Auf den antiisraelischen Versammlungen in Bayern 2021 war israelbezogener Antisemitismus stets präsent, wie eine Broschüre der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern zeigt.
Im Mai 2021 kam es zu massiven Kampfhandlungen zwischen der israelischen Armee und palästinensischen Terrororganisationen. Im Zuge dessen wurden auch in Bayern zahlreiche Versammlungen mit Bezug zum Nahostkonflikt durchgeführt.
Wie aus der nun erschienenen Broschüre „From the river to the sea‘: Israelbezogener Antisemitismus in Bayern 2021“ der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern hervorgeht, hat die Einrichtung bei allen 22 beobachteten Versammlungen antisemitische Inhalte festgestellt. Hinzu kamen, abseits der Versammlungen, eine gezielte Sachbeschädigung, eine Bedrohung, neun Fälle von verletzendem Verhalten und eine Massenzuschrift, die sich in antisemitischer Weise auf Israel bezogen.
So wurde am 22. Mai 2021 auf einer Kundgebung in Passau auf Arabisch die Parole „Juden, erinnert euch an Khaybar, Palästina kommt zurück!“ gerufen. Khaybar war der islamischen Überlieferung nach eine von Juden besiedelte Oase, die von Mohammed erobert wurde.
Die Broschüre dokumentiert auch anhand zahlreicher Fotos weitere typische Fälle von israelbezogenem Antisemitismus: zum Beispiel die Gleichsetzung Israels mit dem Nationalsozialismus, die Darstellung Israels als rassistischer Apartheidsstaat und Vernichtungsfantasien gegenüber dem jüdischen Staat.
RIAS-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpacı sagt: „Der Antisemitismus zeigte sich einmal mehr als wandelbares Phänomen, das an aktuelle politische Entwicklungen anknüpft und sich in verschiedensten Milieus artikuliert. Dass Antisemitismus nie weit entfernt ist, wenn Israel im Fokus der Weltöffentlichkeit steht, ist nicht überraschend. Denn der israelbezogene Antisemitismus ist eine der gesellschaftlich kaum geächteten und somit attraktiven Ausdrucksformen des Antisemitismus nach der Schoah.“
Die RIAS-Bayern-Veröffentlichung geht außerdem der Frage nach, was israelbezogener Antisemitismus ist und wie er sich in verschiedenen politischen Milieus äußert. In einem eigenen Kapitel beschreiben bayerische Jüdinnen und Juden, wie sie die antiisraelischen Versammlungen einschätzen und welche Erfahrungen sie während der jüngsten Welle antiisraelischer Agitation machen mussten.
Die Broschüre ist als PDF online abrufbar, Printexemplare können kostenfrei unter info@rias-bayern.de bestellt werden.
RIAS Bayern nimmt Meldungen über antisemitische Vorfälle auf und unterstützt Betroffene von Antisemitismus in Bayern. Die Recherche- und Informationsstelle ist beim Verein für Aufklärung und Demokratie (VAD) e.V. angesiedelt und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert. Antisemitische Vorfälle, auch solche unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, können unter www.rias-bayern.de oder per Telefon unter 0162 2951 961 gemeldet werden.
Stimmen zur Veröffentlichung:
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Landesverbandes Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, sagt:
„In einem besorgniserregenden Ausmaß hat sich in Deutschland eine ablehnende Haltung gegenüber Israel breitgemacht, die häufig nichts anderes ist als verkappter Antisemitismus. Besonders beunruhigend ist dabei die Tatsache, dass die Menschen, die ihre überzogene Kritik an Israel äußern, ihren eigenen Antisemitismus gar nicht bemerken und den Vorwurf, sie äußerten sich antisemitisch, mit Empörung von sich weisen. Broschüren wie die vorliegende von RIAS Bayern sind ein wertvoller Baustein für Aufklärung und Fortbildung. Ich wünsche der Publikation viele Leser und bin zuversichtlich, dass wir mit vereinten Kräften auch den israelbezogenen Antisemitismus erheblich zurückdrängen können!“
Carolina Trautner, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, sagt:
„Die antisemitischen Ausschreitungen im Mai 2021 haben mich sehr erschüttert. In dieser informativen Broschüre verdeutlicht RIAS Bayern, was israelbezogener Antisemitismus ist und wie dieser in unserer Gesellschaft zum Ausdruck kommt. RIAS Bayern leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Problematik. Wir müssen unsere demokratische Gesellschaft und insbesondere auch die jungen Menschen stark machen gegen Antisemitismus, in all seinen unterschiedlichen Formen. Die von uns geförderten Maßnahmen und Projekte im Bereich der Radikalisierungsprävention setzen genau da an.“
Hinterlasse eine Antwort
Sie müssen... (sein)angemeldet sein um einen Kommentar zu schreiben.