Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus fordert die Bundesregierung auf einen jährlichen Bericht zur Antisemitismusbekämpfung herauszugeben und dem Bundestag zuzuleiten

  • 0

Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus fordert die Bundesregierung auf einen jährlichen Bericht zur Antisemitismusbekämpfung herauszugeben und dem Bundestag zuzuleiten


A
m 18. Juni 2007 fand eine Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus statt.
Nachfolgend dokumentieren wir die erste Presseerklärung des neu gebildeten Koordinierungsrates deutscher Nicht-Regierungsorganisationen,
sowie den Redebeitrag von S.E. Botschafter Shimon Stein auf dieser Tagung…

 


INHALTSANGABE
  1. TEIL 1 – Presseerklärung: Resolution der Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus
  2. TEIL 2 – Redebeitrag von S.E. Botschafter Shimon Stein auf der Koordinierungstagung deutscher NGOs gegen Antisemitismus in Deutschland und Europa
  3. TEIL 3 – Persönliche Anmerkungen zu der Tagung

TEIL 1 – Presseerklärung: Resolution der Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus  
 

PRESSEERKLÄRUNG:

 

Resolution

der Koordinierungskonferenz

 deutscher Nicht-Regierungsorganisationen
gegen Antisemitismus

im Centrum Judaicum in Berlin

vom 18. Juni 2007

 

Am 18. Juni 2007 sind 37 deutsche Nicht-Regierungsorganisationen sowie Institutionen und Personen, die in der Antisemitismusbekämpfung engagiert sind, zu der Koordinierungstagung ,Gegen Antisemitismus in Deutschland und Europa‘ im Centrum Judaicum in Berlin zusammengekommen. Der Gesandte
Ilan Mor der Botschaft des Staates Israel, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Petra Pau, Vertreterinnen und Vertreter aus allen Bundestagsfraktionen, unter ihnen der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe Jerzy Montag (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Prof. Gert Weisskirchen, Gitta Connemann (CDU/CSU-Fraktion), Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe, sowie (in Form eines schriftlichen Grußworts) der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Eckart von Klaeden und Markus Löhning aus der FDP-Fraktion, haben Grußworte zum Gelingen der Konferenz übermittelt, sich zum Teil an der Diskussion beteiligt und in einigen Fällen ausdrücklich die Forderung nach einem Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung unterstützt. Die Konferenz hat sich mit dieser, vor kurzem auch von Prof. Dr. h.c. Arno Lustiger in einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten erhobenen Forderung sowie mit Antisemitismusproblemen in der Gesellschaft, insbesondere in der Wissenschaft und in den Medien, befasst.

Die Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus hat am 18. Juni 2007 in diesem Zusammenhang folgende Resolution gefasst, für deren Unterstützung u. a. durch diejenigen Organisationen, die ihre Position teilen, aber in Berlin nicht teilnehmen konnten, sie werben wird:

 

„Die Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus fordert die Bundesregierung auf, in Anlehnung an das Vorgehen anderer Staaten einen jährlichen Bericht zur Antisemitismusbekämpfung herauszugeben und dem Bundestag zuzuleiten.

 

Der Bericht sollte, unter Beteiligung des Innenministeriums und des Auswärtigen Amtes, über die Verbreitung antisemitischer Strömungen in allen Gesellschaftsteilen und –institutionen einschließlich der Medien Auskunft geben sowie darlegen, welche Gegenmaßnahmen notwendig sind und eingeleitet wurden. Aufgenommen werden sollte ebenso die Berichterstattung über die antisemitische Agitation in den Herkunftsländern der muslimischen Einwanderer, die uns über viele Wege – u. a. über Satelliten, über das Internet, über den Buch- und Zeitschriftenimport oder sogar über Schulen – erreicht, und über die Maßnahmen, die die Bundesregierung dagegen ergreift oder ergreifen wird. Wie wichtig ein derartiger Bericht ist, zeigen u. a. die erschreckenden Untersuchungen der Alice-Salomon-Fachhochschule über den Antisemitismus an Berliner Schulen. An der Erstellung des Berichts der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung sollten Nicht-Regierungsorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Initiativen in Deutschland beteiligt werden.

 

Der Bericht sollte u. a. folgende Aspekte berücksichtigen:

        antisemitische und judenfeindliche Einstellungen sowie Vorurteile in allen Bevölkerungskreisen,

        antisemitische, judenfeindliche und gegen israelische Staatsbürger gerichtete Straf- und Gewalttaten, Beleidigungen, Propagandadelikte und weitere Vorfälle,

        antisemitische Organisationen und Gruppierungen, Medien (incl. Websites), ihre Aktivitäten sowie in- und ausländischen Verbindungen,

        antisemitische und judenfeindliche Berichterstattung u. a. in den Medien, in Kunst und Literatur.

 

Die Notwendigkeit eines Berichts der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung wird durch verschiedene aktuelle Ereignisse deutlich:

 

1) Rechtsextreme Kräfte greifen in Agitation und Propaganda zunehmend Themen auf, die sich antisemitisch besetzen lassen, und ziehen diese Verbindung auch immer offener. Dies gilt nicht nur für das neo-nationalsozialistische „Kameradschaftsspektrum“, sondern – mit Abstufungen – auch für die Parteien NPD und DVU. Beispiele sind die antisemitische Aufladung der Agitation gegen die US-Außenpolitik, die Globalisierung, die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in der Bundesrepublik Deutschland sowie der Umgang mit der deutschen Vergangenheit.

2) In allen Sektoren der deutschen Medienlandschaft – unabhängig von der weltanschaulichen, konfessionellen, politischen oder kulturellen Ausrichtung – finden sich Artikel und Beiträge, die einen latenten oder offenen Antisemitismus erkennen lassen.

 

3) Antisemitische Holocaust-Leugner suchen zunehmend die Öffentlichkeit, u. a. durch die bewusste Inszenierung von Prozessen und provokative Aktionen. Im Umfeld der „Holocaust-Konferenz“ im Teheran verstärkten sich Tendenzen zur engeren Verknüpfung von Holocaust-Leugnern aus Europa und den USA mit Gesinnungsgenossen und Sympathisanten aus der islamischen Welt.

 

4) Berichterstattung und Kommentierung der deutschen Medien zum arabisch-israelischen Konflikt zeigen weiterhin ein Übergewicht einseitig anti-israelischer Tendenzen. So wurde während des Libanon-Israel-Kriegs fast nie erwähnt, dass es sich bei der Anti-Israel-Koalition von Hisbollah, Syrien und Iran um ein Bündnis von antisemitischen Partnern handelt. Alle drei verbreiten über Printmedien und ihre Fernsehstationen antisemitische Propaganda, z. B. Ritualmordszenen, in denen Juden einem christlichen Kind die Kehle durchschneiden, um mit dessen in einer Schale aufgefangenen Blut Mazzeh-Brot zu backen (Szenen, die Jugendlichen im Umfeld Berliner Schulen gut bekannt sind, wie neuere Studien ergeben haben), oder Druck- und Fernsehversionen der antisemitischen Fälschung der „Protokolle der Weisen von Zion“. Diese im arabisch-, türkisch- und iranischsprachigen Raum, aber auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und in Osteuropa heute weit verbreiteten, gefälschten  „Protokolle“, die auch Adolf Hitler sehr empfohlen hatte, erzählen von einer Verschwörung zur Erringung der jüdischen Weltherrschaft. Die antisemitische Propaganda wirkt, wie erwähnt, auch in europäischen Ländern – und dort nicht nur in den muslimischen Gemeinschaften. Es besteht deshalb Anlaß zum Handeln gegen den Antisemitismus, in Deutschland, in Europa und ebenso in Nahost.

 

Die Bundesregierung hat sich in ihrem neuen Programm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ nicht nur im Titel, sondern auch in der geplanten inhaltlichen Ausrichtung zur Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus bekannt. Voraussetzung hierfür ist eine ständig fortzuschreibende  und gesellschaftlich breit zu verankernde Problem- und Lageanalyse, die nur durch einen jährlichen Bericht der Bundesregierung unter Beteiligung aller relevanten Akteure aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu erstellen ist und sich vor allem mit den erforderlichen Abwehrmaßnahmen befassen muss.

 

Der Kampf gegen den neuen und den alten Antisemitismus ist ein wichtiger Teil des Kampfes für die Demokratie und für die Menschenrechte. Den Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen sind nahezu alle Staaten beigetreten, darunter auch diejenigen (wie etwa der Libanon oder Syrien), die Antisemitismus nicht nur zulassen, sondern durch eigene Beiträge u. a. in ihren Medien fördern. Unser Staat sollte die Aufgabe annehmen, in dieser Frage nach innen und außen in gleicher Weise aktiv Partei zu ergreifen.“

 

Die Koordinierungskonferenz deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus hat am 18. Juni 2007 einen Koordinierungsrat beauftragt, die nächste Konferenz spätestens bis zur Jahresmitte 2008 wiederum nach Berlin einzuberufen, um über die bis dahin erzielten politischen Ergebnisse zu beraten, und die laufenden Geschäfte zu führen.

 

 

—————————————————————————————————————————————————————————————————————————-

 

Koordinierungsrat

deutscher Nicht-Regierungsorganisationen

gegen Antisemitismus

 

Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam e. V., Prof. Dr. Lars Rensmann, MMZ-Fellow, University of Michigan, Ann Arbour

 

Amadeu-Antonio-Stiftung, Stiftungsvorstandsvorsitzende: Anetta Kahane

 

Daniel Kilpert M.A., Stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutsch-Israelischen Jugendforums, Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Potsdam

 

Honestly Concerned e.V., Chefredakteur: Sacha Stawski

 

Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern e.V., Geschäftsführender Vorsitzender: St. a.D. Klaus Faber, RA

 

Initiative 9. November 1938, Abraham Dzialowski

 

Peter Wirkner, Wissenschaftlicher Direktor, M.A., Mitarbeiter von MdB Prof. Gert Weisskirchen, Persönlicher Beauftragter des OSZE-Vorsitzenden zur Bekämpfung des Antisemitismus 


Zurück nach oben 

 


TEIL 2 – Redebeitrag von S.E. Botschafter Shimon Stein auf der Koordinierungstagung deutscher NGOs gegen Antisemitismus in Deutschland und Europa  


     

    Redebeitrag von S.E. Botschafter Shimon Stein auf der Koordinierungstagung deutscher NGOs gegen Antisemitismus in Deutschland und Europa*

     

    18. Juni 2007, Centrum Judaicum

     

     

    Verehrte Gäste[1],

     

    Seit 59 Jahren gibt es den Staat Israel. Noch immer ist er gefährdet, bangt um seine Existenz und in Umfragen, welches Land der größte Feind des Friedens sei, wird Israel gemeinsam mit den USA auf den vordersten Plätzen genannt. Mit Abstand vor Ländern wie dem Iran oder Nordkorea. Das stimmt mich traurig.

     

    Der Antisemitismus ist ein aktuelles wie klassisches Thema. Und ich begrüße es außerordentlich, daß heute dieses Koordinationstreffen von Nicht-Regierungsorganisationen stattfindet, um die Relevanz dieses Themas weiter in die Gesellschaft hinauszutragen und sich darüber Gedanken zu machen, was wir tun können.

     

    Der Antisemitismus wird tiefgründig erforscht, seine Erkenntnisse sind aktuell wie nie. Angesichts der weltweiten Migrationsprozesse laufen vor unseren Augen Konflikte ab, die wir aus der Geschichte des Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden kennen.

     

    Gibt man das Wort „Antisemitismus“ in die Suchmaschine Google ein, erhält man binnen 0,3 Sekunden ungefähr 2.610.000 relevante Ergebnisse:

    Wir lesen von Alt-Neu-Haß, von einer konstanten Ideologie, jüdischem Streben nach Weltherrschaft, von Holocaust ebenso wie von „Raketen gegen steinewerfende Kinder“, wir lesen von einem weltweiten Zivilisationsproblem oder treffen auf bloße, vulgäre Ressentiments.

     

    Der Antisemitismus ist Tatsache, er ist so alt wie das Judentum selbst.

     

    Sartre bemerkte in seinen „Überlegungen zur Judenfrage“ sarkastisch: „Existierte der Jude nicht, der Antisemit würde ihn erfinden“[2].

    Diese Fremdenfeindlichkeit ist mehr als ein soziales oder religiöses Vorurteil. Antisemitismus ist eine antimoderne Weltanschauung, die in der Existenz der Juden die Ursache aller Probleme sieht und bis heute in vielen Staaten gegenwärtig ist: in unterschiedlicher Färbung, Intensität und gesellschaftlicher Wirksamkeit.

     

    So werden wir beinahe täglich Zeugen von besorgniserregenden Entwicklungen in Europa – dem Kontinent, der die Vernichtung von zwei Dritteln seiner jüdischen Bevölkerung miterlebte. 

     

    Als jüngstes Beispiel für Antisemitismus möchte ich die schockierende Initiative der größten britischen Hochschulgewerkschaft anführen, die zum Boykott israelischer Hochschulen und Wissenschaftler aufforderte und damit auch einen entscheidenden Angriff auf die akademische Freiheit unternahm. Israel wird diesen Boykott auf jeder Ebene bekämpfen, da er die Werte der freien Welt bedroht und falsche Schlußfolgerungen zieht.

     

    Das Phänomen des neu aufflackernden Antisemitismus – und hier möchte ich Wolfgang Benz zitieren- „… speist sich besonders in Deutschland aus Gefühlen der Scham und Schuldabwehr: Nicht trotz – sondern gerade wegen Auschwitz – werden Ressentiments gegen Juden mobilisiert, die sich nicht allein an Entschädigungsleistungen und Wiedergutmachung polarisieren. Wie lange man noch büßen müsse, ob auch die unschuldigen Enkel für den Holocaust zahlten sollten, lauten die Schlachtrufe.“[3]

     

    Der Historiker Daniel Goldhagen liefert hierzu eine Erklärung, mit der wir gefährliche Klischees umgehen und die uns die Richtung weisen soll:

    „Antisemitismus verrät uns nichts über Juden, aber eine Menge über Antisemiten und über die Kultur, die sie hervorbringt. … Selbst ein oberflächlicher Blick auf die Merkmale, Vergehen und Fähigkeiten, die Antisemiten im Laufe der Geschichte den Juden zugeschrieben haben … zeigt, daß sich der Antisemitismus in erster Linie aus kulturellen Quellen speist, die unabhängig von Wesen und Handlungen der Juden sind. Die Juden werden definiert, indem man kulturell abgeleitete Vorstellungen auf sie projiziert.“[4]

     

    Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel formulierte davon unabhängig: „Wir wissen, welche Rolle Juden seit 1945 in der Bundesrepublik inne haben: Wir waren und sind der Test für die deutsche Demokratie. Am Umgang mit uns Juden konnte, mußte sich jede Regierung bewähren. Ging man gut mit den Juden um, dann sah es gut aus mit der Demokratie in Nachkriegsdeutschland.“[5]

     

    Und es stellt sich die Frage: Gilt dieser Test auch heute noch?

    Immer, wenn in Deutschland Rechtsradikalität und Antisemitismus ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken, sind es zuerst die Juden, die nach ihrer Meinung befragt werden. Dabei ist es doch die deutsche Zivilgesellschaft, die in erster Linie gefordert ist zu handeln und zu reagieren.

     

    Es steht außer Zweifel, daß in der Bundesrepublik Deutschland geeignete juristische Maßnahmen ergriffen werden, um Antisemitismus wie rechtsradikales Gedankengut prinzipiell zu bekämpfen. Werden Ergebnisse von aktuellen Studien zum Rechtsradikalismus angesprochen, ist dennoch zu beobachten, daß bei so manchem ein Abwehrmechanismus einsetzt:

    Oft wird Kritik an Methodik und Fragestellung geübt, obwohl diese über mehrere Jahre geführten Studien einen eindeutigen Trend zum latenten Antisemitismus verzeichnen, der zudem offen zu Tage tritt. So bezeichnete 2005 die NPD im Sächsischen Landtag die alliierten Luftangriffe auf deutsche Städte als „Bomben-Holocaust“.

     

    Im Alltag äußert sich dieser neue Antisemitismus, oft verpackt als Israelkritik oder als Wunsch, „mit der Vergangenheit abzuschließen“. Oder wie Henryk M. Broder feststellte: „Der moderne Antisemit leugnet nicht den Holocaust, sondern benutzt ihn als Argument gegen die Juden.“

     

    Hier ist die Gesellschaft in all ihren Gremien aufgefordert, eine umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten und offene wie nach allen Seiten kritische Diskussionen zu führen. „Ich höre nicht hinter jeder Kritik einen antisemitischen Klang. Konstruktive Kritik hinterfragt Verhalten und Tatsachen. Der Kritik an Israel, dem kollektiven Juden der internationalen Politik, fehlt aber bewußt oft gerade diese wichtige Dimension.“

     

    Darum ist jede Initiative begrüßenswert, die zu einer kritischeren Debatte beiträgt, denn nicht alle Ziele sind durch Bundestagsresolutionen erreichbar. Jede Organisation, jede Partei, aber auch jeder einzelne hat dazu Möglichkeiten.

     

    Der Antisemitismus stellt für uns alle eine enorme Herausforderung dar, deshalb sind wir verpflichtet, alle Kräfte zu bündeln, die es sich zum Ziel gesetzt haben, gemeinsam zu arbeiten. Wir sind zu wenige, um uns in verschiedene Richtungen aufzuspalten. Daher mein Appell, geschlossen und entschlossen alle Kräfte zu vereinen, die bereit sind, sich mit dem Phänomen auseinanderzusetzen.

     

    Arno Lustiger hat gefordert, einer Berichterstattung über den Antisemitismus einen festen Sendeplatz in den Medien zu geben – diese Forderung begrüße ich sehr. Eine solche Berichterstattung kann erheblich der Aufklärung und der gesellschaftlichen Debatte dienen, denn viel zu wenig wissen wir beispielsweise über die Parallelen, die zwischen dem Antisemitismus der Linksradikalen, der Rechtsradikalen und islamischen Radikalen bestehen.

     

    Gerade vor dem Hintergrund der Bedrohung durch den radikalen islamistischen Terrorismus ist es wichtig, durch internationale Organisationen auf allen Ebenen für ein aufgeklärtes und informiertes Verhältnis zwischen Juden und Nichtjuden zu sorgen.

     

    Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat mit seiner jüngsten Äußerung, der Countdown für die Vernichtung Israels laufe, weltweit für Empörung gesorgt und in Israel zu Angst und Schrecken. Israel hofft, daß sich der UN-Sicherheitsrat zu einer Verurteilung der Äußerung durchringen möge.

     

    Es bedarf entschiedenen Engagements gegen Extremismus, gleich aus welchem politischen oder religiösen Lager er kommen mag. Aus dem  Jahresbericht von „Human Rights First“ ging Anfang Juni hervor, daß Übergriffe gegen Juden in Europa oftmals durch Kritik an Israel gerechtfertigt würden. Während eine Anzahl von Regierungen Schritte unternehme, stehe die Mehrheit der europäischen Regierungen dem Phänomen gleichgültig gegenüber.

     

    Meine Damen und Herren,

    „Antisemitismus ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist und bleibt die Verpflichtung aller Staaten, ihn in allen Formen gesellschaftlich zu ächten und mit der Härte des Gesetzes zu verfolgen.“[6]

    Doch die Härte des Gesetzes allein kann nicht die Lösung sein, es geht auch um Bewußtsein, Geschichtsverständnis, soziale Verantwortung. Dafür sollten wir vor allem auch die nachfolgenden Generationen sensibilisieren, wobei die  Maßnahmen der Aufklärung und Vermittlung umfassend sein müssen.

     

    Ich danke Ihnen für Ihre Initiative und wünsche eine erfolgreiche Tagung.

     

    *Aufgrund eines Terminengpasses war Botschafter Stein kurzfristig gezwungen sich durch den Gesandten Ilan Mor vertreten zu lassen, der die Rede von Botschafter Stein dankenswerter Weise in dessen Auftrag verlas und durch einige seiner eigenen Worte ergänzte und unterstrich.

     



    [1] Aufgrund des Tagungscharakters würde ich auf eine Begrüßung einzelner Personen verzichten.

    [2] Jean Paul Sartre: Überlegungen zur Judenfrage, 1945

    [3] Benz, Wolfgang: Antisemitismus ohne Antisemiten? Anmerkungen zur Möllemann-Affäre, 2002, Tribüne 2002, S. 89

    [4] Goldhagen, Daniel Jonah: Hitlers willige Vollstrecker, Siedler Verlag, 1996, S. 59

    [5] Spiegel, Paul: Rede vor dem Jugendkongreß 2002 am 03.10.2002

    [6] Hildegard Müller „Perspektiven“, S. 311 in „Neu-alter Judenhass“ Berlin Brandenburg Verlag 2007


        

    Zurück nach oben 

     


    TEIL 3 – Persönliche Anmerkung von Sacha Stawski 


    Antisemitismus ist ein schwieriges Thema und wann immer es um schwierige Themen geht, ist es um so schwerer zu einem breiten Konsens zu kommen. Um so bemerkenswerter ist das Ergebnis der gerade stattgefundenen Koordinierungskonferenz, bei der sich 37 deutsche Nicht-Regierungsorganisationen sowie Institutionen und Personen, die in der Antisemitismusbekämpfung engagiert sind, (sowie Vertreter aller Fraktionen) über eines im Klaren waren: Antisemitismus ist ein Problem und es ist ein Problem das angegangen werden muß.

    In Sachen Antisemitismusbekämpfung gibt es sicherlich viele verschiedene Ansätze, wie man alleine anhand der Hintergründe der verschiedenen anwesenden Organisationen erkennen kann. Gleichwohl gibt es auch Gemeinsamkeiten, die es gilt es weiter auszuarbeiten und auszubauen.

    Die gerade stattgefundene Konferenz, der dort gegründete Koordinierungsrat, und die Forderung nach einem jährlichen Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung sind ein erster Schritt in diese Richtung. Diesen es gilt von hier aus weiter auszubauen.

    Die vorerst bewußt auf eine einzige Forderung reduzierte erste Presseerklärung, nämlich der nach einem jährlichen Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung, enthält viele Chancen und Möglichkeiten. Was genau bedeutet diese Forderung…?

    Der Koordinierungsrat hat bewußt an dieser Stelle keine lange Liste von Maßnahmen zur Antisemitismusbekämpfung aufgeführt, sich auch nicht auf die Forderung nach einem vernünftigen „Monitoring“ begrenzt, oder andere Forderungen gestellt. Stattdessen wird die Bundesregierung gefordert ihre Arbeit zu tun: Teilt uns jährlich mit was ihr in diesem Jahr getan habt, um den Antisemitismus zu bekämpfen.

    In Reaktion darauf können wir alle – Nicht-Regierungsorganisationen, die sich tagtäglich mit diesem Thema auseinandersetzen – kontrollieren, in wie weit die getroffenen Maßnahmen tatsächlich existent und effektiv waren.

    Nach dem ersten Erscheinen eines solchen Berichtes kann man anfangen zu hinterfragen, warum die seinerzeit von der EUMC ins Leben gerufene Antisemitismusdefinition dann ggf. noch immer keinen offiziellen Status in Deutschland hat; warum sich die Bundesregierung ggf. noch immer alleine auf den hierfür ungeeigneten Verfassungsschutzbericht verläßt, wenn es um das „beobachten“ antisemitischer Straftaten geht; warum wichtige Projekte ggf. noch immer nicht finanziert werden; wie ggf. auch die Frage warum die Bundesregierung keine außenpolitischen oder wirtschaftlichen Konsequenzen aus den antisemitischen / eliminatorischen Vernichtungsdrohungen des Iran gegen den Jüdischen Staat gezogen hat, usw..

    Der „Bericht“ bildet eine Grundlage für alle Organisationen ihre jeweilige Expertise einzubringen, um auf der einen Seite Forderungen an die Regierung ggf. zu konkretisieren, oder der Bundesregierung ggf. ihre Zusammenarbeit anzubieten, etc.

    Dies war die erste Tagung dieser Art seit gut zwei Jahren und es ist das erste Mal überhaupt, daß sich so viele unterschiedliche Organisationen, mit Mitgliedszahlen einzelner Organisation von einer Person bis zu über 5.000 Personen, auf eine direkte zukünftige Zusammenarbeit verständigen konnten und dies durch die Bildung eines „Koordinierungsrates“ untermauert haben.

    In diesem Sinne gratulieren wir zum Ergebnis dieser ersten Sitzung und wünschen allen Organisationen in ihren jeweiligen Einzelbestrebungen, wie nun aber auch gemeinsam, viel Erfolg für den gemeinsamen Weg in die Zukunft.

    Zurück nach oben 

     


    HONESTLY-CONCERNED BEDANKT SICH BEIM ERIK-VERLAG

    Der ERIK-VERLAG unterstützt nicht nur bereits seit einigen Monaten den Versand der täglichen Mails, durch die zu Verfügung Stellung eines PC-/Internet-Arbeitsplatzes für unsere Praktikanten, sondern hat nunmehr auch kostenfrei für Honestly-Concerned zwei aufwendig neu gestaltete Flugblätter, Briefpapier, Visitenkarten und mehr für uns gedruckt. DANKE!!!!!!!
    ——————————————————————————————————–
    Der
    ERIK-VERLAG
    bietet Organisationsmittel, Drucksachen und Corporate Design für die steuer-, wirtschafts- und rechtsberatenden Berufe. Aktuell für das Lohnbüro: Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung geringfügiger Beschäftigungen und Beschäftigungen in der Gleitzone.

    ERIK-VERLAG KG,
    Prinzessinnenstraße 19-20, 10969 Berlin, Tel. 030-615 30 09, Fax 030-615 30 00,
    www.erik-verlag.de, info@erik-verlag.de, Geschäftsführerin: Rosemarie Matuschek


     

    Wir möchten Sie einladen Teil einer unserer Mailinglisten zu werden…

     
    Um die TÄGLICHEN Mails zukünftig zu erhalten, schicken Sie bitte ein leeres (blanko) Email an
    Honestly-Concerned-Mailingliste-subscribe@yahoogroups.com.
      
    Um die Wochenzusammenfassung zukünftig zu erhalten, schicken Sie bitte ein leeres (blanko) Email an
    Honestly-Concerned-Weekly-subscribe@yahoogroups.com
      
    Um die IRAN-FORSCHUNG Mails zukünftig zu erhalten, schicken Sie bitte ein leeres (blanko) Email an
    HC-Iran-Forschung-subscribe@yahoogroups.com.

    Um ausschließlich unsere Sonderausgaben zukünftig zu erhalten, schicken Sie bitte ein leeres (blanko) Email an
    Honestly-Concerned-SPECIAL-NOTICES-subscribe@yahoogroups.com.
      
     
    Mehr Informationen über uns finden Sie auf unserer Homepage, unter
    http://

     


     

    © Honestly-Concerned.org

     

     

     
     

    Hinterlasse eine Antwort