Iran:“Ein Schuss auf den Apostaten“

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In einem Online-Computerspiel dürfen Fanatiker nun die Hinrichtung von „Apostaten“ üben. Staatliche Nachrichtenagenturen des Iran ermuntern die Muslime, dieses Spiel herunterzuladen. Die staatliche Nachrichtenagentur Farsnews meldete, dass das Spiel „Ein Schuss auf den Apostaten“ ins Internet gestellt worden ist. Jeder kann das Spiel umsonst herunterladen und auf den Rapper Shahin Najafi zielen. Das Spiel sei von der Stiftung „Kunst des reinen Islam“ zur Verteidigung der „religiösen Ehre“ entwickelt worden. Der Spieler könne Shahin Najafi, den „Vertreter des Teufels“, nach einigen Übungen ermorden.

Das Ziel dieses Spiels sei es, den „Hass der Schiiten“ sichtbar zu machen. Ein weiteres Ziel sei es, die Bereitschaft für die „Vollstreckung des Todesurteils an diesem verdammten Apostaten“ zu fördern. Najafi und jede andere Person, die die Imame und den Propheten Mohammed beleidigen, müssten nun, ähnlich wie der „dreckige“ Salman Rushdie, bis „zu ihrem Tod in einem Versteck“ leben, meldet Farsnews.

In diesem Spiel werde Shahin Najafi als eine Marionette von BBC, Facebook, Twitter, Googleplus, Voice of America (VOA) und des „Zionismus“ dargestellt. Der Spieler könne den sich bewegenden Najafi erschießen, mal als Marionette von Facebook, mal des VOA. Weitere Spiele würden bald von derselben Institution bereitgestellt werden.

Die Cyber-Hizbollah im Dienste der totalitären Diktatur: Unterdessen veranstalte die iranische Cyber-Hizbollah ihre achte Konferenz. Die Konferenz wurde im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt. Laut eigener Veröffentlichungen gehen die Organisatoren von einem „Internetkrieg“ aus, der gegen den Iran geführt werde. In ihrer Abschlusserklärung verurteilte diese Organisation die „Beleidigungen“ von Shahin Najafi. Nach den „Aufständen“ (Fetne) des Jahres 2009 habe die islamische Revolution im Internet jedoch „eine neue Geburt“ erlebt. Einer der Teilnehmer dieser Konferenz war Fazlinejad, der nicht nur auf Shahin Najafi einging, sondern auch auf dessen Gruppe Tapesh 2012 sowie Golshifte Farahani und Mohssen Namjoo. Sie alle hätten den Islam beleidigt.

Die Cyber-Hizbollah hat Angriffe auf Websites angekündigt, die „Beleidigungen“ wie die von Najafi verbreiten. Diese Organisation lobt zudem die Empfehlung des iranischen Revolutionsführers Ali Khamenei, einen Obersten staatlichen Internetrat zu gründen. Die Cyber-Hizbollah erhofft sich von dieser Entscheidung eine größere staatliche Unterstützung. Denn bisher sei die Cyber-Hizbollah zwar von verschiedenen Ministerien unterstützt worden, aber nun könne die staatliche Unterstützung einheitlicher gestaltet werden.

Blogger im Widerstand: Nicht alle Iraner unterstützen die Aufrufe zur Ermordung von Andersdenkenden. Beispielsweise erinnert Siamak Mehr daran, dass viele Iraner ermordet worden seien, weil sie „den Islam beleidigt“ – faktisch geht es um Abweichungen von und Kritik an der islamischen Staatsdoktrin – hätten. Ein Beispiel sei die Ermordung von Fereidun Farokhzad, der am 6. August 1992 in Bonn von fanatischen Muslimen erstochen worden ist und zwei Tage später starb.

In einem BBC-Blog kritisiert der in Deutschland lebende Literaturkritiker und Journalist Faraj Sarkohi den „Monopolanspruch einer Religion“ gegenüber alle anderen religiösen und nicht-religiösen Denkweisen. Anhänger anderer Religionen und auch Atheisten reagierten auf die Verhaltensweisen, die sie als „Beleidigung“ einstufen. Aber manche muslimische Instanzen würden alle Grenzen überschreiten und auf „physische Gewalt“ zurückgreifen.

Sarkohi schreibt, dass manche Handlungen, die in Europa vollzogen wurden, wie Bombenattentate auf Redaktionen, Todesfatwas und Angriffe auf Personen und Gebäude Angst erzeugt hätten. Einige europäische Medien würden inzwischen „Selbstzensur“ ausüben und keine Schriften veröffentlichen, die von manchen Muslimen als „Beleidigung“ aufgefasst werden könnten. Aber irgendwann werde sich die „künstlerische und literarische Kreativität durchsetzen und die Grundlagen für Meinungsfreiheit wieder schaffen“.

Fakt ist, dass das iranische Regime aktiv zur Ermordung von Andersdenkenden auch im Ausland aufruft. Das ist nicht mehr und nicht weniger als Staatsterrorismus.

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy (EFD).


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