straße von Hormuz schließen sollte, würde mehr als ein Drittel der iranischen Autos kein Benzin haben. Auch viele Fabriken brauchen raffiniertes Öl. Die iranischen Generäle, die mit der Schließung der Straße von Hormuz drohen, würden mit einer solchen Entscheidung vor allem der iranischen Wirtschaft den Todesstoß geben, von den Folgen eines Krieges ganz abgesehen.

Tatsächlich geht es der iranischen Wirtschaft mehr als schlecht. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete am 4. Januar 2012, dass zwei Mitglieder des islamistischen Pseudo-Parlaments eine Sondersitzung gefordert haben, um das Sinken des Geldwertes der iranischen Währung gegenüber anderen Währungen in einer „nicht-öffentlichen Sitzung“ zu untersuchen. Der Antrag wurde von Elias Naderan und Ahmad Tawakoli gestellt, die beide zu den Rivalen des iranischen Präsidenten Ahmadinejad gehören.

Diese zwei islamistischen Politiker werfen der Regierung von Ahmadinejad wirtschaftliche Fehlplanung vor. Seine Regierung habe viel zu viele Rial (die iranische Währung) in den einheimischen Markt gepumpt. Gleichzeitig seien die Energiepreise im Winter gestiegen. Insgesamt sei die inländische Produktion zurückgegangen. Zudem hätten die Sanktionen der westlichen Staaten die Importe verteuert.

Tatsächlich ist der Kurs der iranischen Währung Rial gegenüber dem Dollar in den letzten Monaten um rund 35 Prozent gefallen. Arbeitslosigkeit und Inflation steigen. Gegenwärtig kostet ein Barrel (159 Liter) Öl rund 112 Dollar. Falls der Preis auf weniger als 80 Dollar fiele, würde die Stabilität der iranischen Wirtschaft gefährdet werden. Farsnews hat am 3.Januar 2012 berichtet, dass Ahmadinejad stets betont habe, der Dollar habe einen zu hohen Preis und die iranische Währung sei stark. Nun ist das Gegenteil eingetreten. Die Iraner werden ärmer.

Trotzdem kennen die iranischen Militärs sich mit den Wechselwirkungen der Welt- und Ölpolitik sehr gut aus. Sie wissen, dass eine militärische Blockade des Persischen Golfes nur eine militärische Niederlage des Iran zur Folge hätte. Denn die westlichen Regierungen würden nicht zulassen, dass eine islamistische Diktatur nicht nur die eigene Bevölkerung stranguliert, sondern obendrein die Weltwirtschaft lahmlegt. Genau deswegen aber können die iranischen Generäle hoch pokern und gleichzeitig höhere Profite aus dem steigenden Ölpreis erzielen. Denn die Börsen reagieren auf Worte der Politiker. Militärische Drohgebärden des Iran infolge der westlichen Sanktionspolitik haben eine logische Folge: die Ölpreise steigen.

Das Geld aus dem Ölgeschäft wird gebraucht, um den „inneren Feind“ zu besiegen und die totalitäre Macht der Diktatur zu stabilisieren. Die Spannungen mit den ausländischen „Feinden“ nimmt das iranische Regime als Vorwand, um gegen die Andersdenkenden im eigenen Land vorzugehen. Die islamistische Diktatur braucht viel Geld, um ihren totalitären Repressionsapparat auszubauen. Beispielsweise wird gegenwärtig die iranische Cyber-Polizei verstärkt.

Im Iran verfügen inzwischen sowohl die Revolutionsgardisten als auch die regulären Polizeikräfte über Cyber-Spezialisten, die jegliche Opposition im Inland und im Ausland zu kontrollieren versuchen. Am 3. Januar meldeten verschiedene iranische Medien, dass die iranische Cyber-Polizei, die sich selbst explizit auf Englisch „Cyber Police“, nennt, die Besitzer von Internetcafes verpflichtet hat die Identität von allen Internetnutzern an die Polizei weiterzuleiten. Die Polizeieinheit nennt sich „Fata“, „Police Fasaye Tolid wa tabadole Etelaat“ (Polizei für die Kontrolle der Produktion und des Tausches von Informationen). Big Brother lässt grüßen, nun im islamistischen Gewand.

Die iranische Cyber-Polizei behauptet laut iranischen Pressemeldungen, dass „terroristische Maßnahmen in Cyber-Space durchgeführt werden“. Tatsächlich gehören junge Menschen, die in den städtischen Internetcafes an Informationen herankommen, einfach westliche Musik herunterladen oder ihren Freunden über die Miseren im Iran berichten wollen, zur Zielgruppe der „Fata“.

Diese neue iranische Polizei-Einheit hat in einer Erklärung an die Internetcafes geschrieben: „Die Internetbüros sind verpflichtet, alle Informationen über die Internetbenutzer zu sammeln. Dazu gehören die genauen Zeiten, wann eine Person das Internet genutzt hat. Zudem müssen IP-Nummern, log files und besuchte Websites mindestens für sechs Monate gespeichert werden.“ Ferner müssen Kameras in den Internetcafes eingebaut werden, die Fotos von allen Nutzern speichern. Die iranische Polizei stellt ehemalige Hacker ein und zahlt ihnen hohe Gehälter, um gegen junge und alte Menschen, die sich im Internet informieren wollen, vorzugehen.

Solche polizeilichen Maßnahmen kosten neben militärischer Aufrüstung und dem Atomprogramm viel Geld. Das Geld stammt auch aus dem Ölverkauf, der die Kassen der Diktatur füllt. Deswegen sollten die Stimmen ernst genommen werden, die sich für einen Benzinboykott als eine intelligente Sanktionsform einsetzen.

Wahied Wahdat-Hagh ist Senior Fellow der European Foundation for Democracy in Brüssel.

Sein neues Buch ist im Januar 2012 im Peter Lang Verlag erschienen:

Der islamistische Totalitarismus
Über Antisemitismus, Anti-Bahaismus, Christenverfolgung und geschlechtsspezifische Apartheid in der „Islamischen Republik Iran“

http://www.peterlang.com/index.cfm?event=cmp.ccc.seitenstruktur.detailseiten&seitentyp=produkt&pk=63326


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