ULRICH W. SAHM – Kommentar: Netanjahus Rede vor dem Kongress

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Congress[1]Jerusalem, 2. März 2015 – „Angenommen, Netanjahu wolle vor dem Kongress die amerikanischen Bemühungen um einen Vertrag mit Iran loben. Hätte Obama auch dann einen derartigen Aufstand gemacht?“ Das fragte der israelische Strategieminister Juval Steinitz am Sonntagabend im israelischen Fernsehen. Wäre auch dann US-Präsident Barak Obama so wütend über den nicht angemeldeten Besuch des israelischen Premiers? Würde er auch dann ein Treffen ausschließen, weil Netanjahu mitten im Wahlkampf steht? Wohl kaum.

Steinitz sagte auch, dass Israel durchaus an einem Vertrag mit Iran interessiert sei. Denn ohne Abkommen hätte Iran freie Hand, uneingeschränkt mit Tausenden Zentrifugen Uran auf 95 Prozent anzureichern und am Ende eine Atombombe zu bauen.

Angesichts der iranischen Drohungen und der intensiven Entwicklung von Trägerraketen, die allein für den Transport einer Atombombe Sinn machen, fühle sich Israel in seiner puren Existenz akut gefährdet. Angeblich haben sich die Amerikaner längst damit abgefunden, dass der Iran zur Atommacht werde. Doch solange der Wortlaut des noch nicht fertig ausgehandelten Vertrags bekannt ist, kann darüber nur spekuliert werden. Israel will die Sanktionen gegen Iran aufrechterhalten, auch um den von Iran initiierten Terror in der ganzen Region einzuschränken. Iran weitet seine Einflusssphäre militärisch beständig aus, im Irak und auf den syrischen Golanhöhen. Die USA fühlen sich nicht direkt bedroht, während für Israel die Einmischung iranischer Revolutionsgarden in den syrischen Bürgerkrieg und das Bündnis mit der libanesischen Hisbollah-Miliz schnell kritisch werden kann.

Nun fragt sich aber auch, ob eine einzige Rede des israelischen Premierministers, gleichgültig wie „stark“ und „beeindruckend“ sie wird, das Ruder der Politik Obamas umwerfen kann. Obama und Netanjahu können sich persönlich nicht ausstehen. Das ist bekannt. Aber wenn es wirklich nur um sachliche, erklärbare Differenzen geht, dürften die strategischen Beziehungen unter dem Schlagabtausch nicht gelitten haben.

 

 


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