Intensive Nutzung der Gehwege Ostjerusalems

  • 0

Intensive Nutzung der Gehwege Ostjerusalems

HonestReporting.com Media BackSpin, 28. Juli 2009

Ich habe es satt von Ostjerusalem zu lesen. Es ist an der Zeit sich anzusehen, was dort los ist.

Aus Gründen der Bequemlichkeit beginnt die Wanderung dieses Morgens am Highway One, wo die Stadt eine Straßenbahn baut, die bis nach Shuafat und Pisgat Zeef verlaufen wird.

Dieser Abschnitt wird entlang der Autobahn gebaut, die von 1948 bis 1967 im Niemandsland zwischen Jerusalems israelischem und jordanischem Sektor liegt. Vor dem Unabhängigkeitskrieg von 1948 war die Stadt nie geteilt, also ist das Konzept eines „Ost-“ und eines „West“-Jerusalem relativ neu.

Hier gräbt die israelische Altertumsbehörde entlang der Trasse, bevor der Gleisbau beginnt.

Ich habe keinerlei Nachrichten über irgendwelche Funde gesehen. Aber im nahe gelegenen Viertel Shmuel HaNavi entdeckten Archäologen einen Steinbruch aus der Römerzeit, der Teil eines Netzwerks von Steinbrüchen im Umfeld von Jerusalem war. Ein solcher Steinbruch liegt neben dem US-Konsulat in Bab Az-Zahra, nur zwei Minuten zu Fuß von dem Ort, an dem ich gerade stehe.

Ich gehe weiter die Nablus Road hinab, bis ich am Grab der Könige ankomme. Hier wurden niemals irgendwelche König beerdigt, aber es wird weithin angenommen, dass einer von mehreren hier gefundenen Sarkophagen der Königin Helene von Adiabene gehörte, die um das Jahr 30 unserer Zeitrechnung zum Judentum konvertierte. Die Stelle gehört derzeit der französischen Regierung. Später erfuhr ich dann, dass es mir erlaubt gewesen wäre, das Grundstück zu betreten, wenn ich laut genug an das Tor gedonnert hätte.

Das Viertel Scheik Jarrah/Shimon HaTzadik liegt nur einen kurzen Gang von hier, aber ich wollte erst noch schnell am Orienthaus halten. Ich weiß nicht, welchen offiziellen (oder inoffiziellen) Status das Gebäude jetzt hat, also hatte ich keine Erwartungen daran, was ich vorfinden würde; ich kann nicht erklären, was ich sehe.

Hinter der Mauer waren weiße Fahrzeuge geparkt, alle deutlich mit UN-Aufklebern versehen. Oberhalb der Stufen zum Gebäude war lose eine blaue Flagge angebracht; ich nehme an, es war eine UNO-Flagge. Zwei Männer standen auf dem Parkplatz, ein dritter bewachte die Eingangstür selbst am oberen Ende der Treppe. Als sie sahen, dass ich mich anschickte, ein Foto zu machen, sagte mir einer der zwei Männer, Fotos seien verboten und begann auf mich zuzugehen – allerdings nicht auf eine offen feindselige Art.

Ich ging, kehrte aber noch einmal um und schaffte es, ein Foto zu machen, bevor eine andere Person – der Mann im Vordergrund – über die Straße brüllte, dass Fotos verboten seien. Dies ist das einzige Bild, das ich machen konnte.

Das Orienthaus war zuletzt 2007 in den Nachrichten, als Mahmud Abbas sagte, er wolle es wieder eröffnen. Israel schloss das Gebäude als offizielles Büro der PA in Jerusalem nach dem Selbstmord-Bombenanschlag auf die Sbarro-Pizzeria 2001, bei der 15 Menschen getötet worden waren.

Auf meinem Weg hinunter nach Scheik Jarrah/Shimon HaTzadik kam ich am American Colony Hotel vorbei. Es ist das Hotel, in dem Auslandsjournalisten am liebsten absteigen – was es zum Ground Zero für Medien-Gruppendenken in Israel und für opportunistische palästinensische Fixer macht. Ein schnelles Foto und ich bin wieder unterwegs.

Während ich die Hausnummern der Nablus Road herunterzähle sehe ich ein Schild, das den Weg zum Grab von Shimon HaTzadik weist, vielleicht der letzte große Hohepriester der Zeit des Zweiten Tempels. Er wird in Ethics of Our Fathers (Die Ethik unserer Väter) zitiert, erschien Alexander dem Großen vor Schlachten und war eines der letzten Mitglieder der Großen Versammlung.

Seine Höhle ist zum Glück mit eine Klimaanlage ausgestattet, es gibt Energiesparlampen ohne Ende an den Steinwänden und den angebrachten Lichtinstallationen der unebenen Decke . Ein Schild warnt die Kohanim (Juden, die aus Priesterfamilien abstammen) aus Gründen der rituellen Reinheit,  an einem bestimmten Punkt nicht weiterzugehen. Die normale Zeit für das Frühgebet ist längst vorüber, aber zwei zu spät Gekommene schwingen vor dem grün-goldenen Ehrenmal vor und zurück. Daneben sitzen vier Männer, still ins Studium vertieft.

Oberhalb der Höhle liegt Nahalat Shimon, ein sauberer, wenn auch etwas wackeliger Komplex, in dem eine Handvoll Familien lebt. Ein Band kleiner israelischer Flaggen flattert über einem Spielplatz, alles unter dem wachsamen Auge eines Wachmannes am oberen Eingang des Gebäudekomplexes an der Nablus Road, an dem ich hinaus gehe.

Das nahe liegende Viertel Shimon HaTzadik wurde ursprünglich 1891 gegründet, fiel aber 1948 an Jordanien. Die Juden kamen nach der Wiedervereinigung Jerusalems 1967 zurück.

Als ich mich umsehe, stelle ich fest, dass ich mich nahe des höchsten Punktes von Scheik Jarrah befinde, und ich sehe ein Denkmal, das neben dem Abzweiger steht, wo die Nablus Road plötzlich nach links abbiegt und auch die Verbindung der Ölberg-Straße zur Rechten herstellt.

Warum dieses Denkmal?

Es befindet sich an einer Haarnadelkurve – auch als Nashashibi-Kurve bekannt – an der die Araber einen Konvoi zum Hadassah-Krankenhaus auf dem Skopusberg überfielen. Es war in jeglicher Hinsicht ein Massaker: 79 Ärtze und Krankenschwestern sowie die Haganah-Eskorte wurden getötet.

Das Denkmal befindet sich im Foto rechts. Das Taxi fährt links in die Fortsetzung der Nablus Road.

Das Denkmal befindet sich so nahe an der Straße, dass ich nicht das Gefühl hatte, sicher zu sein, als ich über längere Zeit davor stand und Autos furchtbar dicht hinter mir vorbeifuhren. Diese Abzweigung ließ es mir kalt den Rücken hinunterlaufen; er war tatsächlich der perfekte Ort für einen Hinterhalt.

Nach rechts abbiegend gehe ich die Ölberg-Straße entlang weiter den Hang hinauf. Ich finde mich alsbald gegenüber der Straße vom britischen Konsulat. Ein Union Jack weht an der Spitze eines stolzen Flaggenmastes; auf der staubigen Zufahrt lungern Sicherheitsleute zwischen dem Eingangstor und schweren Betonkübeln, deren kleine Blumen der Szene einen Hauch Farbe hinzufügen.

Ich weiß, dass ich mich sehr nahe am Shepherds Hotel befinde: das britische Konsulat machte das erste Aufhebens darum und sorgte dafür, dass das Projekt Washingtons missbilligende Aufmerksamkeit erregte – Juden ziehen jetzt in ihr eigenes Viertel. Ich folge der Kurve, die die Straße macht und sehe das Shepherd Hotel.

Und es lohnt sich nicht, es sich anzusehen.

Das unscheinbare Gebäude steht auf einem Grundstück, das von verdorrtem, braunem Gras, Dreck, Steinen und ein paar Bäumen umgeben ist. In seinen besseren Tagen beherbergte es einen Wache der Grenzpolizei, aber die zog in ein neueres Gebäude am Highway One. Ein Auto und Baufahrzeuge sind vor dem Gebäude geparkt.

Dieses Gebäude wurde ursprünglich in den 1930-er Jahren für den Mufti von Jerusalem gebaut, den örtlichen Führer des palästinensischen Nationalismus und Nazi-Sympathisanten Hadsch Amin al-Husseini. Sollte es irgendwelche Arbeiter (oder Demonstranten) geben, war ich offenbar zu früh da. Ich sah nicht einen einzigen Menschen.

Auf der anderen Seite der Straße befindet sich ein Feld mit Olivenbäumen und einer schönen Sicht auf  Skopus- und Ölberg. Auch diese Gegend gehörte dem Mufti und ist als Weinberg des Muftis bekannt.

Als ich der Straße weiter folge, komme ich an einen Kreisverkehr und eine breite, modernere Straße, die mich in die allgemeine Richtung des Skopusberges bringt. Links vom Kreisverkehr liegt ein Regierungsbezirk, der nach Menachem Begin benannt ist, darin eine Polizeiwache und ein paar Ministerien. Auf meiner Seite der Straße befindet sich das Gesundheitszentrum von Scheik Jarrah, wo ich hoffe, einen Wasserspender zu finden und meine Flasche auffüllen zu können.

Vor dem Zentrum konkurrieren Autos – zumeist Subarus, wie man sie in der Umgebung von Jerusalem findet – mit gelben Nummernschildern um die wenigen Parkplätze. Ich finde ein modernes, sauberes Gebäude, das sich nicht von anderen medizinischen Zentren der Stadt unterscheidet. Schilder auf Arabisch und Hebräisch führen die Menschen in die richtigen Bereiche für Hörtests, Ultraschall-Untersuchungen, Pädiatrie, Bluttests, Physiotherapie usw.

Kein Wunder, dass erneutes Gerede über die Teilung Jerusalems vermehrte Anfragen von Palästinensern auslöst, die die israelische Staatsbürgerschaft erwerben wollen. Niemand will den Zugang zur israelischen Gesundheitsversorgung und andere soziale Leistungen verlieren.

Nach dem Auffüllen meiner Flasche finde ich einen Stuhl, auf dem ich eine Pause einlege, um die Klimaanlage zu genießen.

Explore posts in the same categories: Israel, Sonstiges

Hinterlasse eine Antwort