Will der globale Marsch nach Jerusalem „Märtyrer“ schaffen?

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„Ich hoffe, dass dieser Marsch eine Bewegung schafft, die das zionistische Regime stürzt.“ Dieser Satz stammt von Hussein Scheich ul-Islam. Er ist der Direktor der iranischen Organisation des Marsches nach Jerusalem.

Am 30. März 2012 soll der sogenannte Marsch nach Jerusalem stattfinden. German-IRIB, das deutschsprachige Propagandamedium des iranischen Regimes, schrieb am 18. März: „Am gestrigen Samstag sind mehr als hundert asiatische Friedensaktivisten aus verschiedenen Organisationen, die am globalen Marsch nach al-Quds teilnehmen, in Teheran eingetroffen.“ Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Farsnews laufen die Vorbereitungen für dieses Treffen in Teheran und die Weiterreise an die israelische Grenze seit über einem Jahr. Rund 500 Gruppen und Organisationen aus fünf Kontinenten sollen an dieser Aktion teilnehmen. Zudem sollen in vielen Hauptstädten der Welt parallel laufende Aktionen stattfinden.

Der asiatische Marsch, auch Karawane genannt, hat nach Informationen von Farsnews in Indonesien angefangen und sich über Pakistan bis in den Iran fortgesetzt. Tatsächlich sind Demonstranten aus Indien, Pakistan, den Philippinen, Indonesien und Azerbaijan nach Teheran gereist. Die Demonstranten der asiatischen „Karawane“ werden bis zu einem türkischen Hafen marschieren und von dort mit Schiffen in den Libanon fahren, um dann an die israelische Grenze zu gehen.

Die Marschierenden werden aus verschiedenen Ländern kommen und in den Libanon, nach Jordanien, Ägypten oder nach Syrien gehen, um von dort aus am 30. März an die israelische Grenze zu laufen. Sie wollen die Staatsgrenze Israels überschreiten und nach Jerusalem marschieren. Laut der offiziellen deutschsprachigen Website des „globalen Marsches nach Jerusalem 2012″ stammt die Idee eines solchen Marsches von Feroze Mithiborwala, einem indischen Linksaktivisten.

Das große Vorbild eines solchen Marsches stellt aber ein iranischer Islamist, Navab Safavi, dar. Es war Safavi, der 1948 einen Marsch nach Jerusalem organisierte, gemeinsam mit 70 Begleitern, unter ihnen der damalige indonesische Präsident Ahmad Sukarno. Nachdem der Zug die israelische Grenze erreicht hatte, fragte Sukarno den iranischen Revolutionär Safavi, warum er denn darauf bestanden habe, an die israelische Grenze zu gehen. Er antwortete, dass er „mit dieser Aktion Märtyrer schaffen wollte“.

Safavi ist ein Vorbild für die islamischen Revolutionäre und Machthaber der „Islamischen Republik Iran“. Er organisierte in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einen islamistischen Terrorismus gegen iranische Generäle und säkulare Intellektuelle. Zudem reiste er durch die arabische Welt und propagierte die islamische Revolution und die Gründung einer „internationalen Organisation der islamischen Revolution“, die dazu dienen sollte die Vernichtung Israels zu organisieren.

Wollen die Organisatoren, die Unterstützer und die Teilnehmer dieses provokativen Marsches am 30. März etwa auch Märtyrer schaffen? Die iranischen Machthaber würden dies sicher begrüßen.

Die iranische Führung tritt als einer der Hauptinitiatoren auf: Präsident Mahmoud Ahmadinejad sagte bei seinem Treffen mit den Demonstranten, dass „die Existenz Israels, auch wenn nur auf einer Handbreite palästinensischen Bodens, illegal“ sei, berichtete Farsnews. Kein Geringerer als Ali Akbar Velayati, der außenpolitische Berater des Revolutionsführers Ali Khamenei, stellte den Marsch nach Jerusalem in den Kontext der islamischen Revolution und hob hervor, dass Ayatollah Khomeini schon „seit 1963 über die Rückkehr der islamischen Werte und Zivilisation und parallel dazu über die Freiheit Palästinas gesprochen“ habe, berichtete Farsnews.

Velayati weist darauf hin, dass nach der islamischen Revolution von 1979 Ayatollah Khomeini zunächst die israelische Botschaft geschlossen habe. Am 25. Januar 2012 habe das ägyptische Parlament beschlossen, alle Beziehungen zu Israel abzubrechen. Für Velayati ist dies alles der Beweis für den Erfolg des „islamischen Erwachens.“ Er war von 1981-1997 iranischer Außenminister.

Das Berliner Kammergericht kam zu dem Ergebnis, dass er einer der Drahtzieher der staatsterroristischen Hinrichtung von drei kurdischen Sozialdemokraten und ihres Übersetzers im Berliner Mykonos Restaurant am 17. September 1992 war.

Der „moderate“ Larijani nahm am 17. März an dem Treffen von asiatischen Gruppen für den „Globalen Marsch auf Jerusalem“ in Teheran teil. Wie Khabaronline, die Larijani nahesteht, berichtete, sagte er bei diesem Treffen: „Israel hat nicht den Mut, den Iran anzugreifen. Das zionistische Regime hat gegenüber der kleinen Gruppe der Hizbollah eine Niederlage erlitten und wird daher nicht den Fehler machen, mit seinem eigenen Schicksal zu spielen und damit sein gesamtes Ansehen aufs Spiel zu setzen. Sie machen viel Krach, haben aber keinen Mut. Hunde, die viel bellen, greifen nicht an.“

Larijani lobte die Mitglieder der Initiative dieses „Marsches“ und sagte: „In der heutigen Welt gibt es Menschen, die auf Stimmen ihres Gewissen antworten. Sie können Ungerechtigkeit nicht dulden. Daher ist dieser Schritt, der mit eurem Gewissen beginnt, sehr wertvoll. (…) Das zionistische Regime versucht seit einigen Jahren, Jerusalem zu judaisieren. Dieser Schritt ist eine Beleidigung für die Muslime und betrifft nicht nur Palästina, sondern den Islam.“

Larijani meinte, wenn man sich im Hinblick auf das Problem Jerusalem „träge“ verhalte, dann würden auch „Koranverbrennungen wie in Afghanistan“ stattfinden und die Beleidigungen sich häufen. Die Muslime dürften nicht erlauben, dass der „Islam zum Angriffsziel wird“. Larijani hetzte weiter: „Überall in der Welt müssen die Menschen deswegen aufstehen und einen Aufstand anzetteln. Das Problem des zionistischen Regimes wird, solange die Muslime keine Einheit geschaffen haben, nicht gelöst werden. Die unschuldige palästinensische Bevölkerung hat ein Existenzrecht.“ Die US-Amerikaner und die westlichen Staaten hätten seit einigen Dekaden Probleme für die muslimischen Völker geschaffen und Diktaturen in ihren Ländern unterstützt, weil sie nicht wollten, dass die Muslime selbst ihr Schicksal in die Hand nehmen. Die Amerikaner, so Larijani, würden Menschenrechtsparolen ausgeben, aber sie „sind niemals bereit, einen Schritt zu unternehmen, um die Morde zu verhindern.“

Larijani sagt, dass das irakische Volk ein mutiges Volk sei, denn es habe den Amerikanern „einen Schlag auf den Mund versetzt und sie aus dem Land getrieben“. Das sei ein Signal für die USA gewesen, damit sie nirgendwo mehr militärisch intervenieren. Die US-amerikanische Regierung habe ihren Soldaten erlaubt in Afghanistan „Massenmord zu begehen“. Die Amerikaner seien wie „wilde Kühe“ über die afghanische Bevölkerung hergefallen. Die meisten von den USA abhängigen Regierungen seien gestürzt worden, nur einige Diktaturen seien noch übrig geblieben, die auch bald vom „islamischen Erwachen“ eingeholt würden. Denn die USA könnten nicht den „Vulkan des Erwachens“ auslöschen.

Larijani fuhr fort: „Heute ist das zionistische Regime isoliert und hat keine Macht, sich zu bewegen. Sie müssen heute Gaza angreifen, um zu zeigen, dass sie noch leben. Wenn es nicht so handelt, hat es das Gefühl, dass es schon begraben ist. Also muss es ein Zeichen von sich geben, um zu zeigen, dass es noch da ist. Das zionistische Regime befindet sich heute in einer schlimmen Situation.“

Larijani meinte ferner, dass die Amerikaner „keine neuen Verhältnisse für die palästinensische Bevölkerung“ schaffen können. Es werde ein „Tag kommen, an dem Palästina frei sein wird und die palästinensische Bevölkerung ihre Ziele mit erhobenem Haupte erreichen wird. Wenn wir zurückblicken, sehen wir, dass die palästinensische Bewegung nach vorne geht und das zionistische Regime umringt ist“, so der angeblich moderate Ali Larijani.

Ali Khamenei ist der Meinung, dass Israel heute „umzingelt“ sei, berichtete Farsnews am 20. März. Das „zionistische Regime“ sei der „Feind Nummer eins“ des Iran, meint der iranische Revolutionsführer. Die Regierungen, die gegen den Iran seien, würden große Probleme bekommen.

Iranische Siegesgewissheit: Tatsächlich argumentiert das iranische Regime mit einer solchen Siegesgewissheit, weil es sich nicht nur auf Syrien, sondern auch auf terroristische Bewegungen wie die Hamas verlässt. Umgekehrt garantiert die Hamas dem iranischen Regime, mit der terroristischen Gewalt nicht aufzuhören. Beispielsweise versicherte Mahmoud al-Zahar bei seinem Treffen mit Ali Larijani, Präsident Ahmadinejad und Ali Akbar Salehi, dem iranischen Außenminister, der gleichzeitig Vorsitzender des „Obersten Rates der nationalen Sicherheit“ ist, dass die „Hamas niemals auf den Widerstand“ verzichten werde, berichtete die Zeitung Kayhan am 17. März.

Die Hamas werde nur dann „auf den Widerstand verzichten, wenn Palästina gänzlich befreit“ sei, so Zahar. Dieser hob hervor, dass er sich mit Ali Larijani über die „Notwendigkeit der Einheit der islamischen Welt einig“ sei. Auch habe er bei seinem Treffen mit Larijani betont, es sei notwendig, dass die „palästinensische Gesellschaft zu einer Einheit“ finde. Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi wiederum versicherte laut Kayhan, dass der „Iran Palästina in jeglicher Hinsicht helfen“ werde. Ali Salehi bezeichnete Israel als ein „illegitimes Regime.“

Die Mobilisierung in Deutschland läuft auf Hochtouren: Die deutschen Organisatoren wiederum gehen bei der Mobilisierung geradezu subversiv vor. Sie schreiben auf ihrer Website: „Schreiben Sie uns eine E-Mail! Schicken Sie uns auch Ihre Telefonnummer. Wir werden Sie dann persönlich kontaktieren, um Fragen zu beantworten und das weitere Vorgehen zu besprechen. Siehe Kontakt für unsere E-Mail-Anschriften.“ Sie versprechen immerhin auch eine Unterkunft in einem Drei-Sterne-Hotel in Beirut.

Unter den deutschen Unterstützern finden sich bekannte Namen wie Felicia Langer, Evelyn Hecht-Galinski und Prof. Prof. Dr. Norman Paech, Jürgen Aust (Linke), Eberhard Buddee (Linke), Annette Groth (Linke) und Prof. em. Dr. Werner Ruf, um nur einige zu nennen. Publizistische Unterstützung bekommt dieser Marsch beispielsweise von Zeitungen wie „Die rote Fahne“ und „Junge Welt“.

Safavis Spruch ist heute wieder aktuell. Die Frage ist, ob diese unheilige Allianz von Islamisten und der stalinistischen Linken „Märtyrer“ schaffen will.

 

Wahied Wahdat-Hagh ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der European Foundation for Democracy (EFD) in Brüssel.


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