Rede des Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, anlässlich der Großkundgebung „Nie wieder Judenhass!“ in Frankfurt/M.

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Foto: Rafael Herlich

Von l. n. r.: Reinhold Robbe, Dr. Dieter Graumann, Sacha Stawski, Deidre Berger, Uwe Becker, SE Yakov Hadas-Handelsman, Volker Beck.
Foto: Rafael Herlich

Ich weiß nicht, welche Erfahrungen Sie in den letzten Wochen gemacht haben. Sind Sie auch hin und wieder mit der Aussage konfrontiert worden: „Das mit den Attacken gegen Juden ist zwar nicht in Ordnung. Aber dieser Dr. Graumann hat doch maßlos übertrieben mit seiner Behauptung, solche Angriffe gegen Juden habe es seit der Nazi-Diktatur nicht mehr gegeben.“

Von einem Journalisten hörte ich den Satz: „Charlotte Knobloch wundert sich darüber, dass nicht mehr Deutsche an den Kundgebungen gegen Antisemitismus teilnehmen“. Und dann bekam ich sofort die Erklärung dazu geliefert; die lautet nämlich: Die Deutschen hätten mit Juden im Grunde gar kein Problem. Wenn sie derartigen Kundgebungen fernblieben, dann habe das ausschließlich mit dem Gaza-Krieg zu tun und sei Ausdruck der Kritik an Israels Regierung!“

So einfach ist das also. Da haben wir es nicht nur bei uns, sondern in fast allen Ecken Europas mit antisemitischer Propaganda auf den Straßen zu tun, da werden in vielen Städten Menschen, die nicht verheimlichen, dass sie Juden sind, angepöbelt, bedroht und auch angegriffen.

Mitten in Berlin wird ein junger Israeli von Palästinensern krankenhausreif geschlagen, weil er gegenüber den Tätern zugegeben hatte, dass er Jude sei.

Und da werden jüdische Einrichtungen beschädigt und Synagogen geschändet. Bei uns, in Frankreich, in Ungarn und in vielen anderen Teilen Europas.

Ich selber konnte in Berlin miterleben, wie am sogenannten Al-Kuds-Tag vor wenigen Wochen Hunderte Israel-Kritiker ihre Hass-Parolen skandierten. Und auf den Plakaten konnte man dort zum Beispiel lesen: „Israel = Terrorist“ oder „Kindermörder Israel“ oder gar „Israel vergasen“. Und die Redner heizten die Al-Kuds-Demonstranten ordentlich ein, indem sie „gegen den Zionismus“ polemisierten und sich für die Bekämpfung der Zionisten aussprachen.

Diese Hass-Prediger gegen den Zionismus sind nicht dumm. Sie wissen genau, wo die äußerste Schmerzgrenze aufhört, und wo die Volksverhetzung anfängt.

Deshalb wird gegen die Zionisten gehetzt, obwohl sie ja eigentlich die Juden meinen.

Und weil es solche inakzeptable Hetze gibt, dürfen wir nicht schweigen.

Deshalb dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als wenn es diesen Judenhass nicht geben würde in unserem Land und in Europa.

Und deshalb stehe auch ich hier heute in Frankfurt, um meine Stimme gegen diese Entwicklung zu erheben. Eine Entwicklung, die kein anständiger Deutscher akzeptieren darf.

  • Es darf uns alle nicht kalt lassen, wenn in Frankreich viele Juden auf gepackten Koffern sitzen, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen.
  • Wir müssen unser Schweigen beenden, wenn der Staatschef von Ungarn, eigene Gesetze missachtet und permanente Rechtsbeugung begeht, offensichtlich um Juden aus dem Land zu vertreiben.
  • Wir müssen unsere Stimme erheben, wenn insbesondere junge Israelis in Berlin, Köln oder München von islamistischen Dumpfbacken beleidigt, bedroht und zusammengeschlagen werden.
  • Wir müssen uns zur Wehr setzen, wenn der Antisemitismus in Deutschland wieder salonfähig wird.
  • Wir können nicht tatenlos zusehen, wenn das Demonstrationsrecht in Deutschland missbraucht wird für Volksverhetzung und Diskriminierung von Minderheiten und Juden.
  • Und schließlich müssen wir aufstehen, wenn versucht wird, islamistische Hassparolen mit unserem Recht auf freie Meinungsäußerung zu legitimieren.

Warum stehen wir in der Pflicht, nicht länger zu schweigen und unsere Stimme zu erheben, wenn jüdische Mitbürger und wir alle das erleben, was ich gerade beschrieben habe?

Die Antwort darauf ist relativ einfach: Weil unser Grundgesetz, weil unsere Verfassung uns dieses vorgibt.

Weil unsere grundgesetzlich verbrieften Werte und Normen in Deutschland und in Europa weder Antisemitismus, noch Fremdenfeindlichkeit oder Diskriminierung von religiösen, politischen oder anderen Minderheiten zulassen.

Antisemiten verstoßen gegen den ersten und wichtigsten Artikel des deutschen Grundgesetzes: Die Würde des Mensch ist unantastbar. Punkt!

Wer also glaubt, nicht gemeinsam mit Juden oder mit irgendwelchen Minderheiten in unserem Land friedlich leben zu können, für den gibt es eine einfach Lösung: Er kann jederzeit dieses Land verlassen.

Wer das aber nicht will, der hat sich ohne wenn und aber an das geltende Recht zu halten. So einfach ist das. Wir müssen es nur sagen und jeden Tag offensiv dafür eintreten.

Als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft rufe ich alle politisch Verantwortlichen in unserem Lande auf, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus und Hetze gegen Israel mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unseres Rechtsstaates zu bekämpfen. Null-Toleranz für Radikale von links oder rechts und Null-Toleranz für religiöse und gewaltbereite Fanatiker.

Dieser Grundsatz darf nicht verwässert oder relativiert werden.

Und uns alle, liebe Freundinnen und Freunde, rufe ich auf, nicht nachzulassen in der Verteidigung der elementaren Menschen- und Grundrechte. Deshalb muss dieses Eintreten für ein friedliches Zusammenleben aller gutwilligen Menschen weitergehen.

Und deshalb abschließend meine herzliche Bitte: Kommt alle am 14. September nach Berlin. Kommt alle zur zentralen Kundgebung gegen den Antisemitismus vor dem Brandenburger Tor. Dieser Tag muss in die Geschichte unseres Landes als machtvolle Demonstration für unsere Grundwerte eingehen. Dieser Tag soll ein Tag des Aufstandes der Anständigen in Deutschland werden für Toleranz, Solidarität und Nächstenliebe.

Vielen Dank!


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