ULRICH W. SAHM – Offene Fragen wegen Mord von palästinensischem Jungen

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Ulrich W. Sahm

Jerusalem, 2. Juli 2014  – Bei der Leiche des im Jerusalem-Wald am Mittwoch gegen 6 Uhr morgens von der Polizei entdeckten Jugendlichen handelt es sich um den 16-jährigen Mohamed Abu Khdeir. Der ist von seiner Familie zwei Stunden zuvor als „vermisst“ gemeldet worden ist.

Für dessen arabische Familie aus dem Jerusalemer Viertel Schuafat steht fest, dass er von drei „Juden“ gegen 4 Uhr morgens vor der Moschee des Viertels in ein Auto gestoßen und entführt worden sei.

Die Polizei hat intensive Ermittlungen aufgenommen, zumal diese Entführung und der Mord als mögliche „Rache“ durch extremistische Juden gewertet wird.

Am Mittwoch Abend berichtete Mosche Nestelbaum, ein gewöhnlich gut informierter Reporter im 2. Fernsehkanal Israels, dass sich die Familie des Ermordeten schon einen Tag zuvor, am Montag, an die Polizei gewandt habe, weil angeblich ihr 9-jähriger Sohn entführt werden sollte. Eine Polizeistreife begab sich zum Haus der Familie, wo die Mutter das 9-jährige Kind in den Armen hielt. Es hatte Kratzer an seinem Körper. Die Mutter erzählt von Juden, die versucht hätten, ihr das Kind zu entreißen. Wenig später erschien der Vater und widersprach der Erzählung seiner Frau: „Das waren keine Juden, sondern Araber, die den Jungen entführen wollten.“ Die Polizisten baten den Vater, in der Polizeiwache Anzeige zu erstatten. Doch der Vater wollte sich erst mal um den Jungen kümmern. Obgleich die Polizei ihn mehrfach aufgefordert habe, Bericht zu erstatten, sei er nicht gekommen. Bei dem 9-Jährigen handelt es sich um den jüngeren Bruder des am Mittwoch tot aufgefundenen Mohamed Abu Khdeir.

Die Ermordung des Palästinensers wurde von Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilt. Er forderte die Polizei zur raschen Aufklärung auf und erklärte hat, dass Israel ein Rechtsstaat sei, in dem niemand „das Recht in die Hand nehmen darf“. Der Mord wurde auch vom Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat als abscheuliche Tat bezeichnet. Politiker aus aller Welt verurteilten den „Rachemord“, obgleich die polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und Täter wie Mordmotiv unbekannt sind. US-Außenminister John Kerry redete von einem „heimtückischen Mord“ und kondolierte den Palästinensern.

Der rechtsgerichtete israelische Nachrichtendienst „Israel National News“ zitiert einen namentlich nicht genannten ehemaligen Polizeioffizier, wonach die Familie des Ermordeten der Polizei „einschlägig bekannt“ sei, wegen jahrelanger Familienfehden.

Einen Widerspruch in den Aussagen der Familie hat die Washington Post in ihrem Bericht nicht einmal bemerkt. Eine Tante des Ermordeten, Bushra Abu Khieder, erzählte, dass Überwachungskameras den jungen Mann gefilmt hätten, wie er vor der Haustür seines Heimes auf den Ruf zum Morgengebet wartete, als sich ihm ein Hyundai näherte. Einer der Insassen des Autos hätte ihm eine Frage gestellt, ihn geschnappt und in das Fahrzeug gestoßen. Wenige Zeilen weiter zitiert die Washington Post die Mutter des Ermordeten, Suha Abu Khieder. Reportern hätte sie erzählte, wie der 16-Jährige “auf meinem Schoss sitzend, geraubt worden ist”. Hat sie etwa die angebliche Entführung ihres 9-Jährigen Sohnes durch Araber am Montag mit der Entführung ihres größeren Sohnes durch Juden am Dienstag verwechselt?

Inzwischen hat die Zeitung Haaretz eine weitere Darstellung veröffentlicht, mit dem Hinweis, dass die Polizei weiter ermittelt. Tatsächlich habe es einen Versuch gegeben, einen 9-jährigen seiner Mutter zu entreißen und zu entführen. Doch die Schreie der Mutter hätten die Entführer in die Flucht geschlagen. Laut Haaretz sei das Opfer die Z’alum -Familie gewesen und nicht die Abu Khieder-Familie, wie von der Washington Post und Nestelbaum im Fernsehen berichtet. „Die Familie hat keine Beschwerde bei der Polizei abgegeben und es ist unklar, ob die Angreifer Juden waren“, fügt Haaretz hinzu.

Hussein Abu Khdeir, Vater des ermordeten Muhammad, sagte zu Haaretz, dass sein Sohn vor der Moschee entführt worden sei. Die gerufene Polizei habe sofort reagiert und konnte dank dem Handy Muhammads die Route des Autos der Entführer verfolgen. 90 Minuten später sei seine verbrannte Leiche im Jerusalem-Wald gefunden worden. Dank DNS-Proben der Familie konnte die Leiche einwandfrei identifiziert werden. Der Vater dementierte verärgert, dass sein Sohn Opfer einer Familiefehde oder eines „Ehrenmordes“ geworden sein könnte.

 

 

 


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