Wie die ARD Ursache und Wirkung auf den Kopf stellt
Ein Kommentar von Thomas Schreiber
18. Oktober 2013 – Aus einem Blog der ARD: „Und die Tatsache, daß die letzten Kriege von Israel begonnen wurden und möglicherweise nicht nötig gewesen wären. Vor allem der Libanonkrieg II im Jahr 2006, der eine Reaktion auf die Tötung und Entführung mehrere israelischer Soldaten durch die Hizbollah an der Nordgrenze war, hätte ohne Probleme vermieden werden können. Der damalige Premier Olmert erklärte den Krieg. Er hätte ebenso gar nichts tun können, abwarten und – wie Israel dies so häufig tut – zu irgendeinem Zeitpunkt gezielt gegen die Hizbollah einen Schlag ausführen können, um damit die “Rechnung zu begleichen”. Es wird also sehr darauf ankommen – und das sagte Gantz dann allerdings doch – wie Israel auf einzelne Angriffe und Attacken reagieren wird. Ob man einen “All out war” in Kauf nehmen wird und will oder ob man mit einer möglichen Zeitversetzung reagiert. Gezielt, punktgenau, um nicht eine Kettenreaktion heraufzubeschwören, die in diesen unruhigen Zeiten im Nahen Osten niemand mehr vorhersehen kann.” (Richard C. Schneider).
Der Korrespondent hatte eine Rede des israelischen Generalstabchefs Benny Gantz kommentiert.
Die letzten Kriege wurden von Israel begonnen und wären möglicherweise nicht nötig gewesen wären, heißt es bei der ARD. Das ist natürlich richtig wenn als Kriegsbeginn nicht der erste gefallene Schuss oder die Schaffung von Kriegsgründen (Casus Belli) definiert wird, sondern erst die Reaktion darauf.
So wäre Israel am Unabhängigkeitskrieg schuld, weil die Juden es gewagt haben, einen eigenen Staat zu gründen und sich gewehrt haben, als alle damaligen arabischen Staaten über Israel herfielen. Israel wäre schuld, den 6-Tage-Krieg begonnen zu haben, obgleich Ägyptens Präsident Nasser drohte, die Juden in Meer zu werfen, die internationalen Schiffahrtswege für israelische Schiffe gesperrt und die UNO-Beobachter aus Sinai abziehen ließ. Sogar den Jom Kippur-Krieg 1973, vor genau 40 Jahren, könnte allein Israel angelastet werden, obgleich jeder weiß, dass Ägypten und Syrien mit ihrem konzertierten Überraschungsangriff dem jüdischen Staat fast den Garaus gemacht hatten. Hätte Israel kapituliert und sich überrennen lassen, anstatt um sein Überleben zu kämpfen, hätte wohl nach Ansicht der ARD dieser „überflüssige” Krieg verhindert werden können.
Die ARD erwähnt wird historisch korrekt, dass der Libanonkrieg II im Jahr 2006, ohne Probleme hätte vermieden werden können. Denn er war eine Reaktion auf die Tötung und Entführung mehrere israelischer Soldaten durch die Hizbollah an der Nordgrenze. Nicht erwähnt wurde allerdings, dass zur Ablenkung gleichzeitig auch Raketen auf Israel abgeschossen worden sind. Dem deutschen Leser, aus dessen pazifistischer Sicht natürlich jeder Krieg „überflüssig” ist, wird so untergeschoben, dass das Töten und Entführen von Soldaten bei einem Kommandounternehmen weder Krieg noch Kriegsakt seien. Krieg ist erst, wenn Israel sofort darauf reagiert, was die ARD offenbar für „überflüssig” hält.
Tatsächlich hat die israelische Regierung am Abend nach jenem Angriff am 12. Juli 2006 nach mehrstündigen Beratungen beschlossen, auf die Entführung der zwei Soldaten mit Krieg zu antworten und nicht untätig zu bleiben. Wie bei jedem anderen Thema auch muss eine Regierung Entscheidungen treffen. Ob der israelische Beschluss damals richtig oder falsch war, können erst die Historiker bestimmen.
Der damalige Ministerpräsident Ehud Olmert wird hier von Korrespondent Schneider wie ein Diktator dargestellt, der selbstherrlich „den Krieg erklärt hat”. Dabei ist es in Israel, wie in anderen Demokratien Ländern üblich, schicksalhafte Beschlüsse in Abstimmung mit den Regierungsministern und Experten von Militär und Geheimdienst zu prüfen und dann zu entscheiden. Ähnlich wird heute bei jeder Gelegenheit der „Hardliner” Netanjahu dargestellt, als ob die Siedlungspolitik sein Privatvergnügen sei und nicht die deklarierte Politik einer Regierungskoalition und mehreren Parteien, die mit Mehrheit im Parlament sitzen. Niemand, auch nicht die ARD, kämen auf die Idee, die Energiewende in Deutschland, die Griechenlandhilfe oder Steuererhöhungen allein der Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich anzulasten und sie deshalb als „Hardliner” zu bezeichnen. Selbstredend sind Beschlüsse wie Krieg gegen die Hisbollah-Miliz nach einem tödlichen Überfall, die Siedlungspolitik oder Merkels Griechenlandhilfe umstritten. So ist das nun einmal in einer Demokratie, was nicht bedeutet, dass allein die jeweilige Opposition „recht” hat.
Olmert hatte mit seinem Beschluss 2006 insofern „recht”, wenn später der Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah den Überfall auf die israelische Grenzpatrouille bitter bereut hat und seine Organisation inzwischen seit sieben Jahren jegliche Provokation gegen Israel vermeidet. Jener Krieg hat dem Norden Israels erstmals seit der Gründung des Staates fast völlige Ruhe beschert. Ausgerechnet der Libanonkrieg II hat gezeigt, dass manchmal ein Krieg eben doch notwendig ist, um „Frieden” herzustellen, nämlich ein Ende ständigen Raketenbeschusses.
Ausgerechnet die vom Militärstrategen Schneider vorgeschlagene zeitversetzte Reaktion hätte in der Welt und auch bei der ARD Israel den berechtigten Vorwurf eingebracht, unprovoziert einen Krieg auszulösen.
Anhand dieses kurzen Berichtes beim ARD-Blog kann aufgezeigt werden, wie Fakten verdreht mit privaten Meinungen vermischt zu einer fatalen anti-israelischen Darstellung werden, die dann in der deutschen Öffentlichkeit bei Umfragen zu der Ansicht führen, dass Israel einer der schlimmsten Kriegstreiber der Welt sei.
Die ARD zeigte mal wieder, was in deutschen Medien verbreiteter Usus ist: Ursache und Wirkung auf den Kopf zu stellen und an Israel doppelte Maßstäbe anlegen. Jedem anderen Land, darunter auch Iran und sogar bewaffneten Milizen wie Hamas und Hisbollah wird das Recht auf „legitimen Widerstand” und natürlich auch das Recht auf Selbstverteidigung zugestanden. Nur Israel nicht.
Ähnlich verdreht stellen die Agenturen und in der Folge die Zeitungen und die Tagesschau oft auch das sonstige Kriegsgeschehen rund um Israel dar, etwa wenn es im Titel heißt: „Israel erschießt Palästinenser”. Dass jener Palästinenser eine Bombe gelegt hat, einen Terroranschlag verüben wollte oder eine Rakete auf Israel abgeschossen hat, wird meist unter „ferner liefen” an das Ende der Meldung gestellt, und von den Zeitungsredaktionen weggekürzt. So entsteht der Eindruck, als erschieße Israels Militär willkürlich unschuldige und unbeteiligte Palästinenser. Dabei zeigen gerade das Beispiel des Libanonkriegs und die Selbstmordattentate während der Intifada, dass die „andere Seite” durchaus fähig und bereit ist zu Massenmorden an Zivilisten in Bussen, Restaurants und Schulen. Kein demokratischer Staat in der Welt kann aufgefordert werden, derartigem Morden untätig zuzuschauen.
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