Seit Mitte September hat sich die Sicherheitslage in Israel und dem Westjordanland massiv verschlechtert. Aus den anfänglichen Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und bewaffneten palästinensischen Demonstranten auf demTempelberg in Jerusalem hat sich mittlerweile eine Terrorwelle gegen israelische Zivilisten im gesamten Land entwickelt. Bei über 40 Messerattacken und Steinwurfangriffen sind seit Anfang Oktober in Jerusalem, Tel Aviv und weiteren Städten vier Israelis getötet und viele mehr teils schwer verletzt worden. Drei palästinensische Angreifer wurden von Sicherheitskräften erschossen. Auch kam es zu Angriffen durch Israelis auf Araber, bei denen vier Menschen verletzt wurden. Während die israelische Regierung keine 3. Intifada befürchtet und die Situation als kontrollierbar bezeichnet, fürchten israelische Analysten, dass dies erst der Beginn einer sich noch ausweitenden Terrorwelle ist. Wie konnte es zu dieser unvermittelten Eskalation kommen, und wie reagieren die Regierungen in Jerusalem und Ramallah?
Der Auslöser
- Am 8. September 2015 erließ der israelische Verteidigungsminister Mosche Ya’alon ein Zutrittsverbot zum Tempelberg für islamistische Gruppen, deren Mitglieder nicht-muslimische Besucher regelmäßig beschimpft, bespuckt und tätlich angegriffen hatten. Daraufhin kam es zu kleineren Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischen Randalierern.
- Erklärtes Ziel der islamistischen Gruppen ist es, Nicht-Muslimen den Zutritt zum Tempelberg dauerhaft zu verwehren.
- Die zur Sicherung des Tempelbergs am jüdischen Neujahrsfest Rosch haSchana abgestellten israelischen Grenzsoldaten wurden seit dem 13. September 2015 zu Beginn der Besuchszeiten für Nicht-Muslime von palästinensischen Randalierern mit Steinen und Rohrbomben angegriffen; bei den mehrere Tage lang anhaltenden Auseinandersetzungen wurden sowohl zahlreiche Palästinenser als auch israelische Grenzpolizisten verletzt.
- Israelische Grenzpolizisten fanden bei einer Durchsuchung in der al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg Brandbomben, Rohrbomben und Schusswaffensowie entsprechende Munition.
Ramallahs Reaktionen
- Anheizen:In einer im öffentlichen palästinensischen Fernsehen übertragenen Rede erklärte Präsident Machmud Abbas am 16. September 2015: „Wirbegrüßen jeden für Jerusalem vergossenen Tropfen Blut; dies ist sauberes, pures Blut…“ und „Die al-Aksa-Moschee und die Grabeskirche gehören uns, und sie [die Juden] habenkein Recht, sie mit ihren dreckigen Füßen zu entweihen.“ Statt die Ermordung der vier Israelis durch palästinensische Terroristen Anfang Oktober zu verurteilen, verurteilte Präsident Abbas Israel für die Erschießung eben jener Täter durch israelische Sicherheitskräfte an.
- Deeskalation:Trotz dieser Rhetorik hat Präsident Abbas seine Sicherheitskräfte angewiesen, gegen potentielle Terroristen durchzugreifen und die Situation so zu beruhigen.
Jerusalems Reaktionen
- Deeskalation:Der israelische Verteidigungsminister Mosche Ya’alon schloss eine großangelegte Militäraktion gegen palästinensische Terrorstrukturen aus und betonte, dass die israelischen Sicherheitskräfte auf begrenzte Einsätze beschränken werden. Premierminister Netanyahu hat zudem den Ausbau von Siedlungen im Westjordanland gestoppt und strebt eine Regierung der nationalen Einheit mit der Zionistischen Union an.
- Status Quo:Die israelische Regierung, u.a. Premierminister Benjamin Netanjahu, betonte vor Ausbruch der Gewalt und tut dies weiterhin, dass der Status Quo auf dem Tempelberg von israelischer Seite nicht verändert wird. Der StatusQuo besteht im Betverbot für jüdische Besucher des Tempelbergs und der religiösen sowie administrativen Kontrolle des Tempelbergs durch die muslimische „Wakf“-Behörde, die aus Jordanien gelenkt wird.
- Besuchsverbot:Premier Netanyahu sprach ein Besuchsverbot des Tempelbergs für israelische Minister aus, um die Situation nicht weiter anzuheizen.
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