Überlegungen zu „Häftling X“

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Überlegungen zu „Häftling X“

HonestReporting Media BackSpin, 13. Februar 2013

Auch wenn wir nicht mehr wissen als das, was in der israelischen und internationalen Presse über „Häftling X“ berichtet* worden ist, kann nicht überraschen, dass die Geschichte weltweit Aufmerksamkeit erregt hat. Eine Stellungnahme zum Thema würde lediglich zu weiteren Spekulationen führen. Deshalb von uns dazu nur ein paar Überlegungen.

1. Weniger ist mehr

Intrigen, Spione, der Mossad – alles Zutaten zu einer James Bond-Burleske. Und um noch eins draufzusetzen ergreift man die Chance, zu allem, was Israels Verhalten betrifft, Verschwörungstheorien und Spekulationen anzustellen. In diesem Fall ist weniger jedoch mehr: Die Geschichte scheint gerade aufgrund mangelnder Informationen und des damit verbundenen Geheimnisses ins Kraut zu schießen.

Man berücksichtige überdies die Tatsache, dass der Hauptteil der Geschichte auf einem einzigen australischen Nachrichtenbeitrag basiert, der sich noch dazu auf unbenannte Quellen und die „Expertenanalyse“ eines ehemaligen australischen Geheimdienstmitarbeiters stützt, die selbst auf Spekulationen angewiesen ist.

2. Man kann es nicht verhindern

Eines jedoch ist glasklar: Der Versuch der israelischen Regierung, die Geschichte geheim zu halten, ist nach hinten losgegangen und hat stattdessen noch mehr Augenmerk auf sie selbst erzeugt. Die Nachrichtensperre, dazu gedacht, der israelischen Presse einen Maulkorb zu verpassen, hat sich als stumpfes und wirkungsloses Instrument erwiesen. Manche Leser der englischsprachigen Morgenausgabe von Haaretz erhielten gleichzeitig im Paket die Ausgabe der International Herald Tribune (kurz „IHT“, [bd]). Während Haaretz sich unter Veröffentlichungsvorbehalt sah, hatte die IHT kein Problem damit, die Geschichte von „Häftling X“ abzudrucken.

Im Zeitalter globaler Kommunikation es ist praktisch unmöglich, ein irgendwo entstandenes Informationsleck zu verhindern, und die israelischen Medien sind sehr erfahren in der Analyse bezüglich der Berichterstattung ausländischer Medien, die eine begrenzte [israelische] Zensur dann umgehen, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit Israels geht.

Möglicherweise – so scheint es – hat dieser Fall den Missmut einiger israelischer Politiker und der Presse auf sich gezogen, so ungewöhnlich und dankenswert eine solch‘ einschneidende Nachrichtensperre in einem Land mit einer freien und lebendigen Presse auch sein mag. Wir mögen niemals den Hintergrund zur ganzen Geschichte um die „Häftling X“-Affäre erfahren, aber man kann darauf wetten, dass die Medien, sowohl die israelische als auch die ausländische, nichts unversucht lassen werden, alles herauszufinden.

UPDATE, 18:15:

Mehr Aktuelles zur „Häftling-X-Affäre“ hier [In Englisch; auif der Seite bitte ein klein wenig nach unten bis zu „Prisoner-X-Affair“ scrollen]

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*Die deutsche Presse spekuliert auch schon heftig – besonders die links orientierte, was nicht allzu sehr überraschen dürfte. Bitte auf die Veröffentlichungsdaten achten! (bd)


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