Jüdisches Leben in München – Standhaft trotz aller Sorgen und Zweifel: Wie Münchner Juden mit der steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle umgehen. | Süddeutsche.de
Vor ein paar Tagen hatte Oren Osterer ein paar Freunde bei sich zu Hause bewirtet, und weil eine Menge vom Essen übrig geblieben war, gab Osterers Frau den Gästen noch ein paar Köstlichkeiten, verpackt in einer Tüte, mit auf den Weg. Auf der Tüte waren hebräische Buchstaben abgedruckt, was nichts Besonderes ist im Hause Osterer, denn der Münchner Historiker, Medienwissenschaftler und Politologe ist Jude; er ist oft in Israel und an diversen Projekten beteiligt, die mit dem Judentum, mit Israel oder dem Kampf gegen Antisemitismus zu tun haben. Als Osterer die hebräische Schrift auf der Tüte registrierte, durchfuhr ihn ein seltsamer Gedanke, den er auch äußerte: Sollte man die Tüte nicht austauschen gegen eine ohne Aufschrift? Wie, sagte einer der Freunde, muss man jetzt wirklich wieder so vorsichtig sein? Osterers Frau, so erzählt er, habe abgewunken, „ach Quatsch“, und so unterblieb der Tausch. Den Freunden ist dann auch nichts passiert. Aber Osterer sagt: „Diese Überlegung wäre mir früher wahrscheinlich nie durch den Kopf gegangen.“
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