Verstehen, wie die Netzwerke der Rechtsextremen ineinandergreifen – Anetta Kahane schaut auf den Prozess gegen den Attentäter von Halle. Und berichtet von antisemitischen Mails in ihrem eigenen Postfach. | Berliner Zeitung
Berlin – Er wollte ein Blutbad in der Synagoge von Halle anrichten, dieser kleine Nazi und Wichtigtuer. Er wollte von der globalen Szene bewundert werden für die Zahl der Toten, die er zu erschießen entschlossen war. Er wollte Juden umbringen, die zählen doppelt, weil sie an der Spitze des vermeintlich Bösen in der Welt stehen. Er wollte so berühmt und gefeiert werden wie der Mörder von Christchurch in Neuseeland, der 51 Muslime ermordet hat. Aber Mist, das mit der Synagoge in Halle hat nicht geklappt. Der Nazi kam nicht rein. Die Tür war zu. Damit überhaupt eine Nachricht aus seiner Aktion wird, hat er dann zwei andere Menschen erschossen. Jetzt steht er vor Gericht, und da hat er nun ein Publikum. Kläger, Nebenkläger, Staatsanwaltschaft, Gericht und viele Zuschauer nehmen ernst, was er getan hat. Und er, der kleine Versager, sitzt da und grinst. Er redet stundenlang seine Nazisprüche rauf und runter, nur unterbrochen von den Fragen der Richterin. Noch erschreckt ihn der Prozess nicht, nicht die Konsequenzen, falls er schuldig gesprochen wird. Noch sieht er sich auf der Bühne, auf der er seinem Versagen im Leben im Nachhinein noch einen Sinn abringen will.
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