Das Märchen vom guten Nazi | Kölner Stadt-Anzeiger
Der Auftritt war inszeniert wie ein Staatsbesuch. Zahllose Reporter und Kamerateams, mehr als tausend Schaulustige, Volksfeststimmung. Dann fuhr der Hauptdarsteller im schicken Mercedes durch das Tor des Gefängnisses von Spandau, chauffiert von einem Fahrer. Doch auf der Rückbank der Limousine saß kein Staatsgast, sondern ein Kriegsverbrecher. Als Albert Speer im Oktober 1966 um Punkt Mitternacht das Gefängnis nach einer 20-jährigen Haftstrafe verließ, stand er am Beginn seiner zweiten erfolgreichen Karriere – als scheinbar geläuterter Nazi. Und die Deutschen kauften ihm seine Lügen nur zu gerne ab, wie die Ausstellung „Albert Speer in der Bundesrepublik – Vom Umgang mit der deutschen Vergangenheit“, die nun im NS-Dokumentationszentrum zu sehen ist, eindrucksvoll belegt. „Er hat die Erinnerungskultur so verdreht, dass man von einer Unkultur sprechen muss“, sagt Werner Jung, Direktor des NS-Dok.
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