Wie sich Israel schützt

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Jerusalem, 13. September 2013  – Von einer Panik war in Israel wegen dem bevorstehenden amerikanischen Angriff auf Syrien und dem nachfolgenden „Flächenbrand“ nur wenig zu spüren. Bei den Verteilungszentren für Gasmasken gab es in der Tat Durcheinander. Doch der Grund lag nicht am Andrang, sondern an typisch israelischem „Balagan“, dem Fachwort für Desorganisation. Für den ganzen Norden, wo man am ehesten mit einer syrischen Gasattacke rechnete, gab es nur eine Verteilerstätte in Haifa. Und als da tausend Bürger auftauchten, um ihre seit dem Irak-Krieg von 1991 brüchig gewordenen Gummimasken auszutauschen, gab es weder ein Sonnendach noch Wasserstellen oder ausreichend Masken. Wegen Haushaltskürzungen sind zu wenig neue Gasmasken bereitgestellt worden, um die ganze Bevölkerung mit minimalem Schutz gegen Giftgas auszustatten.

Der Staat Israel ist seit seiner Entstehung 1948 ständig mit Krieg und sogar Vernichtung bedroht. Sein wichtigster Schutz vor Attacken Welt ist Abschreckung. Israel ist bemüht, den Arabern militärisch überlegen zu sein. Die andere Methode ist maximale Kontrolle an Grenzen und auf Flughäfen, um potentielle Angreifer fernzuhalten. Hinzu kommt dann noch passiver Schutz, etwa mit Schutzzimmern in jeder Wohnung.

Atombombe

Die Gerüchte um Israels Atombomben sind Teil der Abschreckung. Der jüdische Staat hat nie bestätigt, Atombomben zu besitzen, es aber auch nie dementiert. Ohne Atomtest, gibt es keinen Nachweis, dass Israel Atommacht sei. Ägyptens Präsident Anwar Sadat war jedoch von Israels Fähigkeiten derart überzeugt, dass er deshalb Frieden geschlossen hat. Wegen der Angst arabischer Staaten vor einer israelischen Atombombe hat es seit 1973 keinen Krieg mehr gegeben. Wenn Israel gemäß „zuverlässigen“ Informationen mal 80, 200 oder 300 Atombomben besitzt, ist klar, dass niemand wirklich Bescheid weiß. Angenommen, nur mal theoretisch, Israel besäße gar keine A-Bombe. Wie bei Rumpelstielzchen dürfte das niemand erfahren, weil sonst sofort Krieg ausbrechen würde. Ein ähnliches Phänomen ist dieser Tage durch die Supermächte aufgedeckt worden. Noch vor wenigen Wochen hatte Syrien standhaft behauptet, keine C-Waffen zu besitzen, obgleich die Welt seit Jahrzehnten von einem riesigen Arsenal Massenvernichtungswaffen in Syrien überzeugt ist. Nachdem mutmaßlich Assads Armee so „dumm“ war, die verleugneten Gifte einzusetzen, änderte das auf frischer Tat ertappte Damaskus die Taktik. Jetzt heißt es, dass die C-Waffen als Abschreckung gegen einen israelischen Angriff benötigt würden. Syrien verlangt neue Waffen als „Kompensation“.

Militärische Operationen

Die Kriege im Libanon oder im Gazastreifen wurden nicht gegen Staaten geführt, sondern gegen bewaffnete Milizen: PLO, Hisbollah im Libanon, die „militärischen Arme“ der palästinensischen Fatah- und Hamaspartei. Deshalb bezeichnet Israel diese Kriege „militärische Operationen“. Wegen der Geografie funktioniert hier nicht die atomare Abschreckung. Mit punktgenauer Aufklärung, exakter Kenntnis der feindlichen Stellungen und modernster Technik ist es Israel gelungen die Hisbollah (seit 2006) und die Hamas (seit 2012) zu überzeugen, Israel nicht mehr mit Raketen anzugreifen. Unkontrollierte extremistische Gruppen schießen weiter, was aber weder Libanon noch die Hamas dulden.

Raketenschirm

Mit amerikanischer Kooperation und Finanzierung hat Israel zwei Raketensysteme gegen ballistische Raketen etwa aus Iran und gegen Kurzstreckengeschosse aus der Nachbarschaft entwickelt. Weder die Arrow (Chetz)-Raketen noch die sündhaft teuren „Eisenkappen“ bieten garantierten absoluten Schutz. Mit der „Eisenkappe“ ist erstmals in der Militärgeschichte ein System geschaffen worden, das primitive Raketen mit einer Reichweite von nur wenigen Kilometern abfangen kann. Im Bruchteil einer Sekunde wird die Flugbahn der einfliegenden Rakete berechnet und nur abgeschossen, wenn bewohnte Gebiete bedroht sind. Das soll den Raketenschützen die Lust nehmen, Israel anzugreifen, indem sie kaum noch Treffer verzeichnen.

Passiver Schutz

Seit jeher schützt sich Israel vor allem passiv. In Sderot nahe dem Gazastreifen wurden Bushaltestellen mit „Luftschutzbunkern“ aus Stahlbeton ausgestattet, um die Menschen vor Splittern zu schützen. Im Norden wurden öffentliche Bunker gesäubert und benutzbar gemacht. Regelmäßig werden landesweit die Luftschutzsirenen getestet. Weil in klimatisierten Räumen die Sirenen nicht zu hören sind, werden Methoden geprobt, die Bewohner in Zielgebieten per SMS oder telefonisch zu warnen. Ein sichtbarer Schutz gegen das Eindringen von Terroristen und Selbstmordattentätern ist der 750 Kilometer lange Sperrwall. An strategischen Stellen wurde eine hohe Betonmauer aufgestellt. Wer vom Westjordanland nach Israel will, Siedler, Touristen und Palästinenser, wird an Straßensperren kontrolliert. Israelische Passagierflugzeuge landen entgegen allen „Naturgesetzen“ auf dem Ben Gurion Flughafen „mit dem Wind“. So vermeiden sie beim Landeanflug eine Runde über das Westjordanland, wo Terroristen mit Flakraketen lauern könnten. Seit den siebziger Jahren haben israelische Briefkästen nur millimeterbreite Schlitze, damit keine Briefbomben eingeworfen werden können.

Beim Betreten öffentlicher Gebäude wie Theater oder Kino werden die Taschen durchsucht. Seit Ausbruch der Intifada im Herbst 2000 wird man auch vor Supermärkten und Restaurants abgetastet.

Das sind sichtbare Maßnahmen, die jedem Bewohner oder Besucher Israels oft mehrmals täglich begegnen. Wirklich „frei“ und „sicher“ kann man sich nur in den palästinensischen Gebieten fühlen, wo niemand um sein Leben bangen muss, wenn er im Restaurant sitzt oder ins Kino geht.

 

 


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