ULRICH W. SAHM – Hunderte Soldaten suchen drei entführte Israelis

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Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm

Jerusalem, 14. Juni 2014 – Drei Jugendliche im Alter zwischen 16 und 19, einer von ihnen mit amerikanischer Staatsangehörigkeit, gelten seit Donnerstag Abend als vermisst. Angeblich wollten sie per Anhalter von ihrer Talmudschule irgendwo im Westjordanland nach Hause fahren. Erst 24 Stunden später wurde ihr mysteriöses Verschwinden in den israelischen Medien bekannt gegeben, obgleich schon Hunderte Soldaten, Geheimdienstleute, Fallschirmspringer und andere Sicherheitsleute palästinensische Dörfer und die Stadt Hebron im Süden des Westjordanlandes auf der Suche nach den Vermissten durchkämmten. Seitdem gibt es in Fernsehen und Radio kein geregeltes Programm mehr. Sogar die Direktübertragung der Fußball-Weltmeisterschaft wurde unterbrochen, um neueste Entwicklungen zu dem mutmaßlichen Entführungsfall durchzugeben.

Bekannt ist vorläufig fast nichts. Die Namen der Vermissten, der Ort ihrer Talmudschule und ihres Heimatortes werden geheim gehalten.

Die Jugendlichen sind offenbar am Donnerstag beim Trampen beobachtet worden. Schon an dem Abend gab ein Palästinenser den Tipp zu einem brennenden Hyundai in einem Tal nahe der Stelle, wo sie zum letzten Mal gesehen worden sind. Das Wrack wurde geborgen, aber ob es ein gestohlenes Auto ist oder ob es einen Hinweis zum Verschwinden der Jugendlichen geliefert habe, ist noch nicht veröffentlicht.
Während palästinensische Medien wohl fälschlich behaupteten, dass die israelische Armee in manchen Dörfern sogar mit Panzern angerückt seien, brodelte in den Sozialnetzen die Gerüchteküche. Der Militärsprecher trat am Freitag Abend mehrmals vor die Presse, um die Gerüchte zu dementieren und zu erklären, dass weiterhin nichts bekannt bekannt sei. Die Sicherheitsbehörden gehen jedoch von einer Entführung aus, weil die Handys der Jugendlichen ausgeschaltet worden seien an jener Stelle, wo sie offenbar beim Trampen in ein Auto gestiegen sind, also auf der Hauptstraße nahe ihrer Schule. Ausgeschaltet senden die Geräte keine Signale mehr, was deren Ortung ermöglicht hätte.
Derweil hielten der Ministerpräsident, der Verteidigungsminister, Vertreter des Militärs und der Geheimdienste in Tel Aviv mehrere Lageberatungen ab. Premierminister Benjamin Netanjahu telefonierte mit dem amerikanischen Außenminister John Kerry, weil einer der Entführten Amerikaner sei, und um mitzuteilen, dass er die palästinensische Regierung verantwortlich mache. Kerry telefonierte daraufhin mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. Über den Inhalt des Gespräches ist nichts bekannt.
In dem von der Hamas kontrollierten Gazastreifen und in den Flüchtlingslagern Dschenin und Balata im Westjordanland kam es zu Feiern und Freudenschüssen. Studenten verteilen in der Bir Zeit Universität Bonbons. Doch bisher hat keine „bekannte“ Terrororganisation die Verantwortung für den Vorfall übernommen. Der erste Verdacht fällt jedoch auf die Hamas als Täter, da der israelische Geheimdienst seit einem Jahr bereits 60 versuchte Entführungen israelischer Zivilisten und Soldaten durch die Hamas unterbinden konnte. Zudem hat die Hamas regelmäßig zu Entführungen aufgerufen. Das sei die effektivste Methode, Israel zu erniedrigen und zur Freilassung von Gefangenen zu erpressen. Neben Gilad Schalit, der sechs Jahre in Geiselhaft der Hamas festgehalten worden war und gegen über Tausend Gefangene ausgetauscht worden ist, war Israel auch zuvor in anderen Fällen israelischer Kriegsgefangener oder entführter Bürger bereit, einen extrem hohen Preis zu zahlen, um Vermisste lebendig heim zu holen.
Aus den non-stop-Sendungen mit israelischen Top-Experten, die freilich zugaben, nichts zu wissen, ging hervor, dass das Schweigen der mutmaßlichen Entführer besonders beunruhigend sei. Gleich drei Israelis zu entführen und nicht nur einen einzelnen, benötige ein gewisses Maß an Organisation. Und drei Personen unbemerkt im Westjordanland zu verstecken, um im Tausch die Freilassung von Gefangenen zu fordern, sei fast unmöglich. Deshalb wurde erwogen, ob die Entführer versuchen könnten, sie über die relativ ungeschützte Grenze nach Jordanien oder durch einen Tunnel in den Gazastreifen zu schmuggeln. Eine Alternative sei, dass es sich um ein „Hassverbrechen“ handle, die Schüler längst ermordet und irgendwo verscharrt worden seien.
Am Samstag änderte Verteidigungsminister Mosche Jaalon die Sprachregelung von „Vermissten“ oder „Entführten“ zu „Verschollenen“.
Unter Palästinensern, vor allem in der Gegend von Hebron, wo die Suche am Intensivsten ist, kommen bei allem offenen Jubel über den erfolgreichen Schlag gegen Israel zunehmend auch schlimmste Befürchtungen auf. In der Nacht zum Samstag drangen israelische Soldaten in Hebron ein und verhafteten mindestens 16 Palästinenser. Die seit Jahren unbemannten Straßensperren wurden erneuert. Israel könnte weitere Sanktionen gegen die bislang fast uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und Ausgangssperren verhängen.
Völlig unklar ist noch, welche Folgen dieser aus israelischer Sicht sehr schwerwiegende Vorfall für die von Netanjahu abgelehnte palästinensische Technokratenregierung mit Beteiligung der „Terrororganisation“ Hamas und für die bisher gut funktionierende Sicherheitskooperation zwischen Israel und den Palästinensern im Westjordanland haben wird.

 


6 Kommentare
    • Eckart Christiansen

      @Bob, who do you call a „Nazi“? Should it be Ulrich W. Sahm? In that case you ought to know that Sahm is married to an Israeli wife and years ago was an excellent journalist who worked for numerous German papers and tv-stations in Israel. Then he lost his mind and became and arrogant and mindless propaganda tool of the Israeli far-right. Sahm is a friend of the maker of the website „Honestly-Concerned“, Sacha Stawsky.Stawsky tries to be in Germany what Daniel Pipes is in the USA. Nobody is as good as him in blaming all the world for being pro-Arabic and pro-Muslim as soon as it does not praise Bibi’s wisdom. But not even you can wake him up and make him think that he serves the wrong sort of people. He will not even notice your insult.

  • Sacha Stawski

    Ulrich Sahm is one of the best and most unbiased German correspondents we have in Israel!
    Admittedly, he fell intro the trap of following initial (false) reports that the boys were „settlers“. As soon as he received other information, though, he – unlike other journalists – immediately corrected his piece.
    While I very much believe in criticizing the media, when criticism is due, your way, Bob, is most certainly not the right way! You may want to read this piece: http://honestlyconcerned.info/wie-schreibt-man-einen-wirksamen-leserbrief/!
    And, Eckart, while I „appreciate“ your „praise“ of my work, I would seriously ask you to reconsider – ideally delete – your totally false, inappropriate and insulting comments about one of the very few friends, we have among the extremely one sided group of correspondents reporting to the world from Israel. He most certainly has anything but lost his mind and he is most certainly none of the other things you say about him! You may really want to read some of his other stories – some of which are already up on this new site, or Google him. There are also plenty of YouTube Videos of lectures he has given here in Germany.
    Trust me, the two of you are 100% wrong in your judgement of one of the best journalists I know!

    • Eckart Christiansen

      It was sarcastic – but true- when I wrote that you will accuse anyone of anti-semitism who does not „praise Bibi’s widom“. And you thank me for praising your work. May I be allowed to quote YOU of all people , Mr. Stawski, in some discussion in which the Israellobby protests bitterly on the accusation that it will always say that critism of Israel is anti-semitism.

    • Eckart Christiansen

      Many years ago when my interest in the Middle East affairs began to rise I was stupid enough to write an email to Sahm in which I asked him what he „believed“ could be the result of Sharon’s policy. What I got back was the most arrogant answer. Though he had studied theology he was not able to say what to believe, and so on, and so. Never before in my life have I been so insulted and declared a stupid, unworthy subject. Call my revengefull, but that settled the matter. Sahm has almost vanished from the TV screens in Germany, and there is reason. He is biased in the extreme, worthy to be your friend, Mr. Stawski. What makes you think that I appreciate your work. I wrote that you try to be in Germany what Daniel Pipes is in the USA, that is not to be meant friendly. I just remember the disgraceful scenes in Frankfurt when you organized a mob of pro-Likud hardliners to protest against Mrs. Judith Butler. Who you think you are?
      But, let us think about „Bob“. His comment is in English and I am sure he did not understand a single word of Sahm’s article. His insult does not refer to what Sahm has written, he just got hooked on the term „Siedler“ and the fact that Sahm is/ writes in German.
      To me it is all to obvious: Hasbara is getting more and more totalitarian in its categories who is to be blamed of anti-semitism, aka critisicm of Israel, and has put the word „settler“ on its list of taboo-words. As soon as one dares using it, and that – above all- in German, some dog is released from its chain to bite furiousy. That is what has happened here. „Bob“ is an Hasbara-blogger who has been trained to use the most aggressive, American insults at anyone who has come under suspicion of being against Israel and its policy- „proof“ is the use of some word. Other „tabo-words“ are „occupied territories“. Just think of what happened to poor idiot Christie in the USA when the spoke of „occupied territories“ on some occasion when his audience consisted of Sheldon Adelson ( the man who finances his career) and other pro-Israel-hardliners.

      • Eckart Christiansen

        Wie ich sehe, halten Sie den Ball in dieser Sache flach, Herr Stawski. Wenn einem „Freunde“- aka nützliche Idioten- in ihrer Dummheit peinlich sind, so tut man das auch besser. Ich war zumindest so frei, den Namen „Bob“ anzuklicken, nahezu 800 Kommentare von ihm tun sich auf, alle in der gleichen Vulgärsprache verfasst. Wer den Verdacht erregt hat, anderer Ansicht als er zu sein, der ist eben Nazi- was denn sonst, oder Kommunist, oder beides zusammen.“ Hasbara at its best“- mehr muss man dazu nicht sagen.
        Was mich an Ihrer Haltung erschüttert, ist der Versuch, derartiges Verhalten auf einer rationalen Ebene- aber ohne die Deutung die ich vornehme, zu erklären. Dazu allerdings müssen Sie Ihrem Freund Sahm in den Rücken fallen. Sahms orwellsches Gedankenverbrechen bestand in der Verwendung des Unwortes „Siedler“ und Sie machen daraus eine „Falle, in die er getreten sei“. Damit ist Sahm zwar in der Sache unschuldig, aber zum Trottel degradiert, der auf die von ihm selbst dauerhaft angeprangerte tendentiöse und feindselige Berichterstattung über Israel hereingefallen sei. Schön, wirklich schön, Herr Stawski, wie Sie sich winden und wenden, um die Verursacher dieser Beleidigung von jedem Vorwurf reinzuwaschen.

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