ULRICH W. SAHM – Geklaute Musik, gestohlene Bilder und Affen im Wahlkampf

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Wahlen in Israel 2013, Länderberichte, Publikationen, Auslandsbüro ...Jerusalem, 17. Februar 2015 – Die fromme Schas-Partei ließ Linienbusse bekleben. Die fahren durch orthodoxe Viertel. „Ihr seid nicht durchsichtig“ heißt es da, gerichtet an unterrepräsentierte Wähler. Aber Witzbolde haben kreativ gekratzt. Mal wurde das „nicht“ gestrichen. Ein anderes Mal wurde der erste Buchstabe von „durchsichtig“ entfernt. Aus „schkufim“ wurde „Kofim“, oder übersetzt: „Ihr seid Affen“.

Problematischer ist die Begleitmusik zu den Propagandafilmchen der Likudpartei. Seit Tagen sorgen die für Schlagzeilen.

Fahnenschwenkende IS – Kämpfer halten neben einem zivilen Auto und fragen auf Hebräisch(!): „Mein Bruder, wo geht es hier nach Jerusalem?“ Der antwortet: „Bieg nach links ab.“ Der Toyota der Islamisten fährt weiter. An seinem Heck ist noch der hebräische Aufkleber „Nur nicht Bibi“ (Netanjahu) zu sehen, der Schlachtruf der linken Opposition. Im Film heißt es, dass die Wahl der Linksparteien einer Einladung des „Islamischen Staats“ nach Jerusalem gleichkomme.

Die palästinensischen Rapper „Torabyeh“ aus Jordaniens Hauptstadt Amman finden den Clip überhaupt nicht komisch. Denn die Szenen mit den IS-Kämpfern sind unterlegt mit dem Lied „Ghorbah“ (Exil) der Rapper-Band. Auf Facebook toben sie über die „nicht autorisierte künstlerische Kollaboration mit der zionistischen Wahlpropaganda.“ “Torabyeh verurteilt aufs Schärfste die rücksichtslose Verletzung intellektuellen Eigentums und die Verdrehung des Rufes von Torabyeh.“ Die Gruppe droht mit „rechtlichen Schritten gegen den zionistischen Feind “. Das meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan.

Eine Verletzung der Urheberrechte gab es offenbar auch bei einem weiteren Filmchen über den Zustand der offiziellen Residenz des Premierministers. Als Vorspann werden da Luftaufnahmen Jerusalems gezeigt. Doch die sind offensichtlich ohne Genehmigung einer sehr teuren Dokumentation von „National Geographic“ entnommen worden. Auch hier steht eine Klage wegen Copyright-Verletzung an.

Es hagelte Kritik auch aus anderen Gründen. Gezeigt wurden ein zerschlissener Teppich, Schimmel am Vorhang, kaputte Schlösser und Rost am Backofen. Ein ehemaliger Leiter des Personenschutzes im Ministerpräsidentenamt meinte, dass die Aufnahmen ein Verstoß gegen Sicherheitsmaßnahmen seien. Er weigerte sich jedoch zu erklären, wieso die gezeigten Sofas oder die ramponierten Küche potentiellen Attentätern als Tipps für ein Attentat dienen könnten.

Am Dienstag veröffentlichte der Staatskontrolleur einen Report zu übertriebenen Ausgaben des Premierministers in seinen Residenzen. Die Führung der „First Lady“ durch ihre Räumlichkeiten wurde nur einen Tag vorher veröffentlicht. Satiriker im Fernsehen meinten: „Bibi präsentiert sich als mittelloser Obdachloser, damit „Bouschi“ (Jitzhak Herzog) die Lust verliert, da einzuziehen.“

Anhand älterer Aufnahmen aus dem Wohnzimmer wollen findige Israelis bemerkt haben, dass da ein ganz anderer Teppich auf dem Boden lag. Könnte es sein, dass der ausgefranste Teppich gar nicht in der Residenz liegt? Das wäre Betrug am Wähler, doch ein Beweis dafür steht noch aus.

Originell oder eher seltsam ist auch ein Propagandafilm des „Zionistischen Lagers“, der linken ehemaligen Arbeitspartei. Der Parteivorsitzende Jitzhak Herzog sagt ein paar fromme Sprüche. Aber seine sanfte und wenig autoritative Stimme wurde synchronisiert mit der Stimme eines professionellen Nachrichtensprechers. Herzog fragt mit der geliehenen Stimme des Sprechers: „Könnte es sein, dass ich nur wegen meiner Stimme nicht gewählt werde?“

 

 

 

 

 


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