ULRICH W. SAHM – Terror in Jerusalem

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FotoJerusalem, 18. November 2014 – Der Terroranschlag in einer Jerusalemer Synagoge war besonders grausam, verübt mit Küchenmessern, einer Axt und mit Schüssen aus Pistolen. Die Täter waren Cousins aus dem Dorf Dschabel Mukaber, heute ein Stadtviertel unter israelischer Kontrolle. Die Bewohner dieses Dorfes besitzen israelische Ausweise. Sie können sich frei und unkontrolliert in Israel bewegen, im Gegensatz zu Palästinensern aus den Autonomiegebieten. Die müssen ihre mitgebrachten Taschen durchleuchten lassen, was den Schmuggel von Waffen nach fast unmöglich macht. Dennoch vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Palästinenser mit Waffen erwischt werden, vom Küchenmesser und bis zu selbstgebastelten Rohrbomben. Beim Verhör sagen sie dann, dass sie die Absicht hätten, „Juden umzubringen“.

Die meisten Anschläge in Jerusalem werden von Arabern verübt, die nach eigenen Angaben privilegiert sind. Sie finden gut bezahlte Arbeit in Israel und können alle Vorzüge eines israelischen Bürgers in Anspruch nehmen wie Krankenversicherung, soziale Absicherung, Altersversorgung und mehr. Da sie jedoch – bis auf wenige Ausnahmen – die israelische Staatsbürgerschaft verweigert haben, fehlt ihnen lediglich der israelische Pass und das Recht, sich an den Parlamentswahlen zu beteiligen. Sie reisen bis heute mit einem jordanischen Pass ins Ausland, da Jordanien ihnen in der Zeit der jordanischen Besatzung 1949 bis 1967 alle Bürgerrechte eingeräumt hat. Formal gesehen sind sie deshalb keine Palästinenser wie die Bewohner der Autonomiegebiete, die seit 1994 infolge der Osloer Verträge über einen palästinensischen Pass verfügen. In den Autonomiegebieten gibt es zwar Polizei, Geheimdienste, ein Parlament und alle anderen Zutaten eines Staates. Aber ausgerechnet soziale Absicherungen und andere „zivile“ Selbstverständlichkeiten, wie sie der Staat Israel seinen Bürgern und den Arabern Jerusalems bietet, gibt es weder im Gazastreifen noch im Westjordanland.

Zu Beginn der Zweiten Intifada, auch „El Aksa Intifada“ genannt wegen falscher Gerüchte, dass „die Juden“ anstelle der Moscheen auf dem Tempelberg einen jüdischen Tempel errichten wollten, wurden die Dorfältesten in den arabischen Viertel in Jerusalem gewarnt: Sollte es zu Unruhen kommen, könnte Israel die Grenzen neu ziehen und die Viertel unter palästinensische Herrschaft stellen. Tatsächlich wurden die schlimmsten Anschläge der Vergangenheit, darunter Selbstmordattentate in Bussen und Restaurants in den meisten Fällen von Palästinensern verübt, die aus den palästinensisch autonomen Gebieten kamen, bis die „Mauer“ diesem Spuk ein weitgehendes Ende gesetzt hat.

Gleichwohl haben auch Palästinenser aus Jerusalem einige schlimme Massenmorde verübt. So gab es schon einmal einen schweren Anschlag in einer Jeschiwa, einer Talmudschule, am 6. März 2008. Dabei hatte ein einzelner Palästinenser acht Talmudschüler erschossen. Der Angreifer, Alaa Abu Dhein, 26, kam aus Dschabel Mukaber, dem gleichen Dorf wie die Terroristen in der Synagoge am Dienstag. Aus dem Viertel kam auch der Attentäter, der mit einem Bagger auf einen Bus losging, und jene, die Gasleitungen in einem benachbarten Viertel durchschnitten, um ganze Wohnhäuser mitsamt den Bewohner in die Luft fliegen zu lassen. Aus dem Dorf Silwan kamen die Attentäter, die 2002 in der Hebräischen ein Blutbad mit neun Toten und hundert Verletzten anrichteten.

Auch wenn sie das öffentlich nur selten eingestehen, wollen jedoch die Jerusalemer Araber unter keinen Umständen unter palästinensischer Herrschaft leben. Gleichzeitig kritisieren sie die israelische Politik und empfinden Hass auf die Juden. Das klingt wie ein Widerspruch. Doch das eigene Wohlergehen und die wirtschaftlichen Vorzüge sind für sie verlockender als ein Leben in der palästinensischen Kleptomanie.

Israels Außenminister Avigdor Liebermann hatte einen offenen Nerv der israelischen Araber getroffen, als er den juristisch und aus anderen Gründen unrealistischen Vorschlag gemacht hatte, ganze arabische Dörfer nahe der Grenze durch Verlegung der „Grünen Linie“, also der alten Grenzlinie zwischen Israel und Jordanien, so zu zeichnen, dass diese Ortschaften sich im palästinensischen Autonomiegebiet wiederfinden würden. Die Empörung der israelischen Araber war groß und zwang sie zu gewundenen Treuebekundungen zum jüdischen Staat Israel.

Für die Jerusalemer Araber gilt das umso mehr. Denn hier könnte Israel viele der arabischen Viertel und deren Bewohner relativ problemlos „ausbürgern“, ohne auf die riesigen, rund um die Stadt errichteten jüdischen Viertel in Ostjerusalem verzichten zu müssen.

 

 


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