Von: Gelbart, Nathan (RA)
Gesendet: Donnerstag, 5. November 2015 19:24
An: presse.kulturreferat@muenchen.de
Cc: stefan.hauf@muenchen.de; Charlotte Knobloch; volker.beck@bundestag.de
Betreff: Israelhass und Antisemitismus in München: „BDS“
Sehr geehrte Frau Becker,
ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass das Kulturreferat der Stadt München einem Protagonisten der Kampagne „BDS“ öffentlich gefördert Räume (mietfrei) zu einem Vortrag über „BDS“ überlässt. Wenn ein Protagonist einer Organisation über die eigene Organisation spricht, kann man auch von städtisch geförderter Werbung hierfür sprechen.
Die Kampagne BDS ruft zum vollständigen Boykott des jüdischen Staates, des Staates Israel auf: wirtschaftlich, akademisch, künstlerisch und sportlich. BDS verurteilt jegliche Verhandlungslösungen und befürwortet durch einen Totalboykott die zwangsweise Erreichung bestimmter, sehr schwammig formulierten Ziele. Hierbei geht es nicht um den Aufruf zum Boykott von Produkten, Akademikern, Künstlern und Sportlern aus den sog. besetzen Gebieten, sondern schlichtweg aus ganz Israel. BDS lehnt die Existenz des Staates Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes ab, so der BDS-Begründer Omar Barghouti: „Wir sind gegen jegliche jüdische Staatlichkeit in Palästina“.
Diese Kampagne von Boykott, Hass und Verleugnung des Selbstbestimmungsrechtes des jüdischen Volkes steht nicht nur im diametralen Gegensatz zur Position der Bundesregierung und jeder demokratischen Regierung weltweit – auch die Palästinensische Regierung lehnt BDS ab, da diese Hass- und Boykottkampagne vor allem den Palästinensern schadet (Präsident Abbas: „We are against BDS“).
Die Kampagne richtet sich nur gegen einen Staat weltweit. Nein, nicht etwa gegen den Weltmeister an Exekutionen und Terrorunterstützung Iran, auch nicht gegen den Schlächter Baschir el Assad, der zwischenzeitlich 300.000 seiner eigenen Bürger abgeschlachtet hat. BDS hat sich ausschliesslich den jüdischen Staat ausgedacht, um einen Totalboykott zu fordern und jegliche Verhandlungslösungen abzulehnen. Nicht zuletzt deshalb hat das Französische Kassationsgericht im vergangenen Monat in Paris BDS als eine diskriminierende und aufhetzende Organisation als illegal verurteilt: http://www.timesofisrael.com/french-high-court-bds-activists-guilty-of-discrimination/
Wenn aber der Staat Israel als jüdischer Staat nur deshalb diskriminiert wird, dann ist dies Antisemitismus ohne wenn und aber, dem die Stadt München am 07.11.2015 öffentlich gefördert ein Forum bieten will.
BDS mag behaupten, nicht gegen Juden, nur aber gegen den Staat Israel zu sein. Nun, Frau Becker, in Israel leben aber nun einmal die Hälfte aller Juden weltweit, etwa 7 Millionen. BDS boykottiert also mit der Unterstützung der Stadt München 7 Millionen Juden. Dies zudem zwei Tage vor dem 77. Gedenktag zur sog. Reichspogromnacht.
Ihre Erklärung, München fördere auch die Jüdischen Kulturtage, ist schlichtweg beleidigend. Die Jüdischen Kulturtage haben den Sinn und Zweck, Menschen miteinander zu verbinden und Kultur zu fördern und beinhalten nicht die Verleugnung des Existenzrechtes anderer Völker und Staaten oder rufen zum Boykott von Akademikern, Wissenschaftlern und Sportlern auf. Welcher Teufel, Frau Becker, hat Sie geritten, um solch eine Erklärung abzugeben ?
Und dass Hasskampagnen wie BDS zum „gesellschaftlichen Spektrum“ der liberalen Stadt München, auf die nicht nur, aber vor allem auch seine jüdischen Bewohner stolz sind, gehören sollen, ist mindestens ebenso verletzend. Mit derselben Legitimation kann auch die Überlassung kostenloser Räume an die NPD vertreten werden.
Frau Becker, Sie und ich wissen genau, dass diese Hassveranstaltung nicht stattfinden würde, wenn es um einen anderen Staat als den jüdischen, dem Staat Israel ginge.
Ich bezweifle, dass eine Rechtsgrundlage im Bayerischen Kommunalrecht existiert, die Ihre Vorgehensweise rechtfertigt.
Mit freundlichen Grüßen
Norman Nathan Gelbart
Rechtsanwalt Foreign Lawyer Germany (Israel Bar Association)
FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB
—– Weitergeleitete Nachricht von presse.kulturreferat@muenchen.de —–
Datum: Wed, 04 Nov 2015 17:03:19 +0100
Von: „presse.kulturreferat“ <presse.kulturreferat@muenchen.de>
Betreff: Re: Jerusalem Post Presseanfrage in Bezug auf Israel-Hass: Frist am 5.Nov
An: benn@jpost.com
Cc: Stefan Hauf <stefan.hauf@muenchen.de>
Sehr geehrter Herr Weinthal,
wie von Herrn Hauf angekündigt, erhalten Sie anbei unsere Stellungnahme:
Gesellschaftspolitisch aktive Gruppen und Initiativen werden vom Kulturreferat der Stadt München und seinen Institutionen durch die Überlassung von Räumen, Infrastruktur oder Fördermitteln unterstützt. Dies ist Teil des kommunalen Kulturauftrags. Die Stadt lässt dabei eine große Bandbreite an Positionen zu und ermöglicht auch kontroverse Auseinandersetzungen. Durch die Förderung der Meinungsvielfalt verhält sich die Kommune selbst politisch neutral. So unterstützt sie beispielsweise die Palästina-Tage ebenso wie die Jüdischen Kulturtage, die jeweils jährlich stattfinden.
Für die Reihe Palästina/Israel – Herbst 2015, die vier diskursive Veranstaltungen umfasst, wurde der Vortragssaal der Münchner Stadtbibliothek zur Verfügung gestellt. Eine Bezuschussung der Reihe findet nicht statt. Der Hinweis „Mit Unterstützung der Münchner Stadtbibliothek“ bezieht sich auf die mietfreie Raumüberlassung.
Die Veranstaltung, die Sie angesprochen haben, ist ein Vortrag „über die Hintergründe zur Entwicklung und Wirkung“ der BDS-Kampagne. Wir können daraus nicht ersehen, dass es sich um einen Boykottaufruf handelt.
Der Veranstaltungszeitraum war nicht vom Veranstalter gewünscht, sondern dem bereits sehr vollen Belegungsplan des Vortragssaals geschuldet. Im Vortragssaal fanden übrigens auch die Israel-Tage 2014 statt, die von der Initiative Am Echad veranstaltet und von der Stadt finanziell unterstützt worden waren.
Das Kulturreferat ermöglicht ebenso die Eröffnung eines städtisch geförderten Kunstprojekts in Zusammenhang mit der Eröffnung des Israelischen Generalkonsulats am 9. November. Auf der Kunstinsel am Lenbachplatz präsentieren der Generalkonsul des Staates Israel für Süddeutschland, Dr. Dan Shaham, und Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers das „Israelische Kollektivportrait“ des Fotokünstlers Roland Fischer, das dort bis Jahresende zu sehen sein wird. Außerdem finden am 9. November eine Namenslesung für die Opfer der sogenannten Reichskristallnacht statt und eine Gedenkveranstaltung im Alten Rathaus, bei der u.a. Oberbürgermeister Dieter Reiter und IKG-Präsidentin Dr. h.c. Charlotte Knobloch sprechen werden. Das NS-Dokumentationszentrum München beteiligt sich an den „Aktionswochen gegen Antisemitismus“. Die Münchner Stadtbibliothek lädt in der Reihe „Kontrovers“ dazu ein, sich mit Kinder- und Jugendliteratur zu beschäftigen, die den Holocaust thematisiert.
Durch die Fülle und Varietät der Veranstaltungen, die vom Kulturreferat gefördert werden, ist die Meinungsvielfalt gewährleistet, die sich aus der grundgesetzlich verbrieften Meinungsfreiheit ableitet.
Wir hoffen, wir konnten Ihre Fragen beantworten.
Mit besten Grüßen Jenny Becker
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Jennifer Becker
Kulturreferat der Landeshauptstadt München
Büro der Referatsleitung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Noam Salomon
Interersant. Zwischen den Zeilen versteckt. Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust gilt jetzt als „kontrovers“?