Jerusalem, 2. September 2015 – Israels Staatspräsident Reuven Rivlin fliegt am Mittwoch nach Rom und wird am Donnerstag Papst Franziskus die Aufwartung machen. Ungewöhnlich ist, dass Rivlin knapp eine Woche nach Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Italien besucht. Das wird in Israel als Zeichen gewertet, dass Italien einer der „besten Freunde“ Israels in Europa sei.
Rivlin sollte eigentlich den Papst schon im vergangenen Mai besuchen. Doch die Visite musste verschoben werden, weil der Staatspräsident damals die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung nach den Parlamentswahlen begleiten musste.
Rivlin wird den Papst mit einer langen Liste aktueller Themen konfrontieren. Da wären erst mal die Anschläge extremistischer Juden auf christliche Stätten und Geistliche in Israel. Schlagzeilen hatte der Brandanschlag auf das Brotvermehrungskloster in Tabgha am See Genezareth gemacht, eine der heiligsten Stätten des Christentums. Rivlin hatte dieser Tage das Benediktinerkloster besucht und zu Toleranz unter den Religionsgemeinschaften aufgerufen. Die Täter wurden überraschend schnell von der Polizei aufgedeckt und festgenommen. Zudem wurden wegen dieses Anschlags in Israel die Gesetze geändert. Auch israelische Bürger können jetzt in „Administrativhaft“ genommen werden. Als besonders „gefährlich“ erachtete Verdächtige können ohne Anklageschrift für sechs Monate mit richterlichem Befehl ins Gefängnis gesteckt werden. Einer der so Verhafteten ist Meir Ettinger ein Enkel des rechtsradikalen, von einem Palästinenser in New York ermordeten Rabbi Meir Kahana, dessen rechtsradikale Kach-Partei verboten ist.
Auf dem Weg nach Tabgha hatte Rivlin auch das „Land der Klöster“ besucht. Es handelt sich um ein bis heute stark vermintes Gebiet am Jordanfluss, wo gemäß der Tradition Johannes der Täufer den Jesus von Nazareth getauft habe. Rivlin versprach den begleitenden Vertretern christlicher Kirchen, intensiver das Gebiet von Minen zu befreien. In diesem Grenzgebiet zu Jordanien herrschte Anfang der 1970er Jahren Krieg gegen infiltrierende Terroristen der PLO. Rivlins Besuch hatte auch deshalb eine symbolische Bedeutung, weil die UNESO vor kurzem die Taufstätte Jesu nur auf der jordanischen Seite des Jordans zum „Weltkulturerbe“ erklärt hatte. Aus den Berichten des NT geht nicht hervor, ob Johannes den Jesus auf der israelischen oder auf der jordanischen Seite des biblischen Flusses getauft hat.
Ein weiteres Thema beim Gespräch mit dem Papst wird die Finanznot christlicher Privatschulen sein. Die verlangen volle staatliche Finanzierung, weigern sich aber, den Lehrplan des israelischen Bildungsministeriums zu übernehmen, weil sie doch „Privatschulen“ seien. Seit Beginn des Schuljahres am 1. September streiken etwa 35 christliche Schulen, was über 30.000 Schüler trifft.
Ebenso wird der kürzlich begonnene Mauerbau nahe dem Cremisan-Kloster in Beth Jala bei Bethlehem angesprochen werden. Die Kirche und die palästinensischen Bewohner in der Gegend protestieren gegen die Errichtung des Sperrwalls. Doch es gibt Beschlüsse des Obersten Gerichts in Israel. Zudem hat Israel ein Interesse, die Lücke in seinem Sperrwall zu schließen, damit keine Selbstmordattentäter oder Terroristen von den besetzten Gebieten unkontrolliert nach Israel wechseln können. Weder die Demonstranten noch die Kirchen erwähnen die Notwendigkeit, das Überleben israelischer Bürger zu garantieren, wenn sie Widerstand gegen den Mauerbau äußern.
Abschließend dürften Rivlin und Franziskus auch noch über einen Streit zu den Flaggen vor dem UNO-Gebäude in New York sprechen. Die Palästinenser hatten die UNO aufgefordert, auch die Flaggen von „Beobachterstaaten“ zu hissen, also neben der palästinensischen Fahne auch den Banner des Vatikans. Der Vatikan war zunächst empört, von den Palästinensern für deren politische Initiativen missbraucht worden zu sein, obgleich der Heilige Stuhl sehr zum Unmut Israels den noch gar nicht real existierenden „Staat Palästina“ anerkannt und mit ihm Verträge abgeschlossen hat. Inzwischen erklärte der Vatikan, sich jedem Votum in der UNO beugen zu wollen, obgleich das Hissen von Flaggen der Beobachterstaaten den bisherigen Regeln der UNO widerläuft.
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