Seit Wochen gibt es kaum noch ein anderes Thema, als die so genannte „Annexion“. Und jeder scheint genau zu wissen, was dies angeblich bedeutet, genau wie fast jeder eine sehr dezidierte Meinung zu dem Thema hat. Alle anderen Themen, geraten dabei nahezu völlig in Vergessenheit. Zu sehr ist man damit beschäftigt sich „Sanktionen“, „Strafmaßnahmen“ und anderes gegen Israel einfallen zu lassen. Hier ein paar Gedanken dazu und wie wir mit den Vereinen Honestly Concerned und ILI mit dem Thema umgehen.
Dies vorab: Israel ist eine Demokratie und ein funktionierender Rechtsstaat. Unsere Solidarität gilt den Menschen und dem Staat unabhängig davon, welche Regierung gerade an der Macht ist. Wir sind fest davon überzeugt, dass niemand besser weiß, was richtig für das Land ist, als die Israelis selber. Genauso sind wir überzeugt davon, dass die Israelische Bevölkerung genau weiß, wie man sich in diesem demokratischen Staat mit funktionierendem Rechtssystem Gehör verschaffen kann. Darüber hinaus, sind wir fest davon überzeugt, dass die Israelis friedliebende Menschen sind, die nichts mehr wollen, als mit allen ihren Nachbarn in Frieden zu leben. Die Meinungen darüber, wie man diesen Frieden langfristig erreichen kann, gehen – wie in jeder Demokratie – weit auseinander, ändern aber prinzipiell nichts an dem Fakt, dass für die breite Mehrheit Frieden das Ziel ist und man hierfür bereits viele Kompromisse im Rahmen von Verhandlungen gemacht hat (egal welche Regierung an der Macht war). Sicher sind die Israelis nicht unfehlbar und haben in den letzten 72 Jahren auch Fehler gemacht, doch sind sie bei allem eine rechtsstaatliche, extrem lebendige Demokratie geblieben, womit wir zum Thema „Annexion“ kommen.
In Israel selber gehen die Meinungen bezüglich der so genannten „Besetzen Gebiete“ weit auseinander. Schon allein bei der Definition dieser „umstrittenen Gebiete“, gibt es große Differenzen, wobei es darauf an dieser Stelle nicht ankommt. Wichtig zu erwähnen ist nur, dass es niemals einen Staat „Palästina“ gab, der hier irgendwelche Gebietsansprüche gelten machen könnte. Außerdem sollte sich jeder erinnern, dass Israel unilateral Gaza komplett verlassen hat, was zur Folge hatte, dass Israel seither tagtäglich mit von dort abgehenden Raketenangriffen und Terror zu tun hat. Auch ist wichtig zu betonen, dass Israel keinen Verhandlungspartner hat, wenn es um Teile des Westjordanlands, oder um Gaza geht. Dies ist wohlgemerkt ein entscheidender Unterschied zu den „Land-für-Frieden“-Friedensverträgen, die Israel mit Ägypten und Jordanien schließen konnte. Da gab es verlässliche Partner auf beiden Seiten, mit denen Grenzen und weitere Themen geregelt werden konnten. Auf Seiten der „Palästinenser“ gibt es dies aus mehreren Gründen nicht.
Da es nie zuvor einen Staat Palästina gab, gibt es auch keine Gebietsansprüche, die von einer Palästinensischen Regierung geltend gemacht werden könnten. Es gab eine ehemalige Terrororganisation, die PLO, aus der die Palästinensische Autonomiebehörde im Rahmen von Verhandlungen (!) hervorgegangen ist. Doch da sind wir bereits bei den nächsten – all zu oft vergessenen – Problemen: Das letzte Mal, dass es Wahlen bei dieser „Autonomiebehörde“ gab, war 2005, was bedeutet, dass die also vor 15 Jahren für 4 Jahren gewählte Behörde eigentlich schon lange keine Berechtigung mehr hat im Namen der „Palästinenser“, also der Araber, die im Mandatsgebiet zur Zeiten der Gründung des Staates Israels, oder in Gebieten, die Israel im Rahmen des 6-Tagekrieges eroberte, lebten, zu verhandeln. Dazu kommt, dass die eben besagte Autonomiebehörde sämtliche vorangegangenen Abkommen – egal ob Oslo, oder welche auch immer – bereits mehrfach, zuletzt vor einigen Wochen – aufgekündigt hat und somit auch deren Existenzberechtigung hinfällig geworden ist. Dies hat aber in der Praxis noch weiter reichendere Folgen.
Wenn es keinen Gesprächs- oder Verhandlungspartner gibt, ist man gezwungen alleine Entscheidungen zu treffen. So war Israel gezwungen Verteidigungsmaßnahmen gegen die fortwährenden Mord- und Terroranschläge zu unternehmen, was dazu führte, dass der Sicherheitszaun gebaut wurde, der seither erfolgreich zu einer Verringerung des Terrorismus von rund 96% geführt hat; (ein Sicherheitszaun, der wohlgemerkt mehrfach in den letzten Jahren aufgrund von Gerichtsentscheidungen „verschoben“ wurde, und der auch im Rahmen von Friedensverhandlungen jederzeit weichen, oder versetzt werden kann). Doch hat diese Maßnahme nicht alle Probleme gelöst, weshalb es so wichtig gewesen wäre einen Gesprächspartner auf der anderen Seite zu haben.
Verschiedene Staaten haben sich als Vermittler bemüht, doch ist es keinem gelungen, die Palästinenser zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Und während die Amerikaner den finanziellen Druck erhöhten, um so ein Einlenken im Sinne von Verhandlungen zu bewirken, wurden diese Maßnahmen leider von anderen Staaten konterkariert, die ihrerseits die Zahlungen erhöhten, was wiederum auch zur Folge hatte, dass die Terroristen- und „Märtyrer“-gehälter nicht nur nicht eingestellt, sondern gar ausgeweitet wurden. Ähnlich verhält es sich bislang, mit dem von den Amerikanern vorgelegten Friedensplan, der die Grundlagen für die Gründung eines friedlichen zusammenhängenden Staates „Palästina“, Seite an Seite mit einem jüdischen Staat Israel, beinhaltet, genauere Details dessen, sicher im Rahmen von Verhandlungen hätten „ausgebügelt“ werden können. Doch auch dieser Plan wurde nicht nur abgelehnt, sondern hatte mehr Gewalt und Terror zur Folge.
Wo genau lässt dies Israel? Was Entscheidungen betrifft, ist klar, dass man auf sich alleine gestellt ist. So ist der Israelische Staat in den letzten Jahren gediehen und zu einem bemerkenswerten modernen und wunderschönen Fleckchen Land geworden, dass vor Innovation, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Errungenschaften und mehr sprießt, und dem es auch gelungen ist mit vielen Arabischen Staaten bezeichnende Fortschritte in der Zusammenarbeit zu machen. Und während die vorangegangenen Abkommen zwischen Israelis und „Palästinensern“ immer gewisse Gebietsaufteilungen und auch einen Tausch von Gebieten vorsah, ähnlich wie im aktuellen US-Plan erkannt, war auch hier Israel auf sich alleine gestellt.
So gab es in den letzten Jahren immer wieder Schlagzeilen über mutmaßliche Ausbauten von „Siedlungen“ und dergleichen, wo niemand zu unterscheiden wusste, zwischen den im Rahmen von Oslo-II (1995) festgelegten Gebietsaufteilungen des Westjordanlands (A, B und C), die ausdrücklich zwischen Zonen unter palästinensischer und israelischer Kontrolle unterschieden haben und was in den jeweiligen „Zonen“ wie geregelt und vorgesehen wurde. Statt dessen wurde und wird heute immer wieder über „völkerrechtswidrig“ oder „illegale Besatzung“ diskutiert, was so faktisch einfach nicht richtig ist. Und während man das Wort „Stillstand“ in Israel, wo ständig überall gebaut, modernisiert und entwickelt wird, gab es bei den Palästinensern wenig oder gar keine Fortschritte – abgesehen von Korruption, Terrorismus und fortwährender Blockade sämtlicher Friedensbemühungen. Diese Fortschritte erstreckten sich auch auf Gebiete des Westjordanlands unter israelischer Kontrolle, was Israel zu dem Punkt brachte festzustellen, dass Städte wie Maale Adumim, zum Beispiel, schon lange Teil von Israel sind und man hier schon lange nicht mehr von „Siedlungen“ sprechen kann. Es handelt sich hier vor allem, um die Gebiete die immer im Rahmen eines Gebietstausches unter Israelischer Hoheit bleiben sollten.
Nun kann man zu recht darüber diskutieren, ob man gerade jetzt und in welcher Form über eine „Annektion“ dieser einzelnen Städte sprechen muss und ob dies gegenüber der Weltgemeinschaft geschickt ist. Auch muss man hinterfragen, was diese „Annexion“ eigentlich bedeutet und in wie weit diese am jetzigen Status Quo etwas de facto ändern würde.
In der Realität geht es darum Israelisches Recht auf diese Teile des Westjordanlands offiziell auszuweiten. Es bedeutet nicht, dass man im Rahmen von Verhandlungen hier nicht später zu anderen Lösungen kommen könnte. Auch ist zu betonen, dass es ausdrücklich nicht darum geht das gesamte Westjordanland zu „beschlagnahmen“, was von einigen gemutmaßt wird. Auch ist an diesem Schritt nichts „völkerrechtswidrig“, da es keine rechtlichen Ansprüche von Seiten der „Palästinenser“ auf diese Gebiete gibt und Israel letztendlich im Rahmen von vorangegangenen Abkommen handelt. So lässt sich ein solcher Schritt zweifellos rechtlich und argumentativ verteidigen. Und doch ist die Frage des „Warum“ und „muß das jetzt sein“ nachvollziehbar und macht den Kampf für die Freunde Israels im Ausland nicht leichter.
Israel hat so viele Fortschritte in Bezug auf nachbarschaftliche Beziehungen und im Ausbau der Kooperation mit so vielen Staaten in Europa und weltweit gemacht, dass man hinterfragen kann, ob sich das Risiko von Überreaktionen von Dritten zum jetzigen Zeitpunkt lohnt. Selten wird so heiß gegessen, wie vorab gekocht wird und so muss man nicht ultimativ davon ausgehen, dass jede Drohung von „Strafaktionen“ umgesetzt wird. Doch wird Israels Feinden hier Futter geliefert und eine potentielle Anerkennung eines Palästinensischen Staates in den Waffenstillstandslinien von 1967 (der „Grünen Linie“) von allein 14 Europäischen Staaten, wie derzeit angedroht wird, könnte langfristig folgenreich sein. So kann man fragen, ob die Risiken der aktuellen Diskussion, die möglichen negativen Folgen wert sind, auch wenn der Schritt rechtlich und auch sonst, wie beschrieben nachvollziehbar und aufgrund der Palästinensischen Friedensverweigerung nachvollziehbar ist. Doch auch hierüber müssen letztendlich die Israelis entscheiden. Was für uns allerdings entscheidend ist, ist dass keine Verurteilungen aufgrund geschichtlicher oder faktischer Fehler stattfinden und dass – egal wie man über das Thema denkt – wahrheitsgemäß berichtet wird, zumal immer wieder darauf hingewiesen werden muss, dass noch lange nicht feststeht, was die derzeitige Israelische Regierung zu diesem Thema letztendlich wirklich unternehmen wird. Noch ist alles offen! In diesem Sinne, kann man diskutieren, Bedenken und Sorgen äußern, usw., doch wenn man von „Strafen“ sprechen will und man drohen will, dann sollte man sich dabei an die Seite halten, die für die derzeitige Situation tatsächlich verantwortlich ist, und das sind nicht die Israelis!
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