Die iranische Moralpolizei bekämpft den „Virus“: Die Repression gegen „unislamisch“ gekleidete Frauen wird verschärft

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Frauen, die sich nicht „islamisch“ bekleiden, müssen im Iran mit Repressalien der Polizei und der Revolutionsgardisten rechnen. Seit mehr als 30 Jahren findet in der Öffentlichkeit ein alltäglicher Kleinkrieg zwischen Frauen, die sich den Vorschriften des Regimes widersetzen, und den Repressionskräften statt. Immer wieder ordnen die islamistischen Machthaber verschärfte Maßnahmen an, Massenverhaftungen sind die Folge. Derzeit beginnt wieder eine solche Kampagne. Der iranische Polizeichef Ismael Ahmadi Moqadam will mit „moralischem Kapital und der Hilfe von frommen Bürgern“ die Frauen bekämpfen, die sich nicht islamisch kleiden. Er sagte: „Wir dürfen nicht erlauben, dass der Virus von schlecht getragenen Kopftüchern verbreitet wird.“

Farsnews zitierte den Polizeichef am 19. Juni: „Wir bemühen uns, unsere gesetzliche und religiöse Pflicht zu erfüllen und werden uns auf diesem Weg äußerst achtsam verhalten, damit niemand dagegen protestiert.“ Die iranischen Frauen werden polizeilich verfolgt, sollen aber nicht dagegen protestieren. Schon am 17. Juni hatte Hojatulislam Seyyed Mehdi Moussawi erklärt, dass die „Westler der Jugend Fallen stellen“ würden, indem sie gegen den Hijab, die Verschleierung, agitieren, berichtete Farsnews.

Revolutionsgardisten bekämpfen Frauen: Wenn die Islamisten das Machtmonopol im Staat haben, diskutieren sie auch gerne untereinander. Es gibt einen alten Streit unter den Islamisten, ob die Gesellschaft mit Überredungskunst und Erziehungsmaßnahmen, die mit psychischem Druck auf Schüler und Gewalt in der Familie einhergehen, oder mit purer Gewalt der Revolutionsgardisten und der Moralpolizei gegen die Zivilgesellschaft „islamisiert“ werden soll. Der Wille eines großen Teils der iranischen Bevölkerung, frei leben zu wollen, soll letztlich mit Hilfe unterschiedlicher Formen der totalitären Gewalt gebrochen werden.

Tatsächlich wurden in den vergangenen Wochen eine Reihe von Artikeln in Farsnews und anderen Medien veröffentlicht, die zur „religiösen Erziehung“ von Familien aufriefen, damit die Frauen sich auch wirklich „islamisch“ kleiden. Fotos von Frauen wurden veröffentlicht, die mit Miniröcken bekleidet in Autos saßen, aber Kopftücher getragen haben. Sie seien sofort von der Moralpolizei verhaftet worden, berichtete Farsnews.

Es dauerte nicht lange, bis sich auch die „Kulturabteilung“ der Revolutionsgardisten zu Wort meldete. Im von Islamisten beherrschten Iran bestimmt der Staatsklerus, was die „islamische Kultur“ ist, eine iranisch-säkulare Kultur wird bekämpft. Deswegen haben in der islamistischen Diktatur die Revolutionsgardisten eine „Kulturabteilung“, die dafür sorgt, dass alle „Institutionen“ der iranischen Gesellschaft ihrer „religiösen und gesetzlichen Pflicht“ nachkommen.

Hamidreza Moqadamfar, der Sekretär der Kulturabteilung der Revolutionsgardisten, warnt, dass es nicht ausreiche, wenn „nur kulturelle Arbeit zur Bekämpfung schlechter Kopfbedeckung“ von Frauen durchgeführt werde. Er ist der Meinung, dass die „unislamische“ Bekleidung der Frauen nicht allein ein kulturpädagogisches Problem sei, sondern aktiv bekämpft werden muss, damit das Phänomen von „der Bildfläche der Gesellschaft“ verschwindet.

Die Sätze des Kulturbeauftragten der Revolutionsgardisten machen die paranoide Haltung der Diktatur deutlich, wenn er schreibt, dass das Phänomen der „unislamischen“ Kopfbedeckung „eine von ausländischen und inländischen Elementen organisierte Bewegung“ sei, die sogar manchmal von „Banden“ organisiert werde, die die „Ziele der islamischen Revolution“ bekämpfen wollten.

Die Revolutionsgardisten wollen „ernsthaft“ gegen die Frauen vorgehen, die sich unislamisch kleiden, berichtete Farsnews am 20. Juni. Die Teheraner Polizei hat erklärt, dass sie die Frauen stärker ins Visier nehmen will. Dabei sind insbesondere im heißen iranischen Sommer strenge islamische Vorschriften eine Qual für die meisten Iranerinnen.

Frauen werden überall kontrolliert: Im Kampf gegen die Frauen, die ihre Kopftücher „unislamisch“ tragen – also etwa eine Haarsträhne sehen lassen – und am liebsten ganz auf sie verzichten würden, arbeiten die Revolutionsgardisten eng mit der Moralpolizei zusammen. Seit dem Beginn der Regierungszeit von Präsident Mahmoud Ahmadinejad wurde ein staatliches Programm zur „Expansion der Kultur des Hijab und Sittsamkeit“ durchgesetzt. Die Teheraner Polizei hat erklärt, dass sie in allen Parkanlagen der Stadt die Kleidung der Frauen kontrollieren werde.

Am 9. Juni berichteten iranische Medien, dass das iranische Innenministerium neue Vorschriften für Studentinnen erlassen habe, wie sie sich „islamisch“ kleiden sollten. Darin wurde kritisiert, dass Studentinnen an den Universitäten die vorgeschriebene Kleiderordnung nicht richtig beachteten. Zwar wolle das Innenministerium keine Uniformen für die Frauen einführen und sie nicht „vereinheitlichen“. Nicht alle Studentinnen müssten schwarze Schleier tragen. Vielmehr dürften die Schleier und die Kopftücher modisch und bunt sein.

Die Teheraner Polizei meldete schon Ende Mai, dass über 80 kleine Lebensmittelläden geschlossen worden seien. Dort sei die islamische Kleidervorschrift für Frauen nicht sorgfältig befolgt worden.

Wie lange will die Welt noch wegschauen, wenn die iranischen Frauen von der geschlechtsspezifischen Apartheidpolitik der islamistischen Diktatur systematisch unterdrückt werden?

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy (EFD).

 


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