ULRICH W. SAHM – Der Milky-Streit und Israels Haushalt

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Ulrich W. Sahm

Jerusalem, 9. Oktober 2014  – Der Schokoladenpudding Milky mit Sahnehäuptchen hätte fast Israels Jahreshaushalt für 2015 zu Fall gebracht. Während die Minister sich stritten, ob das Budget in Höhe von insgesamt 328 Mrd. Schekeln (70 Mrd. Euro) „sozial“ sei und die ärmeren Volksschichten gebührend berücksichtige, brach ein neuer „sozialer Aufstand“ aus. Diesmal ging es nicht um den Preis von Hüttenkäse, wie vor zwei Jahren, sondern um Milky. Ein anonymer israelischer Auswanderer hat bei Aldi in Berlin einen Becher „Puddingcreme mit Sahnehaube“ im Regal zusammen mit dem Preis fotografiert und auf dem sozialen Netzwerk Facebook veröffentlicht. Nur 19 Cent kostet in Deutschland die beliebte Nachspeise, während der israelische Supermacht ganze 3,20 Schekel (fast 70 Cent) verlangt, das Dreifache.

Das anonyme Posting auf Facebook hat erneut eine kontroverse Diskussion ausgelöst, wieso das Leben in Berlin viel preisgünstiger sei, als in Israel. Die hohen Ausgaben für Militär und Sicherheit, im kommenden Haushalt wegen des Gazakriegs um 1 Milliarde Euro erhöht, bieten nur eine Teilantwort. Die Kartelle der drei großen Hersteller von Milchprodukten, Tnuva, Strauss und Tara, der relativ kleine Markt von etwa 8 Millionen Einwohnern und saftige Gewinnspannen bei Zwischenhändlern wurden als weitere Gründe für die überhöhten Lebensmittelpreise in Israel genannt. Gleichwohl ergriff der vom einfachen Markthändler zum Inhaber der größten Supermarktkette aufgestiegene Rami Levy die Gelegenheit, für sich und seine Niedrigpreise Reklame zu machen. So wie er einst ein Kilo Hühnchen für 20 Cent verkaufte, bietet er jetzt Milky für 20 Cent an und lockt die Kunden in seine Länden.

Bemerkenswert sind die Reaktionen bei Facebook auf die Veröffentlichung des Fotos von dem Puddingbecher aus Berlin.

Einige rufen zur Auswanderung aus Israel auf. Hohe Preise bedeuten niedrige Lebensqualität. Das sei es nicht wert, in Israel zu bleiben. Ein Israeli mit russischem Namen argumentiert, dass der deutsche Pudding für ihn ungenießbar sei. Er enthalte Gelantine und die werde bekanntlich aus Schweinefett gewonnen. Das wiederum löste nicht nur bei frommen jüdischen Teilnehmern Abneigung aus, weil Schwein unkoscher ist. Daraufhin meldeten sich die Vegetarier. Die wollen nichts „Tierisches“ in ihren Nachspeisen vorfinden.

Es gab auch nationalistische Untertöne. „Ihr verlasst Euer Heimatland wegen Milky?“ fragt David Elaschwili. Ein gewisser Gal Ben Schalom verweist indirekt auf antisemitische Vorfälle in Europa: „Eine Bahnfahrt in Israel kostet 38 Schekel. In Berlin kostet sie nichts und dazu erhält man noch eine Tätowierung.“ Rafi Scherdsky meint: „Nichts geht über Berlin. Israel ist ein schreckliches Land, nur für Wohlhabende“. Brien Assiter kontert, dass die Deutschen nichts von Pudding verstünden. In seiner deutschen Ehre gepackt, erwidert Felix Nathanson, dass deutscher Pudding nicht anhand des „Zeugs“ von Aldi beurteilt werden sollte. Auch Deutschland sei kein Paradies, meint ein anderer und erwähnt hohe Preise für Erdgas, das in Israel jetzt billiger werde.

Israels Haushalt ist inzwischen mit nur einer Gegenstimme des Umweltministers Amir Peretz und Widerspruch der Chefin der „Bank of Israel“ vom Kabinett angenommen worden. Während alle Ministerien Kürzungen hinnehmen mussten, erhielt das Verteidigungsministerium einen großen Zuschlag, auch wegen möglicher bevorstehender Hausforderungen durch die Hisbollah im Libanon, die Wirren in Syrien und dem Vormarsch der IS.

 

 


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