Jerusalem, 9. Juni 2016 – Der Hamas-Sprecher im Gazastreifen Hussan Badran erklärte, dass der Anschlag in Tel Aviv Israels „erste Überraschung beim Ramadan“ sei. Die Attentäter, Mussa und Khaled Machmara, seien Mitglieder der Hamasorganisation. Israels Verteidigungsminister Lieberman sei es „nicht gelungen, den Widerstand der Palästinenser zu brechen“.
An dem von der Jerusalemer Stadtverwaltung aus Anlass des Ramadan-Monats festlich beleuchteten Damaskustor versammelten sich in der Nacht Palästinenser, um Süßigkeiten an Passanten zu verteilen. Ähnliche Szenen wurden aus Gaza und Tulkarem gemeldet. In Hebron gab es aus Anlass des tödlichen Anschlags in Tel Aviv Feuerwerk.
Die israelische Armee umstellte die Häuser der Attentäter in einem Dorf bei Jatta. Familienangehörige der 21 Jahre alten Cousins wurden verhört. Das berichteten Augenzeugen aus Jatta bei Hebron. Mehrere Verdächtige, den Attentätern geholfen zu haben, wurden in der Nacht verhaftet.
Militärkorrespondenten berichten, dass der Sicherheitszaun im Süden des Westjordanlandes „viele Löcher“ aufweise. Doch müsse noch geprüft werden, auf welchem Weg die beiden Cousins nach Israel gewechselt seien. Israelische Sprecher bezeichneten die Attentäter als „illegale Eindringlinge“. Sie hätten jedoch keine „kriminelle Vergangenheit“ und seien den Sicherheitskräften bisher nicht wegen „Sicherheitsverstößen“ aufgefallen.
Bei einer nächtlichen Sicherheitssitzung mit Beteiligung des kurz zuvor aus Moskau zurückgekehrten Premierministers Netanjahu, Verteidigungsministers Liberman sowie Spitzen von Geheimdienst und Militär, wurden Erleichterungen für Palästinenser aus den besetzten Gebieten „eingefroren“. Der Verteidigungsminister hatte wegen des Ramadan-Fastenmonats erhebliche Reiseerleichterungen für Moslems beschlossen, damit sie ungehindert zu Verwandten in Israel und zum Gebet auf dem Jerusalemer Tempelberg reisen könnten. Es seien 204 Einreisegenehmigung für Familienangehörige der Attentäter und weitere 83.000 Genehmigungen für Moslems für ungültig erklärt worden.
Der Terroranschlag habe die Lage wieder grundlegend geändert. Die verantwortlichen Israelis hatten in den vergangenen Wochen ein spürbares Nachlassen der „Gewaltwelle“ registriert. In den meisten Fällen hätten einzelne Palästinenser, darunter Jugendliche, wegen Streit in der Familie, wegen Familienschande, Schulden oder anderen gesellschaftlichen Problemen zum Messer, einer Schere oder zu einem Schraubenzieher gegriffen. Sie seien losgezogen, „Juden abzustechen“ und hätten gleichzeitig „Selbstmord durch israelische Sicherheitsleute“ in Kauf genommen.
Der Anschlag in Tel Aviv habe sich von den typischen Attacken der letzten Wochen unterschieden. Es waren zwei Täter, die offensichtlich eine terroristische Infrastruktur nutzen konnten. Sie hätten sich im Westjordanland hergestellte Waffen besorgt und wurden in deren Verwendung eingewiesen. Jemand muss sie durch die Sicherheitskontrollen an der Grenze zu Israel geschleust haben und zu dem wichtigsten Vergnügungszentrum in Tel Aviv gefahren haben. Viele Details sind am Morgen nach dem Anschlag noch unbekannt. Der Geheimdienst wird sie aufklären müssen, was vermutlich Unannehmlichkeiten („Schikanen“) für die Menschen im Westjordanland nach sich ziehen dürfe.
Der Bürgermeister von Tel Aviv, Ron Huldai, rief zu einer schnellen Rückkehr zur „Normalität“ auf. Bürger forderten mehr Polizeipräsenz im Sarona Park, bei dem der Anschlag im Max-Brenner-Restaurant seinen Ausgang genommen hat. Das Sarona-Zentrum mit zahlreichen Restaurants und Marktständen werde nach Angaben seines Direktors täglich von 80.000 Menschen besucht. Doch die Eingänge seien gut bewacht durch „professionelle Sicherheitsleute“. In Interviews erklärte er, dass die Terroristen mutmaßlich die Wachmänner bemerkt hätten und deshalb nicht in den Sarona-Markt eingedrungen seien. Das hätte zu erheblich mehr Toten und Verletzten geführt. Die Attentäter hätten sich deshalb in eines der Restaurants am äußeren Rand, zur Straße hin, begeben. Um nicht aufzufallen, seien sie „vornehm gekleidet“ gewesen, wie „Geschäftsleute“ mit dunklen Anzügen und Schlips. Sie hätten im Max Brenner Restaurant einen Dessert bestellt, ehe sie auf die feiernden Menschen in dem Lokal geschossen haben. Aufnahmen von Sicherheitskameras haben den Augenblick festgehalten. Zu sehen sind Menschen, die in Panik das Restaurant verlassen, während die Cousins um sich schießen. Bei einem habe das Gewehr schließlich gesperrt, woraufhin er es wütend auf den Boden warf, ehe er flüchtete. Der bewaffnete Terrorist habe sich danach einen Feuerwechsel mit Wachmännern des israelischen Rundfunks erlaubt, bis einer der Sicherheitsleute ihn erschossen habe. Der zweite Attentäter sei in Richtung der Cinemathek geflohen, wo Polizisten ihn mit Schüssen verletzten und „neutralisieren“ konnten. Während der ganzen Nacht sei er verhört worden, während die Ärzte im Ichilow-Hospital ihn behandelten.
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