ULRICH W. SAHM – Erdrutschsieg für Netanjahu

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newnew99chart-635x357[1]Jerusalem, 18. März 2015  – Am Mittwochmorgen war nach Auszählung von 99% der echten Wählerstimmen klar, dass Premierminister Benjamin Netanjahu einen „Erdrutschsieg“ gewonnen hat. Mit 29 gegen nur 24 Mandaten hatte seine Likudpartei „haushoch“ mehr Stimmen errungen als das „Zionistische Lager“ unter Jitzhak Herzog. Israelische Kommentatoren redeten von einem „KO-Schlag“. Auch sonst haben sich die Parteien des „rechten Lagers“ besser durchgesetzt als Parteien des linken Blocks. Eine neue Kraft aber ohne echte Macht stellt die neue „Gemeinsame Liste“ der Araber mit 14 Mandaten. Die hatten sich schon vor den Wahlen einem Bündnis mit der „linken“ Meretzpartei ausgeschlossen und eine Kooperation mit den „rechten Faschisten“ – so Ahmad Tibi – empört ausgeschlossen.

Viele Fragen werden jetzt an die Umfrageinstitute gerichtet. Die haben sich allesamt mit ihren Prognosen und, schlimmer noch, bei ihren Hochrechnungen aufgrund von Parallelurnen nahe den Wahllokalen total geirrt. Camil Fuchs, Leiter eines sehr angesehenen Umfrageinstituts, sagte am Morgen danach, dass sich die politische Landschaft in Israel drastisch in der letzten Woche vor den Wahlen gewandelt habe. Das hätte niemand vorhersehen können. Als Grund wurde die „Blitzkampagne“ Netanjahus genannt, der plötzlich „aufwachte“, und ein Interview nach dem anderen gegeben hatte, während er zuvor fast eisern geschwiegen hatte, vor allem in den israelischen Medien. In letzter Minute hatten die Rechten eine große Solidaritätsdemonstration in Tel Aviv organisiert, bei der Netanjahu „fast in Panik“ vor einem Sieg der Linken gewarnt habe. Das habe die rechten Wähler aufgerüttelt und an die Urnen gezogen.

Netanjahu hat schon früh am Morgen angekündigt, „umgehend und in großer Eile“ eine neue Regierung zusammenstellen zu wollen, nachdem er in der Nacht mit vielen Parteichefs telefoniert und sie aufgerufen hat, sich ihm anzuschließen.

Jitzhak Herzog sagte am Morgen danach vor seiner Wohnung, dass er mit Netanjahu telefoniert und ihm zu seinem Erfolg gratuliert habe. Die Probleme seien die alten geblieben und Israel benötige eine „alternative Stimme“. Das „Zionistische Lager“ werde weiter für seine Standpunkte kämpfen, sagte der große Verlierer dieser Wahlen und verweigerte den fragenden Journalisten eine Antwort auf die Frage, ob er weiterhin seine Partei anführen werde.

Eine Analyse von Ergebnissen in einzelnen Städten wie Kirjat Ono, Ramat Gan oder Beer Schewa zeigt, dass Jair Lapid mit seiner Partei „Es gibt eine Zukunft“ stark eingebrochen ist. Seine Wähler scheinen ihre Stimme vor allem dem Likud gegeben zu haben.

Angesichts des endgültigen Wahlergebnisses wird Staatspräsident Reuven Rivlin keine Wahl haben. Bei einem so klaren Vorsprung wird er Netanjahu den Zuschlag geben müssen zur Regierungsbildung. In der Nacht gingen noch Gerüchte um, dass Rivlin bei Stimmengleichheit die Chefs der beiden großen Parteien zur Bildung einer Großen Koalition drängen wolle. Doch das scheint jetzt nicht mehr aktuell sein.

 


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