Ein Jahr tendenziöser Berichterstattung: Warum die New York Times gewann

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Pesach Benson, HonestReporting.com, 26. Dezember 2013

Als die Leser von HonestReporting aufgefordert wurden den „Gewinner“ des Dishonest Reporting Award 2013 zu wählen, war der vorwiegende Unmut am besten mit einer einzeiligen E-Mail zusammenzufassen:

„Die NY Times hat das ganze Jahr über auf Israel eingeprügelt.“

Ein Großteil der Verstimmung konzentrierte sich auf den Op-Ed-Bereich. Eine dauerhafte Parade an Kommentaren mit herablassenden Abqualifizierungen der Befürchtungen Israels wegen des Iran zementierten natürlich den Preis für dieGray Lady in der zweiten Hälfte des Jahres 2013. Das überrascht nicht. HonestReportings Langzeitstudie des Kommentarteils der Times stellte 2012 ähnliche Probleme fest.

Doch die NY Times gab sich redlich Mühe diesen Preis selbst ohne das Problem der Op-eds zu gewinnen.

Die Zeitung fügte seiner Redaktion einen bekannten antiisraelischen Verschwörungstheoretiker hinzu, verherrlichte Steinewerfer, warf Fragen zur Art auf, wie es Korrekturen bringt und beendete das Jahr mit einem blühenden Foto-Fehlschlag. Keine der 2013 auf den weiteren Plätzen Gelandeten wie die BBC, CNN, Ha’aretz und andere kamen den von der Times geschürten Spannungen auch nur nahe.

Um fair zu sein: Es gab ein paar Lichtblicke. Der beste Moment der Gray Lady war, wie ein Leser versicherte, als MEMRI ein Video von Mohammed Morsi ans Tageslicht brachte, wie er sich antisemitisch äußerte. Die Story erntete die breite Aufmerksamkeit nicht, bis die New York Times sie aufgriff, was letztlich zu einer Verurteilung durch das Weiße Haus und öffentliche Überprüfung führte, die Morsi nicht ignorieren konnte.

Die Times ist Amerikas einflussreichste Zeitung, zum Teil wegen ihrer Reichweiter und teilweise wegen ihrer Reputation für journalistische Exzellenz. Mit mehr als 1,8 Millionen Abonnenten, 4,7 Millionen, die ihr auf Facebook folgen und 10,4 Millionen auf Twitter ist die die New York Times die am zweitmeisten besuchte Nachrichtenseite der Welt.

Hier sind die Gründe dafür, dass die Leser von HonestReporting die New York Times für den diesjährigen Dishonest Reporting Award markierten.

Warum die New York Times den Dishonest Reporting Award 2013 gewann

Verherrlichung von Steinewerfern

Nicht einmal, sondern zweimal setzte die Times Steine werfende Palästinenser auf ein strahlendes Podest. Als erstes gab es im März eine Cover Story im New York Times Magazine über die wöchentlichen Proteste in Nabi Saleh (begleitet von einer Fotostrecke mit dem Titel „Die Widerständler“). Der Autor des Textes, Ben Ehrenreich, hatte vorher schon Israel in einem widerlichen Op-Ed in der Los Angeles Times verleumdet; dort verglich er Israel mit dem Südafrika der Apartheid (Südafrika wurde gütiger bewertet) und etikettierte den Gazastreifen als „139 Quadratmeilen-Gefangenenlager“. Und in einer Nachricht bei Harper’s unterstellte Ehrenreich, israel führe einen „Wasserkrieg gegen Palästina“.

Was die Story selbst angeht, waren die spezifischen Kritikpunkte einfach zu langatmig, um hier im Detail darauf einzugehen. Arnold Roth hat eine fesselnde persönliche Verbindung zu dem Artikel. Lesen Sie auch den Ha’aretz-Kolumnisten Chemi Shalev und den Commentary-Redakteur Jonathan Tobin.

Gefragt, was ihn bezüglich Nabi Saleh neugierig machte, sagte Ehrenreich hinterher:

Ich wollte verstehen, was die Leute motiviert weiter zu kämpfen, jede Woche zu demonstrieren, im vollen Wissen darum, was die Konsequenzen sein würden und wie viel sie verlieren konnten.

Memo an Ehrenreich und die Times: Die wöchentlichen Zusammenstöße an Orten wie Nabi Saleh und Bilin werden zur Konsumierung durch die Medien als vorab als Manuskript ausgegeben.

Im August veröffentlichte die Times einen zweiten Blick auf das Steine werfen – diesmal über Jungs aus dem Dorf Beit Omar. Wie erklärte Bürochefin Jodi Rudoren die Gewalt?

Hier in Beit Ommar, einem Dorf von 17.000 Einwohnern zwischen Bethlehem und Hebron, das von jüdischen Siedlungen umzingelt ist, ist Steine werfen ein Durchfahrt-Ritual und ein ehrenvoller Akt des Trotzes. Die Sinnlosigkeit der von gepanzerten Fahrzeugen abprallenden Fahrzeuge spielt kaum eine Rolle: Was zählt, ist die Konfrontation.

HonestReporting erinnerte die Times, dass Steine werfen ein Akt der Gewalt ist. Rudoren trat in die Fußstapfen von Amira Hass, deren Rechtfertigung des Steinewerfens der Ha’aretz-Kolumnistin ihren eigenen Dishonst Reporting einbrachte.

Infragestellung von Israels Existenzrecht

Niemand stellt – sagen wir – Japans Existenzrecht infrage. Dem russischen Volk seine Selbstbestimmung zu verweigern ist antisrussisch. Und inhärente irisch nationale Ansprüche für ungültig zu erklären wird bei Iren überall in der Welt keine Pluspunkte einbringen.

Doch die New York Times hielt es für angebracht einen happigen, 2.052 Worte langen Kommentar von Professor Joseph Levin im März zu veröffentlichen, der argumentierte, dass es nicht antisemitisch ist Israels Existenzrecht infrage zu stellen. Ein jüdischer Staat, behauptet Levine, ist „undemokratisch“, wobei die äußeren Zeichen von Eigenstaatlichkeit ohnehin nichts Besonderes sind.

Die Professoren Ian Lustick (links) und Joseph Levine (rechts)

Doch genau die Rechte, die der Philosophieprofessor den Juden verweigert, werden den Palästinensern gewährt. Selbstbestimmung? Brauchen Juden gar nicht erst zu beantragen.

Ein zweites Op-ed mit der Forderung nach Israels Untergang wurde im September veröffentlicht. Damit schien Professor Ian Lustick eine Einstaaten-Lösung zu fordern. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass Lustick darüber hinaus geht den Juden nationale Bestrebungen zu verweigern. Gibt es irgendwie Raum für jüdischen nationalen Ausdruck in der Einstaaten-Fantasie, die Lustick aus dem Nichts seines Elfenbeinturms beschreibt?

In einem derart radikal neuen Umfeld könnten säkulare Palästinenser in Israel und der Westbank sich mit den Postzionisten von Tel Aviv, nichtjüdisch, Russisch sprechenden Einwanderern, Gastarbeitern und israelischen „Global Village“-Unternehmern zusammentun. Antinationale, ultraorthodoxe Juden könnte Gemeinsamkeiten mit muslimischen Traditionalisten finden. Im sich rapide verändernden Nahen Osten nicht an statischen Zionismus gebunden, könnten Israelis, deren Familien aus arabischen Ländern kamen, neue Gründe finden von sich nicht als „östliche“, sondern als arabisch zu denken.

Lusticks Antwort auf Kritiker erinnerte an William Shakespeare-Monologe: Eine Erzählung voller Klang und Wut, der nichts bedeutet.

Sowohl Lustick als auch Levine sind jüdisch, doch keiner repräsentiert irgendwelche jüdischen Mainstream-Ansichten. Schicke akademische Titel gleichen die Unzulänglichkeiten ihrer Argumente nicht aus. Doch was sagt all das über dieTimes?

Premierminister Netanyahu vor der UNO, 2013

Israel, Iran, und die Vendetta der Gray Lady

Das war absolut der größte Einzelanstoß bei den Lesern von HonestReporting.

Im September versammelten sich die Führer der Welt in New York zum Beginn der UNO-Vollversammlugn. Unter den Zeichen von Tauwetter in den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran brachte die Zeitung eine stete Parade an Nachrichten und Kommentaren, die Israels legitimen Befürchtungen zu Irans Atomprogramm verächtlich machte. So einige Leser gingen so weit zu implizieren, dass die Gray Lady entweder als Sprachrohr für die Obama-Administration agiert oder eine persönliche Vendetta gegen Premierminister Benjamin Netanyahu führt. Oder beides. So schrieb der Reporter Avi isssacharoff von der Times of Israel damals:

Rouhanis Lächeln. Die New York Times schient eine Kampagne gegen Premierminister Benjamin Netanyahu zu steuern, der sagte, Sanktionen gegen den Iran dürften nicht aufgehoben werden und vor den wahren Absichten der Islamischen Republik warnte. Gewisse westliche Journalisten werden möglicherweise von der Hoffnung – und vielleicht zu einem gewissen Grad von Naivität – getrieben, dass die Krise keine Gewaltanwendung benötigen wird.

Doch die Anti-Netanyahu-Kampagne übersieht (oder ignoriert) die Tatsache, dass die argwöhnische israelische Regierung wenig überraschend sich der Unterstützung vieler arabischer Länder erfreut – einschließlich Ägyptens, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate – die in Sachen Iran nicht naiv sind.

Und Dror Eydar von Israel HaYom fügte an:

Die Times hat eine lange Geschichte der Unterstützung auch der leiseste Hoffnung, wenn es um die Aussöhnung mit skrupellosen Diktatoren geht.

Was trieb zu diesen Vorstellungen?

  1. Ein Redaktionskommentar verwechselt israelische Skepsis mit Böswilligkeit.
  2. Ein Redaktionskommentar beschuldigt Netanyahu die Atomgespräche vorsätzlich zu sabotieren.
  3. Ein Redaktionskommentar impliziert auf herablassende Weise, die Türkei und Saudi-Arabien rebellierten gegen die amerikanischen Gebieter.
  4. Ein Redaktionskommentar macht aus Israel den Sündenbock für den Zusammenbruch der Diplomatie zwischen den USA und dem Iran.
  5. Ein Redaktionskommentar legt nahe, dass eine Vereinbarung mit den Iran wichtiger ist als die Inhalte des Deals.
  6. Ein Redaktionskommentar beschreibt israelische Einsprüche zur Interimsvereinbarung als eine der „vor uns liegenden Tücken“.
  7. Ein Redaktionskommentar beschreibt Netanyahus Einwände zu einem Interimsabkommen als „hysterische Opposition“.
  8. Roger Cohens herablassende Meinung zu „Bibis ermüdende iranische Sprüche“.
  9. Roger Cohens abschätzige Sicht zu Israels Sorgen.
  10. Tom Friedman behauptet, die Opposition im Kongress zum Weißen Haus in Sachen Iran stamme „aus einer wachsenden Tendenz amerikanischer Parlamentarier alles zu tun, was die Israel-Lobby von ihnen fordert…“
  11. Tom Friedman bagatellisiert Israels Sorgen, indem er „den verrückten Bibi“ mit dem „coolen Obama“ vergleicht.
  12. Tom Friedmans herablassende Darstellung besorgter amerikanischer Verbündeter.
  13. Jodi Rudorens übertriebene Analyse zu Netanyahus politischer Isolation. (Dieser Artikel bekam noch einmal Schwung, weil die Zeitung eine Beschreibung Sara Netanyahus korrigierte. Rudoren schickte der Frau des Premierministers außerdem eine persönliche Entschuldigung.

Auf all das zurückblickend fragten sich die Leser: Nutzte die Times die Gelegenheit es Bibi zurückzugeben, nachdem er in seiner Rede vor der UNO die NY Times herausforderte? Wenn, war dann das in einer derart existenziellen Frage zu tun, ein angemessener Weg eine Rechnung zu begleichen? Wie sonst würde die Times den beleidigend abschätzigen Ton all dieser Kommentare erklären? Und warum brachte die Times nicht mehr Ausgewogenheit in ihren Op-Ed-Bereich?


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