Kommentar: Pilgerfahrt der verpatzen Chancen

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Jerusalem, 13. Mai 2009 – Jedem war klar, dass die heikle Reise des Papstes ins heikle Land schwierig werde. Vom 82-jährigen Heiligen Vater wurde ein unmöglicher diplomatischer Balanceakt abverlangt. Dank der ungeheuerlich intensiven Vorbereitungen mitsamt einer „wunderbaren“ Kooperation israelischer und palästinensicher Sicherheitskräfte, verlief der technische Ablauf des Besuches weitgehend pannenfrei. Gleichwohl verpatzen Israelis, Papst und Palästinenser Chancen, positive Zeichen für die Zukunft zu setzen.
Die unglücklich formulierte theologische Predigt des Papstes in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem war die falsche Rede am falschen Ort und empörte die Juden. Sie wird noch lange Schatten auf den verbesserten aber delikaten Dialog zwischen Heiligem Stuhl und Judentum werfen.
Weil die Israelis den Blick des deutschen Papstes auf die Vergangenheit lenkte, verpatzten sie die Chance, ihm die schwierige politische Situation heute näher zu bringen. Die Bedrohung der Existenz Israels durch Iran, antisemitische Hetze in arabischen Ländern, palästinensischer Terror und Beschuss Israels mit Raketen aus Gaza und gelegentlich sogar Libanon hätte den Papst zu einem Wort der Solidarisierung mit Israel animieren können.
So überließen es die Israelis allein den Palästinensern, unverblümt nur von ihren „Leiden“ zu reden, Israels „Unterdrückung“ darzustellen und den Papst zu einer „Solidarisierung“ allein mit den Leiden der Palästinenser zu bewegen. Weder Israelis noch Palästinenser erwiesen sich fähig, die Anwesenheit des Papstes für konkrete Friedenszeichen in der verworrenen aktuellen Lage zu nutzen. Entsprechend ließ sich der Papst mitreißen, in Bethlehem das alte Schema palästinensischer Feindschaft gegen Israel zu festigen, anstatt es zu entschärfen.
Mit einem Mantel des Schweigens verhüllte der Papst die wahren Nöte der Christen in den Palästinensergebieten, wo Kirchen verbrannt, Christen ermordet, verfolgt und erniedrigt werden. Hamas und antichristliche Aktivitäten von Islamisten in Gaza, Hebron und sogar Bethlehem sind für den Heiligen Stuhl ein Tabu-Thema. Einfacher ist es, über Mauer, Straßensperren und Abriegelung des Gazastreifens zu reden und allein Israel wegen der Abwanderung von Christen aus Bethlehem und Ramallah zu beschuldigen.


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