Zurzeit gibt es niemand besseren als Netanyahu

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Zurzeit gibt es niemand besseren als Netanyahu
 

Kommentar von Yoel Marcus, Haaretz, 18.10.2013
Übersetzung von Daniela Marcus

Englische Version: http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.553036
Hebräische
Version:
http://www.haaretz.co.il/opinions/.premium-1.2143132

 
Als jemand, der nicht unbedingt für Benjamin Netanyahu als Premierminister schwärmt, muss ich zugeben, dass mich der am 11. Oktober in der New York Times erschienene Klatschartikel über ihn sehr geärgert und als Israeli auch gekränkt hat. Es ist nicht klar, ob Netanyahus Eis-Budget, das speziell angefertigte Bett, das für das königliche Paar ins Flugzeug nach London eingebaut wurde, die Leistenbruch-Operation, der sich Netanyahu unterziehen musste, oder die Tatsache, dass er am Shabbat nicht gerne Gäste in seinem Haus hat, wirklich zum Leitspruch der New York Times −„Alle Nachrichten, die es wert sind, gedruckt zu werden“− passt.

Darüber hinaus ist die „Enthüllung“ inkorrekt, dass Netanyahu die Zigarrenmarke Kubanische Partagás No. 2, die pro Stück 120 Schekel (ca. 25 Euro) kostet, bevorzugt. Seine Lieblingsmarke ist die Cohiba, die pro Kiste 1150 Dollar (ca. 840 Euro) kostet und die er hin und wieder von seinem Freund, dem Hollywood-Produzenten Arnon Milchan, geschenkt bekommt. Doch diese Hinweise werden nicht darüber entscheiden, ob Netanyahu im Amt bleibt oder gestürzt wird.

Eines Morgens wacht der lokale politische Beobachter auf und merkt, dass Netanyahu ein weitaus ernsthafterer Staatsführer ist als ihn die Medien porträtieren. Er ist seit mehr als sieben Jahren Premierminister und damit nach Israels erstem Premierminister David Ben Gurion derjenige, der diesen Posten am längsten innehat (Ben Gurion: 13 Jahre, Menachem Begin: 6 Jahre, Yitzhak Rabin: 6 Jahre, Levi Eshkol, Ariel Sharon und Golda Meir: 5 Jahre, Shimon Peres, Moshe Sharett und Ehud Barak: 1 bis 2 Jahre). Derzeit gibt es keinen israelischen Politiker, der Netanyahu im Nacken sitzt. Wenn Lapid anfänglich dachte, er würde Premierminister werden, so scheint es nun, dass dieses Jahr eher der Auftakt zu seiner Rückkehr in seinen alten Job als Talkshow-Moderator ist als der Auftakt zum Posten des Staatsführers.

Während Netanyahus Amtszeiten als Premierminister war Israel an keinem einzigen umfassenden Krieg beteiligt und die Zahl der Terroropfer ist relativ gering. Trotz seiner politisch rechts gerichteten Position, wird er nicht als Erbauer von Siedlungen im Westjordanland betrachtet – jedenfalls nicht auf derselben Ebene wie Shimon Peres, der frühere Minister ohne Geschäftsbereich Israel Galili und der frühere stellvertretende Premierminister Yigal Alon. Netanyahu hat den Status quo der Bauaktivität in den Siedlungen im Westjordanland akzeptiert, das heißt, er hat die Bauaktivität mit Worten und mit dem Ausbau einiger bestehender Siedlungen unterstützt. Dadurch hat Netanyahu eine Situation geschaffen, die ihn für das rechte politische Lager verdächtig macht, und somit ist die Fortführung seiner Amtszeit als Premierminister bedroht. Netanyahu ist unerbittlich, wenn es um Sicherheitsabkommen im Jordantal geht, hauptsächlich deshalb, weil er den Frieden mit Jordanien bewahren möchte, insbesondere, weil es mittlerweile eine Million syrische Flüchtlinge im haschemitischen Königreich gibt.

Das Beste, was Netanyahu passieren konnte, war Ehud Baraks Entscheidung, das politische Spielfeld zu verlassen und sich dem zuzuwenden, was er wirklich gerne tut: Geld verdienen im privaten Sektor. Seine Befreiung von Barak hat aus Netanyahu einen solideren und weniger impulsiven Menschen gemacht. Einer der politischen Beobachter bemerkte, es sei vielleicht traurig zu sagen, aber die Tatsache, dass Barak nicht mehr auf der politischen Bühne spielt, mache keinen großen Unterschied. Netanyahus Beziehung zum Generalstab der Israelischen Verteidigungsarmee ist besonnen und überlegt. In dieser Beziehung gibt es keine verschwundenen Tonbandaufzeichnungen und keine gefälschten Briefe. Ein Knessetmitglied, das nicht der Likudpartei angehört, sagte mir, seiner Meinung nach werde Netanyahu aufgrund seiner guten Beziehung zu Washington und zum amerikanischen Kongress in Sicherheitsangelegenheiten sogar länger im Amt des Premierministers bleiben als Ben Gurion.

Diese Einschätzung ist nicht so überraschend wie sie auf Anhieb klingt. Ben Gurion und Begin hatten eine angespannte Beziehung zu den US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower und John F. Kennedy. Ben Gurion wurde nie ins Weiße Haus eingeladen. Allerdings traf er sich mit Präsident Kennedy im Waldorf Astoria Hotel in New York. Dort wurde der israelische Premierminister rundheraus gefragt, ob Israel Atomwaffen entwickle. Die Gesandten des US-Präsidenten beobachteten jeden Schritt Israels.

Während Israel von Frankreich Unterstützung erhielt, untersuchten amerikanische Geheimdienstagenten heimlich die Vegetation rund um den Atomreaktor in Dimona, und Israel ersetzte regelmäßig die Vegetation, um nicht beim offiziellen Lügen erwischt zu werden. Es war Ben Gurion, der Israel sowohl die Angst vor einer möglichen Vernichtung Israels durch arabische Staaten als auch das Gefühl, sich gegen diese Bedrohung verteidigen zu müssen, vererbte. Premierminister Eshkol und US-Präsident Lyndon B. Johnson handelten ein Abkommen über Israels unklare Atompolitik aus. Doch die Angst vor der Vernichtung wurde wie ein Vermächtnis von Generation zu Generation der politischen Führer weitergegeben.

Zu Netanyahus Gunsten muss gesagt werden, dass er die ganze Welt dazu gebracht hat, sich mit dem Fall Iran zu beschäftigen, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Dadurch hat er Israel davon befreit, seine Drohung wahrzumachen, den Iran anzugreifen, sollte Teheran mit der Entwicklung seiner Atomwaffen fortfahren. Netanyahu hat die nationalen Interessen Israels mit den nationalen Interessen Amerikas verknüpft.

Trotz der Tatsache, dass Israel während seiner Amtszeit nicht in einen umfassenden Krieg verwickelt war, und trotz der akzeptablen Wirtschaftslage, die anhand voller Restaurants, Bars und Flughäfen wahrgenommen werden kann, wird Netanyahu niemals den Friedensnobelpreis erhalten. Doch es spielt keine Rolle, wie seine Beziehung zu seiner Frau Sara ist und wie viel Eis er verspeist – was sein ist, ist sein. Zurzeit gibt es keinen, der Israel besser führen könnte als Netanyahu.

 


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