Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Theologischen Fakultät der Universität Wien
Sehr geehrte Kollegen Univ.-Prof. Dr. Sigrid Müller, Univ.-Prof. Dr. Jan-Heiner Tück, Univ.-Prof. Dr. Johann Pock,
für Ihren Protest gegen den unsäglichen UNESCO Beschluss in Sachen des Jerusalemer Tempelberges möchte ich Ihnen nachdrücklich danken. Soweit ich sehe hat sich in Deutschland noch keine universitäre Einrichtung für Jüdische Studien, Judaistik oder Theologie gegen diese Resolution gewandt, was man als große Schande empfinden muss. Sie sind in dieser weiten europäischen Universitätslandschaft das einzige Hoffnungszeichen. Es erstaunt mich zu sehen, dass all die Historiker, Theologen und Judaisten nicht wahrnehmen und nicht dagegen protestieren, dass hier nicht nur jüdisches Selbstverständnis getroffen wird, sondern eine die gesamte westliche Welt betreffende Geschichtsfälschung stattfindet. Da wo Geschichte umgeschrieben wird, wo geschichtliche Fakten geleugnet werden, liegt der Anfang faschistischer Machtergreifung und Unterdrückung aller Menschen, die an die Vernunft und die Gültigkeit von Wissenschaft glauben. Und gerade dies sind die wirklichen Werte unserer westlichen Gesellschaften. Warum gibt es keinen Aufschrei der Politiker, warum keine Grundsatzdebatte in der EU, ob sich Europa in dieser Weise die eigenen Fundamente von einer fanatisierten UNESCO-Mehrheit unter den Füßen wegziehen lassen darf. Wenn man die wohlfeile Formel vom jüdisch-christlichen Menschenbild fast täglich aus dem Mund öffentlicher Redner vernimmt, bedeutet die UNESCO-Resolution gerade dies, dass dieses Welt- und Menschenbild geleugnet werden soll. Spürt man in Europa nicht, dass es hier nicht nur um das kleine und bedrohte Israel geht. Es geht um mehr. Solange Europa und die westliche Welt nicht begreifen, dass die viel berufene kulturelle Einheit von Israel und westlicher Welt tatsächlich eine Einheit ist, in welcher der Angriff auf einen Teil das Gesamte betrifft, so lange wird Europa und die westliche Welt blind in die kulturelle Selbstaufgabe taumeln.
Alle europäischen Universitäten, Hochschulen und Politiker müssen sich dieser Verleugnung des westlichen Selbstverständnisses, das auf geschichtlicher Wahrheit und rationaler Forschung beruht, mit aller Macht entgegenstellen, wenn sie nicht hinnehmen wollen, dass Geschichtsklitterung, Wahrheitsverfälschung und ideologische Erpressung zum neuen modus vivendi auch bei uns werden soll.
In allergrößter Sorge
Prof. Dr. Karl E. Grözinger
Zentrum Jüdische Studien
Berlin Brandenburg, Humboldt Universität;
Universität Potsdam
Prof. emeritus der Institute
Religionswissenschaft & Jüdische Studien;
Affiliated Professor – University of Haifa
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