Rede von Stadtkämmerer Uwe Becker auf der Großkundgebung „Nie wieder Judenhass!“ in Frankfurt am Main am 31.08.2014

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Sacha Stawski und Stadtkämmerer Uwe Becker

In den zurückliegenden Wochen hat sich der oftmals nur versteckt geäußerte Antisemitismus wieder offen auf den Straßen und Plätzen in Europa und auch bei uns in Deutschland gezeigt.

Es sind Worte gegen Menschen jüdischen Glaubens in Hass und Hetze gefallen, es sind Menschen bedroht und angegriffen worden, weil sie jüdischen Glaubens sind und es sind Menschen – wie im Museum in Brüssel – ermordert worden.

Synagogen werden beschädigt, Gräber geschändet und Einrichtungen mit antijüdischen Parolen beschmiert.

Im Rahmen von Demonstrationen zum Konflikt im Nahen Osten hat auch bei uns ganz offen judenfeindliche Hetze das Klima vergiftet.

Und wenn sich Freunde, Nachbarn, wenn sich Frankfurterinnen und Frankfurter oder Münchner, Berliner, Essener nicht mehr wagen, ihren Glauben auch offen zu zeigen, indem sie etwa die Kippa tragen, dann dürfen, dann können und dann müssen wir aufstehen und gegen Antisemitismus geschlossen das Wort erheben und uns dagegen stellen.

Diese bundesweite Großkundgebung ist ein starkes und wichtiges Signal gegen den Antisemitismus, denn es ist an der Zeit, dass die Gesellschaft aufwacht und gemeinsam aufsteht, weil das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und unterschiedlicher Religionen in Gefahr gerät, wenn auch nur gegen eine Religion gesprochen und gehetzt wird.

Der Hass, der sich im Antisemitismus Bahn bricht, richtet sich gegen ein offenes und friedliches Miteinander, er richtet sich gegen die gesamte Gesellschaft und so muss auch die gesamte Gesellschaft sich zum Schutz unserer Nachbarn, Freunde und Familien jüdischen Glaubens vor sie stellen und deutlich machen, dass jedes Wort und jeder Angriff auf sie auch ein Angriff auf uns alle ist!

Und ich möchte an dieser Stelle auch die Worte vom Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Graumann, unterstreichen, dass das gemeinsame Aufstehen gegen den Antisemitismus noch viel zu gering in Europa und auch bei uns in Deutschland geschieht. Man muss sich die Worte, die hier geäußert wurden und wrden nur einmal in den Mündern von Rechtsradikalen vorstellen, dann wäre der Aufschrei – zu Recht – sicherlich größer. Aber es darf hier keine Unterschiede geben. Antisemitismus ist Antisemitismus und dagegen müssen wir gemeinsam Position beziehen.

Gerade auch die Bürgerinnen und Bürger Frankfurts, einer Stadt mit einer auch großen jüdischen Tradition, stehen an der Seite ihrer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Frankfurt wäre heute kein so internationales Zentrum, keine solch große Kulturstadt und Stadt der Universität, wenn es nicht gerade große jüdische Familien gewesen wären, die diese Entwicklung maßgeblich mitgeprägt hätten. Die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus hat hier tiefe Narben in unserer Gesellschaft hinterlassen und umso mehr machen wir deutlich, dass wir nicht nur in Worten, sondern auch in Taten den Anfängen wehren!

Antisemitismus, gleich ob er rechtsradikal motiviert ist, gleich ob er sich aus linksradikalem Extremismus speist oder ob er islamistischen Ursprung besitzt, hat in unserem Land nichts zu suchen.

Antisemiten haben in unserer Stadt nichts verloren!

Und ja, es waren zuletzt vor allem islamistisch motivierte Ausbrüche von Antisemitismus, die im Rahmen von Protesten gegen den Konflikt im Nahen Osten Hass und Hetze auf die Straßen und Plätze Europas getragen haben.

Es waren Proteste gegen Israel.

Wir haben hier im Juli auf dem Frankfurter Opernplatz ein starkes Zeichen der Solidarität mit Israel zum Ausdruck gebracht!

Und ich will auch heute, da mit dem Waffenstillstand wieder einmal die Gewalt inne hält, von hier aus die volle Solidarität mit Israel und seinen Menschen zum Ausdruck bringen!

Doch Waffenstillstand bedeutet noch lange nicht die Sicherung von Frieden und Sicherheit.

Viele Menschen im Süden Israels befürchten aus den jahrelangen Erfahrungen, dass die Hamas die Zeit nur wieder einmal dazu nutzt, sich neu und wieder stärker zu bewaffnen. Und wer die Ankündigungen aus dem Iran verfolgt, die Westbank zu bewaffnen. Wer die Angriffe auf den Norden Israels sieht, der versteht, dass Israel zu Recht in Sorge um die Brüchigkeit dieser Waffenruhe ist.

Und wer die Nähe des Westjordanlandes zu den Bevölkerungszentren im Norden Israels sieht, der kann nachvollziehen, dass man in Israel ebenso in Sorge ist, dass bei einem Zurückweichen in der Westbank auch die großen Städte des Landes unter den gleichen Raketenhagel gelangen, wie ihn Städte wie Sderot, Ashkelon oder Ashdod nun schon über Jahre zu erleiden haben.

Denn wer auch die jüngste Zuspitzung der Eskalation nur auf die Monate seit der Entführung der drei israelischen Jugendlichen reduziert, der verkennt, dass Israel sich seit über einem Jahrzehnt unter dem Dauerbeschuss von Raketen befindet. Und damit muss tatsächlich und dauerhaft Schluss sein.

Unsere Solidarität gilt an dieser Stelle auch den Frauen und Männern der Israelischen Streitkräfte, die zuvorderst ihre Gesundheit und ihr Leben für die Sicherheit Israels einsetzen. IDF – We stand with you today.

Die Welt verfolgt mit Ekel und Abscheu die Bilder von gefolterten und brutal abgeschlachteten Kindern, Frauen und Männern, die Opfer der Terrororganisation Islamischer Staat werden.

Niemand käme auf die Idee, mit diesen feigen Verbrechern, mit diesen Kindermördern und Vergewaltigern über eine gute Nachbarschaft zu verhandeln.

Viele sind aber schnell dabei, von Israel immer wieder zu fordern, sich mit der Terrororganisation Hamas an den Verhandlungstisch zu setzen, um mit diesen Terroristen über eine friedliche Nachbarschaft Verhandlungen zu führen.

Man wird den Vorwurf äußern, dass man dies nicht vergleichen kann.

Aber Israel kann das Leben seiner Millionen Bürgerinnen und Bürger nicht für den möglichen Unterschied zwischen IS und Hamas aufs Spiel setzen.

Israel hat nicht nur das Recht, sich zu verteidigen, sondern auch die Pflicht, die eigene Bevölkerung zu schützen.

Und ja, ich fühle den Schmerz für die unschuldigen Opfer dieses Konfliktes auf beiden Seiten.

Aber Gaza leidet zuvorderst nicht aufgrund der Israelischen Politik, sondern aufgrund der Politik, der Korruption und der Verbrechen – auch der Kriegsverbrechen – der Hamas.

Wo war der Aufschrei, als die Hamas fast 20 missliebige Bewohner im Gaza-Streifen ermordet hat unter dem Vorwand, Kollaborateure gewesen zu sein?

Wer heute ein freies Gaza fordert, muss wissen, dass es eben jene Mörder der Hamas sind, die nach der Räumung durch Israel 2005 ab 2007 gewaltsam die Herrschaft übernommen und sich dann „wählen“ ließen.

Hamas hatte seit 2007 Zeit, Gaza zu einem leuchtenden palästinensischen Vorbild für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und die Wahrung der Menschenrechte zu machen. Stattdessen hat man eine Gewaltherrschaft etabliert, und führt einen Krieg gegen Israel, um die eigene Existenz zu legitimieren.

Man begeht doppelte Kriegsverbrechen, indem man auf die israelische Zivilbevölkerung schießt und die eigene Bevölkerung als zivile Schutzschilde missbraucht.

Wer heute ein freies Gaza fordert muss zuvorderst ein Gaza ohne die Gewaltherrschaft der Hamas fordern.

Es wäre für die israelische Regierung eine bessere Perspektive, wenn Abbas auch für Gaza zuständig wäre, aber die Gefahr liegt doch darin, dass die Hamas ihre Macht auch auf die Westbank ausdehnen will.

Und gleichzeitig weiß auch die Israelische Regierung, dass sie Gespräche führen muss, um überhaupt auch nur zu einem mindestens längerfristigen Schweigen der Waffen zu kommen.

Schon David Ben Gurion wusste und betonte, dass die Zukunft Israels immer auch mit dem Eintreten für dessen äußere Sicherheit verbunden sein werde. Gleichzeitig verwies er auch auf das im 5. Buch Moses, im Deuteronomium festgehaltene Bild, wonach das Volk Israels immer ein kleines unter den Völkern sein werde und umso mehr die Wahrung der geistigen Vorzüge in den Blick nehmen müsse.

Diese Vorzüge wurden von Theodor Herzl in die Vision eines demokratisch, rechtlich und sozial geordneten jüdischen Staates gegossen und eben David Ben Gurion konnte dessen Realisierung 1948 in Unabhängigkeit ausrufen!

Wenn wir heute sehen, dass Israel die einzige Demokratie im Nahen und Mittleren Osten ist, dann müssen wir Europäer aufwachen und erkennen, dass in der Verteidigung Israels auch die Verteidigung unseres europäischen Gesellschafts- und Wertesystems steckt!

Israel ist das Europäische Tor zum Nahen Osten – es könnte zum Wohle der Menschen ein Brückenkopf von Okzident zu Orient sein und dauerhaft Prosperität für alle bedeuten.

Doch eben jene, die Israel fortlaufend bedrohen, wollen im Kern doch keine friedliche Koexistenz. Ihnen geht es um die Zerstörung dessen, was wir unter Demokratie und der Wahrung der Menschenrechte verstehen!

Und deshalb müssen wir bei allen Meinungsunterschieden, die es auch zu Einzelfragen der Israelischen Politik geben mag, ganz klar unsere Solidarität – unsere Freundschaft – als Europäer, als Deutsche zum Ausdruck bringen und in der praktischen Politik auch zeigen!

Wenn das Gefühl entsteht, dass in den politischen Salons Europas und auch der Vereinigten Staaten mehr und mehr Verständnis für die Politik der Hamas aufkommt, als für die Politik Israels, dann stärkt dies nicht den Frieden, sondern macht den Terror stark und bringt Israel in die Position, dass es auch nur auf sich selbst vertraut!

Und das jüngste Beispiel der entführten UN-Blauhelm-Soldaten auf den Golan-Höhen vermittelt zumindest für Israel nicht das Bild, dass es sich ausreichend auf den Rest der Welt verlassen kann, wenn es auch militärisch um den Schutz der Menschen geht.

Nur wenn Europa Israel den Rücken stärkt, kann Israel auch zusätzliche Schritte im Friedensprozess gehen. Wenn Europa Schwäche zeigt, kann Israel keine zeigen, weil es damit seine Existenz aufs Spiel setzen würde.

Und deshalb muss Europa auch seine finanziellen Hilfen für die Palästinenser klarer kontrollieren. Es kann und darf nicht sein, dass Europäisches Steuergeld zum Bau von Terrortunneln, zur Finanzierung von Witwenrenten für gefallene Mörder und zum Kampf gegen Israel eingesetzt wird und der eine oder andere Euro auch noch auf den Privatkonten der korrupten Hamas-Führung landet!

Aber neben den Millionen aus EU-Töpfen spielen noch ganz andere Interessen in diesen Konflikt hinein – ich nennen nur Iran oder Katar. Und so sehr ich ein großer Freund davon bin, die verbindende Kraft des Sportes nicht den jeweils tagesaktuellen politischen Geschehnissen unterzuordnen und internationale Großveranstaltungen auch an schwierigeren Orten stattfinden zu lassen, so muss ich doch sagen, dass wir nicht in einem Land Fußball mit Toren spielen sollten, das mit Toten spielt und tief mit dem internationalen Terror verwoben ist. Katar ist nicht der richtige Austragungsort für die Fußball-WM 2022.

Wir müssen in unserem eigenen Selbstverständnis als zivilisierte Welt auch jenen klar gegenübertreten, die als Staaten den Terror ob nun direkt oder mittelbar unterstützen.

Es kann nicht sein, dass demnächst Sportkommentatoren aus Ländern über fröhlichen Sport berichten, die ein System mittragen, das zur Enthauptung ihrer journalistischen Kollegen führt.

Und wir sollten dies als Gesellschaft insgesamt nicht wortlos geschehen lassen.

Genauso wenig kann und darf es sein, dass unter der Fahne des Internationalen Terrors Menschen in der Welt abgeschlachtet werden, und die Sympathisanten dieser Verbrecher bei uns in Deutschland die gleichen Fahnen schwenken.

Sympathiebekundungen für Vereinigungen, die Andersgläubige auf brutalste Art und Weise verfolgen, vertreiben und ermorden darf es auf unseren Straßen, Wegen und Plätzen nicht geben.

Die schwarze Fahne des „Islamischen Staates IS“ steht genau für diesen Terror und auch die terroristische Hamas sowie die Hisbollah dürfen in Deutschland nicht auch noch auf den Straßen gefeiert werden.

Es ist notwendig, die 2002 im Bund abgeschaffte Strafbarkeit der Werbung mit solchen Symbolen wieder einzuführen.

Wir führen akademische Diskussionen in Deutschland über die Mittel zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, etwa auch bei der Lieferung von Waffen zum Schutz vor der Terrororganisation Islamischer Staat.

Und einige Bemühen die Deutsche Geschichte, um vor einem militärischen Handeln Deutschlands zu warnen.

Es sind aber die falschen Lehren, die dabei aus der Zeit des 2. Weltkrieges und der Nazi-Tyrannei gezogen werden.

Richtig ist, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg und Unrecht ausgehen dürfen.

Doch wenn die Demokratie in Gefahr gerät, wenn schlimmstes Unrecht geschieht und sich weiter auszubreiten droht, dann darf man – weil man vermeintlich noch nicht selbst direkt betroffen ist – nicht daneben stehen und zusehen, wie andere im Unrecht sterben, sondern es muss aufgestanden und geholfen werden, das sind die Lehren.

Schweigen, Wegsehen und Nichtstun fördern den Boden, auf dem sich Unrecht ausbreiten kann.

Nicht das Wegschauen und die Hoffnung darauf, dass es schon andere regeln mögen, sondern auch wir müssen unserer Verantwortung nachkommen – zumindest in der Unterstützung darin, dass sich andere wehren können.

Und die Lieferung von Waffen ist nicht der Export von Krieg, sondern der Schutz von Menschen vor Entrechtung und Enthauptung.

Ja, ich wünsche mir auch eine friedlichere Welt und in jedem Krieg stirbt immer auch ein Stück der Unschuld auf allen beteiligten Seiten.

Aber Friedensliebe darf nicht mit Naivität zusammenkommen, weil sonst der eigene Untergang vorgegeben ist.

In diesem Sinne wünsche ich auch den Menschen in Israel wie auch im Gaza-Streifen, dass sie nicht wieder nur wenige Monate, sondern viele Jahre ein Leben ohne Angst und Leid führen können.

Dabei gilt unsere Freundschaft den Menschen in unserer Partnerstadt Tel Aviv wie auch in den übrigen Städten und Gemeinden Israels.

Und Freundschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie erst recht in schwierigen Zeiten Bestand hat und deshalb geht von hier und heute auch das starke Zeichen der Freundschaft und der Solidarität mit aus.

In diesem Sinne lassen Sie uns ein starkes Zeichen der Freundschaft zu Israel und ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus in unserem Land setzen.

Am Israel Chai!

 

 

 

 

 

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2 Kommentare
  • Carlos Barracuda

    „Antisemitismus, gleich ob er rechtsradikal motiviert ist, gleich ob er sich aus linksradikalem Extremismus speist oder ob er islamistischen Ursprung besitzt, hat in unserem Land nichts zu suchen.“ Es war ja so klar dass der CDUler über den Extremismus der Mitte schweigt wie der Islamist über die 72-jährige Jungfrau als Belohnung. Kein Wort zum tief verwurzelten Antisemitismus der Mitte und seinem Parteiklientel! Schuld sind immer die anderen. Nie vor der eigenen Haustür kehren. Schwach!

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