Jerusalem, 9. November 2015 – Rasha Awissi, 23, aus Kalkilja lief am Montagmorgen zu Fuß auf den Elijahu Checkpoint an der 55-Schnellstraße zwischen Nablus und Kalkilja zu. Die Soldaten am Grenzübergang nach Israel hielten die junge Frau für „verdächtig“. Sie riefen ihr zu, anzuhalten, doch sie lief unbekümmert weiter. Die Soldaten schossen in die Luft. Die Frau lief weiter. Als sie schließlich ein Messer zückte und weiter auf die Soldaten zulief, schossen sie scharf. Die Frau wurde getötet.
In ihrer Tasche entdeckten die Soldaten später einen Abschiedsbrief, handgeschrieben auf Arabisch.
“Ich beende meinen Weg. Ich tue das bei vollem Bewusstsein, in Verteidigung meines Heimatlandes für die jungen Männer und Frauen (meines Volkes)“ Weiter schrieb sie: „Ich kann es nicht länger aushalten, das zu sehen. Es ist zu viel für mich.“ Schließlich bat sie noch um Vergebung durch ihre Mutter und Brüder, sowie ihres Verlobten.
Die israelische Terrorismusforscherin und heutige Likudabgeordnete Anat Barko hatte in israelischen Gefängnissen während der 2. Intifada mehrere junge palästinensische Frauen befragt, um ihre (wahren) Motive für geplante Terroranschläge zu erfahren. Anders als bei jungen Männern hätten die Frauen meist persönliche Motive angegeben, darunter enttäuschte Liebe oder weil sie „Schande“ über ihre Familie gebracht hätten. Durch einen Terroranschlag, bei dem sie möglichst Juden umbringen, wollten sie die „Schande“ – etwa eine unerlaubte Schwangerschaft vor der Ehe – überwinden und sich als Märtyrerin von der palästinensischen Gesellschaft feiern lassen.
Ein berühmter Fall ist Ayat al Atras aus dem Flüchtlingslager Dehaische bei Bethlehem. Sie sprengte sich vor einem Supermarkt im Viertel Kirjat Jovel im März 2002 in die Luft, tötete zwei Israelis und verletzte weitere 28. Wie sich herausstellte, hatte es die 18-jährige zu intim mit ihren Freunden getrieben und dabei auch ihre Jungfräulichkeit verloren. Sie rehabilitierte sich mit dem Sprengstoffattentat. Heute wird sie als „Schahida“ (Märtyrerin) verehrt. Ihr Portrait mitsamt Pistole und „Arafattuch“ schmückt überlebensgroß eine Brücke vor dem Eingang einer großen UNO-Mädchenschule in dem Flüchtlingslager.
- Hier ist der Abschiedsbrief abgebildet:
http://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Stabbing-attack-thwarted-at-West-Bank-crossing-432457
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