„Die Documenta war keine Überraschung. Die deutsche Meinung gegenüber Israel ist negativ“ – Wenn es um Israel oder ums Gedenken an den Holocaust gehe, hätten die Deutschen nur leere Worte parat, sagt der Historiker Michael Wolffsohn im Gespräch. | Neue Zürcher Zeitung
Herr Wolffsohn, drei Ereignisse der letzten Monate haben einen befremdlichen Umgang Deutschlands mit dem Judentum und Israel gezeigt: Da ist der Palästinenserchef Abbas, der im Bundeskanzleramt von «fünfzig Holocausts» seitens Israel gegenüber den Palästinensern sprach, ohne ein Widerwort von Olaf Scholz. Dann die Documenta, die zum Anlass einer Debatte über Antisemitismus in Deutschland wurde. Und schliesslich eine Demo in Berlin, bei der eine Palästinensergruppe wieder einmal «Tod den Juden» skandierte, ohne dass die Polizei eingeschritten ist. Was stimmt mit Deutschland nicht?
Letzteres deutet darauf hin, dass die deutsche Demokratie nicht mehr wehrhaft ist. Es hat sich als Abgrenzung zum «Dritten Reich» und zum DDR-Unrechtsstaat ein Staatsverständnis entwickelt, das ausgesprochen zurückhaltend ist, was im Grunde absolut zu begrüssen ist. Alles, was die staatlich exekutiven Instrumentarien betrifft, ist in Deutschland in der Defensive. Hinzu kommt dann der Schub der 1968er als Antithese zu der kollektivistisch unterdrückerischen Staatsphilosophie und Praxis. Das sind die historischen Voraussetzungen für das Wegschauen, die Passivität des Staates.
Letzteres deutet darauf hin, dass die deutsche Demokratie nicht mehr wehrhaft ist. Es hat sich als Abgrenzung zum «Dritten Reich» und zum DDR-Unrechtsstaat ein Staatsverständnis entwickelt, das ausgesprochen zurückhaltend ist, was im Grunde absolut zu begrüssen ist. Alles, was die staatlich exekutiven Instrumentarien betrifft, ist in Deutschland in der Defensive. Hinzu kommt dann der Schub der 1968er als Antithese zu der kollektivistisch unterdrückerischen Staatsphilosophie und Praxis. Das sind die historischen Voraussetzungen für das Wegschauen, die Passivität des Staates.
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