Der Katechismus der Deutschen – Die Erinnerung an den Holocaust als Zivilisationsbruch ist für viele das moralische Fundament der Bundesrepublik. Diesen mit anderen Genoziden zu vergleichen, gilt ihnen daher als eine Häresie, als Abfall vom rechten Glauben. Es ist an der Zeit, diesen Katechismus aufzugeben. | Geschichte der Gegenwart
Die hitzigen Debatten über Achille Mbembes angeblichen Antisemitismus, über Michael Rothbergs Buch Multidirektionale Erinnerung oder auch Jürgen Zimmerers Von Windhuk nach Auschwitz?, lassen einen als Beobachter aus der Ferne ratlos zurück. Denn die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Kolonialismus des Deutschen Reichs und dem Vernichtungskrieg der Nazis wird außerhalb Deutschlands schon seit zwei Jahrzehnten unaufgeregt verhandelt. Bereits 2003 haben Rothberg und Zimmerer in Sydney an einer von mir organisierten Konferenz mit dem Titel „Genocide and Colonialism“ teilgenommen. Im darauffolgenden Jahr hat Zimmerer einen seiner vielen Aufsätze zur Verbindung von Kolonialismus und Holocaust in einem von mir herausgegebenen Sammelband veröffentlicht. Wenige Jahre später hatte sich unter vielen Wissenschaftler:innen die Annahme etabliert, dass wesentliche Aspekte des NS-Regimes und des Holocaust durch deren Beziehung zum imperialistischen Kolonialismus überhaupt erst erfassbar werden.
Hinterlasse eine Antwort
Sie müssen... (sein)angemeldet sein um einen Kommentar zu schreiben.