Dialog mit Antisemiten: Iranische Islamisten in der Frankfurter Buchmesse (Teil IV)

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Die Sanktionen gegen den Iran werden verschärft, damit steigt der Druck auf das Regime, alles zu versuchen, um die Isolation zu durchbrechen. Dazu gehören nicht zuletzt vermeintlich harmlose „kulturelle“ Kontakte, und weiterhin gibt es in Deutschland Institutionen, die bereit sind, einen „Dialog“ mit den iranischen Islamisten zu führen. Wie in den ersten drei Teilen des Berichts gezeigt worden ist, arbeitet das Institut für Religionswissenschaft der Universität Potsdam mit einer islamistischen Kaderschule der iranischen Stadt Qom zusammen. Die URD (University of Religions and Denominations) hat auch Kontakte zur Universität Paderborn und zur Universität Frankfurt am Main.

Die islamistische Kaderschmiede URD will in Deutschland noch aktiver werden, nicht nur in der Zusammenarbeit mit Universitäten. In einem Artikel der wissenschaftlichen Abteilung dieses islamistischen Indoktrinationszentrums wird berichtet, dass der offizielle staatliche Auftritt des Iran bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse besser organisiert werden soll.

Der Autor kritisiert aber, dass es im letzten Jahr keine ausreichende Koordination zwischen dem staatlichen Stand und den Ständen anderer iranischer Verlage gegeben habe, mit dem Ergebnis, dass der Platz des offiziellen iranischen Standes auf der Frankfurter Buchmesse absperrt worden sei. Dies habe zu einer großen Diskussion zwischen dem iranischen Botschafter in Deutschland und dem Berater des Präsidenten Ahmadinejad sowie dem Kultursekretär des iranischen Ministeriums für islamische Führung und Kultur geführt.

Im letzten Jahr seien verschiedene Verleger individuell aufgetreten, aber der offizielle, d.h. staatliche iranische Bücherstand sei abgesperrt worden. Auch in diesem Jahr sei nicht klar, welche Verlage an der Frankfurter Buchmesse teilnehmen und wie die iranischen Stände dort präsentiert werden. Der Autor fordert, dass Vorfälle des letzten Jahres sich nicht wiederholen dürften. In diesem Jahr sollen die iranischen Verlage zusammenrücken, staatliche und nichtstaatliche Verlage sollen bei der Frankfurter Buchmesse gemeinsam auftreten. Außerdem müsse die „Würde des Iran“ auf der Frankfurter Buchmesse wieder hergestellt werden.

Während der Iran in den letzten Jahren etwa 80 Quadratmeter Platz auf der Frankfurter Buchmesse bekommen habe, stünden in diesem Jahr 96 Quadratmeter für Bücherstände zur Verfügung. Die nötige Bezahlung sei schon erfolgt. Auf der Frankfurter Buchmesse, die zwischen 10. und 14. Oktober stattfinden wird, sollen auch Bücher der URD ausgestellt werden. In den letzten Jahren waren die iranischen Bücherstände auf der Frankfurter Buchmesse in die Kritik geraten, weil sie dort antisemitisches Material ausgestellt haben.

Purer Antisemitismus: Ultra-orthodoxe Juden der Gruppe Naturei Karta, die sich auch gerne mit Ahmadinejad treffen und an dessen Konferenzen für Holocaust-Leugner und Feinde Israels teilnehmen, sind auch angesehene Gäste der URD. Auf mehreren Fotos, die die wissenschaftliche Abteilung der URD veröffentlicht hat, sieht man Mitglieder der Naturei Karta. Einer trägt ein „Namensschild“: „Jude, kein Zionist“. Ein anderer trägt ein „Namensschild“, auf dem eine durchgestrichene israelische Flagge abgebildet ist.

Die URD sucht einen „religionswissenschaftlichen Dialog“ ausschließlich mit israelfeindlichen orthodoxen Juden. Diese waren auch als Teilnehmer einer Konferenz der Holocaust-Leugner am 11. und 12. Dezember 2006 in Teheran, die weltweit bekannt wurde. Tatsächlich betrachten Ideologen der Hassschmiede URD die Welt mit einer ultrafundamentalistischen Brille. Für sie sind die „wahren Juden“ die ultraorthodoxen Antizionisten, die gemeinsam mit Islamisten die Zerstörung Israels fordern.

Der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, der Religionswissenschaftler Johann Hafner, hat gegenüber der Märkischen Zeitung gesagt, dass das Interesse an einem Kontakt damals damit begründet wurde, dass die Universität in Qom die einzige im Iran sei, „die sich der Erforschung und der Lehre der lebenden Religionen, ihrer inneren Vielfalt und ihren Spannungen widmet“. Das aber entspricht, wie in den vorherigen Teilen gezeigt wurde, nicht der Realität. Den kooperationsbereiten Wissenschaftlern in Potsdam und an anderen deutschen Universitäten mag tatsächlich an einem Dialog gelegen sein, möglicherweise glauben sie, im Iran für Toleranz werben zu können. Doch die Ziele der islamistischen Diktatur sind andere, es gibt im Iran weder Meinungs- noch Forschungsfreiheit. Kaderschmieden wie die URD stehen im Dienst der Innen- und Außenpolitik, das Studium anderer Religionen dient der Verbreitung der Staatsdoktrin im Ausland und ihrer Durchsetzung im Iran. Die Frage ist, warum Institutionen, die Hasspropaganda der totalitären Diktatur der „Islamischen Republik Iran“ verbreiten, immer wieder in Deutschland hoffähig gemacht werden – dieses Mal unter dem Deckmantel des religionswissenschaftlichen Dialogs.

Anti-Bahaismus: Die URD genießt die volle Unterstützung der islamistischen Diktatur und des Staatsklerus im Iran. Mehr als problematisch ist auch die Tatsache, dass das vermeintlich religionswissenschaftliche Qomer Institut eine aktive Rolle bei der Produktion und Verbreitung der Hassideologie gegen die Bahai spielt. Die Angehörigen dieser religiösen Minderheit werden von der khomeinistischen Diktatur des Iran systematisch unterdrückt, ihre Religion soll vernichtet werden.

Das wissenschaftliche Büro der URD bezeichnet die Bahai-Religion als eine „Sekte“, eine Bezeichnung, die in den vom Staat verbreiteten Hetzschriften gegen die Bahai üblich ist. Wie die Staatspropaganda unterstellt auch die URD, die Bahai-Religion sei unter dem Einfluss von „Kolonialmächten“ gegründet worden. In einer anderen islamistischen Studie kommt der URD-Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass es „einen Mangel an Entgegnungen gegen die Bahai“ gebe, als ob die systematische Verfolgung der Bahai im Iran nicht ausreichen würde.

Eine weitere Studie, die an der URD verfasst worden ist, kommt zum selben Ergebnis wie Ayatollah Khomeini. In der Studie, die in Kurzfassung auf der Homepage der URD veröffentlicht worden ist, kommt der Autor zu dem Schluss, dass die Bahai-Religion eine „abweichlerische Sekte“ sei. Eine andere Studie beschäftigt sich mit dem höchsten Organ der Bahai-Religion, dem Universalen Haus der Gerechtigkeit. Es werden vollkommen falsche Beschuldigungen auch gegen das Weltzentrum der Bahai-Religion in Haifa erhoben. Fälschlicherweise wird beispielsweise behauptet, dass das Weltzentrum einen „prophetischen Anspruch“ hege und den Angehörigen der Bahai-Religion „Befehle“ erteile.

Die URD beschäftigt sich besonders mit der Azali-Bewegung, einer Anti-Bahai-Schule der ersten Stunde. Ein Doktorand der URD ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kritik dieser Anti-Bahai-Gruppe sehr „wissenschaftlich“ sei. Die islamistischen Machthaber sollten daher die Kritik der Azali-Bewegung übernehmen. Studien dieser Art legitimieren die staatliche Unterdrückungspolitik.

Die Frage ist, welche Aufgaben sich die deutschen Universitäten 33 Jahre nach der Machtübernahme der Islamisten im Iran stellen. Will man sich mit den Realitäten eines totalitären Gewaltsystems auseinandersetzen oder immer wieder die Diktatur hoffähig machen, indem man einen „religionswissenschaftlichen Dialog“ mit Institutionen führt, deren Aufgabe es ist, eine Repressionspolitik zu legitimieren, die für viele „Abweichler“, Angehörige religiöser Minderheiten, Haftstrafen, Folter und Tod bedeutet? Deutsche Universitäten könnten sich auch die Aufgabe stellen, aus verschiedensten Perspektiven die Gräueltaten und die Folgen der islamistischen Hassideologie zu untersuchen, die das iranische Regime auch unter den Muslimen in Europa verbreiten will.

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy (EFD).


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