Eldad Beck: Das vergiftete Schweigen | Augsburger Allgemeine | Facebook
An diesem Tag, in diesem Jahr, sollten wir nicht an die deutsche Wiedervereinigung denken, sondern an das Schicksalsjahr 1938: Der Anschluss, die Evian-Konferenz, das Münchener Abkommen, die „friedliche Lösung der Sudetenkrise“, die Pogrome der „Kristallnacht“. Die Welt schaute zu und schwieg. Die Deutschen, in ihrer großen Mehrheit, schrien und machten sehr gern mit. 1945 haben aber diese Deutschen sehr schnell gelernt, wie wichtig das Schweigen sein kann. Sie haben nichts gesehen, nichts gewusst, nicht geahnt. Mit der Zeit sind sie „Widerständler“ geworden, sogar „Judenretter“. Und so hat sich die Mehrheit der deutschen Gesellschaft, im Westen aber auch im Osten, arrangiert, um keine tiefe, ehrliche, umfassende Auseinandersetzung mit der Geschichte zu haben. Die Nazis waren Außerirdische, die 1933 Deutschland invadiert und die Macht ergriffen hatten, „Verbrechen in Namen des deutschen Volkes“ begingen, und dann verschwanden. Wie bequem. Und weil viel von ihnen mit der Vergangenheit nichts zu tun haben wollten, lernten die Deutschen auch, dass es besser sei, nicht über nationale Identität zu sprechen. Stattdessen wurden die Deutschen europäisiert.
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