Jerusalem, Mittwoch, 17.04.2016 – „Mama mia“ titelte die israelische Zeitung Jerusalem Post über einem Bericht zu der jüngsten palästinensischen Aufregung. PLO-General-Sekretär Saeb Erekat schrieb von einer „Diskriminierung und schweren Attacke gegen unsere Nation“.
Den Affront hatten sich die Veranstalter des Eurovision Song Contest in Stockholm geleistet. Sie veröffentlichten eine Liste von Flaggen aus umstrittenen Territorien, die im Saal des Gesangswettbewerbs nicht geschwenkt werden dürfen: Flaggen von Nordzypern, Nagorn-Karabach, dem Baskenland und Palästina. Es dürften nur Flaggen von UNO-Mitgliedern gezeigt werden. Die Regenbogenfahne der Schwulen werde „toleriert“, solange sie nicht für politische Zwecke missbraucht werde. Verboten seien Banner mit nicht-englischer Aufschrift und Flaggen mit kommerzieller Reklame. Ein ausdrückliches „Verbot“ galt der Flagge vom IS, der übrigens einen Terroranschlag auf den Songcontest plant. Die Fans wurden aufgefordert, den unpolitischen Charakter des Gesangswettbewerbs zu respektieren.
Das Verbot die palästinensische Flagge zu zeigen, löste Unmut in Ramallah aus, wie die Nachrichtenagentur Maan berichtet. Deswegen griff sogleich Erekat zur Feder, „indigniert und empört“, um den Schweden die Leviten zu lesen. Schließlich sei doch Palästina ein Land, das von 138 Ländern der Welt schon anerkannt worden sei (obgleich der Staat Palästina de facto vor Ort noch gar nicht existiert). Palästina habe bei der UNO einen Beobachterstatus. Deswegen gehe es nicht an, dass die schwedischen Veranstalter des internationalen Gesangswettbewerbs ausdrücklich die palästinensische Flagge diskriminieren. „Ihr Beschluss ist total einseitig und nicht akzeptabel. Wir erwarten von Ihnen, sofort diesen beschämenden Beschluss zurück zu nehmen“, schrieb Erekat und forderte eine „Entschuldigung“ speziell an die Palästinenser und die „Millionen Palästinenser rund um den Erdball“.
Erekat fügte hinzu, dass die palästinensische Flagge dank diplomatischer Vertretungen in allen europäischen Ländern gehisst worden sei, darunter in der Schweiz, dem Sitz der „European Broadcasting Union“ (EBU). Schweden, wo der Wettbewerb in diesem Jahr ausgetragen wird, habe „Palästina“ als erstes europäisches Land anerkannt, hält Erekat den Veranstaltern vor. Während noch nie ein Palästinenser an dem Wettbewerb teilgenommen hat, war Israel seit 1973 von 38 Mal dabei. Israel ist kein europäisches Land, gleichwohl aber Mitglied bei der EBU. Tatsächlich hat Israel nicht nur teilgenommen, sondern mehrfach gesiegt und die „Eurovision“ einmal in Jerusalem austragen dürfen!
Wohl eingeschüchtert durch diese Proteste aus dem Nahen Osten hat EBU Präsident Jean-Paul Philippot inzwischen auf den Brief von Erekat reagiert. Das Verbot der Flaggen sei auf der Webseite der EBU am Freitag „irrtümlich“ veröffentlicht worden, behauptete ein Sprecher. (http://www.middleeasteye.net/news/palestinian-islamic-state-flags-banned-eurovision-song-contest-528357162)
Wie Middle East Eye berichtet, sei nach Angaben eines Sprechers der “muskalischen Extravaganza” das Papier mit der „Flaggenpolitik“ gar nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen. Es sei „nicht gegen spezifische Territorien oder Organisationen gerichtet gewesen, und habe sie auch nicht miteinander vergleichen wollen.“
Israel läßt sich in diesem Jahr durch den Sänger Hovi Star vertreten. Dem wurde kürzlich bei der versuchten Einreise nach Russland von den Grenzbeamten der Pass zerrissen, weil er sich offen dazu bekannte, schwul zu sein.
Ein weiterer Israeli, Amir Haddad, wird in Stockholm auftreten, aber Frankreich vertreten.
Aus dem israelischen Ministerpräsidentenamt liegt noch keine offizielle Stellungnahme zu dem schwedisch-palästinensischen Flaggenstreit vor.
Neben den Palästinensern haben übrigens auch die Spanier Krach geschlagen, wegen des „Verbots“, die Flagge des Baskenlandes zu schwenken.
Rumänien wurde derweil von dem diesjährigen Song-Kontest ausgeschlossen, wegen ausstehenden Schulden in Höhe von 16 Millionen Euro.
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