Der Iran und der 9. Juli

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Der Iran und der 9. Juli 

 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 

Am 9. Juli 1999 demonstrierten iranische Studenten für Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte. Die Demonstrationen wurden brutal niedergeschlagen. Im Vorfeld des 9. Juli 2008 herrschte ein Klima der Angst und des Schreckens an den Universitäten.

Ezzat Ebrahim-Nejad wurde bei den Juli-Demonstrationen der Teheraner Studenten im Jahre 1999 von bisher nicht identifizierten Mitgliedern der Ansare Hezbollah oder von Sicherheitskräften erschossen. Die Ansare Hezbollah gelten als die private Armee des Führers und fügen sich seinem Befehl. Puran Ebrahim-Nejad ist die Schwester von Ezzat. Sie schrieb in einem offenen Brief am 7. Juli 2008:
„Im Namen Gottes der Freiheit.

Der 9. Juli ist das Symbol des Freiheitswillens des iranischen Volkes. Dieser Freiheitswille ist an diesem Tag mit aller Gewalt und mit undemokratischen Mitteln unterdrückt worden.“
Puran Ebrahim-Nejad hebt hervor, dass am 9. Juli 1999 die „Kinder dieses Landes gegen den Diktator aufgestanden sind, um zu sagen, dass sie bereit sind zu jeder Zeit jeden ungerechten Herrscher zu bekämpfen.“
Sie schrieb: „Wir sind auf der Suche nach Menschlichkeit und nach einem wachen Bewusstsein . Denn ein wacher Mensch wird sich nie der Tyrannei ergeben.“ Humanität sei nicht nur eine Idee, sondern auch mit Taten
verbunden.

Die Geschichte der studentischen Juli Demonstrationen geht auf das Jahr 1952 zurück, als Studenten für den damaligen Ministerpräsidenten Mossadegh und gegen den Schah demonstrierten. 1999 demonstrierten iranische Studenten gegen die islamische Diktatur und für Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte. Die Demonstrationen begannen am 8. Juli 1999 mit einer friedlichen Demonstration von etwa 200 Studenten gegen das Verbot der Zeitung Salam. Am 9. Juli eskalierte die Lage. Sicherheitskräfte und Ansare Hezbollah, zivilgekleidete fanatische Anhänger des Führers Ali Khamenei, griffen ein Studentenheim auf dem Teheraner Universitätscampus an. Dutzende Studenten wurden schwer verletzt. Die Heimeinrichtung wurde kurz und klein geschlagen. Der Student Akbar Mohammadi starb später im Gefängnis an den Folge seiner Verletzungen.

Neun Jahre später: 8 Juli 2008

Neun Jahre später gibt es keine Demonstrationen und die studentische Opposition ist gespalten. Ahmad Batebi gehörte 1999 zu den Demonstranten, die Demokratie und Menschenrechte forderten. Er wurde weltberühmt, nachdem auf dem Titelblatt der Zeitschrift „The Economist“ sein Photo abgebildet wurde, wie er das blutige Hemd eines niedergeschossenen Studenten hochhielt. In den Juli Auseinandersetzungen von 1999 wurde Batebi verhaftet. Nach langjähriger Haft im Iran flüchtete er vor wenigen Monaten mit Hilfe der Demokratischen Partei Kurdistans in die USA.In verschiedenen Interviews forderte er in den letzten Tagen ein unabhängiges Gericht, das die Verantwortlichen für die Verbrechen der letzten 29 Jahre verurteilt . Batebi geht heute davon aus, dass innerhalb der Staatsverfassung des Iran keine demokratische Entwicklung möglich ist. Die Verfassung müsse gänzlich reformiert werden. Eine andere Grundordnung würde aber auch die Abschaffung des politischen Systems der totalitären Diktatur im Iran bedeuten. Daher ist eine Änderung der Verfassung einer Diktatur leichter gesagt als getan.

In den letzten Tagen wurden auch willkürlich Dutzende unschuldige Studenten verhaftet. Es gab weder Demonstrationen noch Proteste. Die Einschüchterungsstrategie der Diktatur hat längst ihre Wirkung gezeigt.
Lediglich die linksislamistische Organisation der Partizipationsfront organisierte eine legale Veranstaltung zum Gedenken an die Studentendemonstrationen. Sie haben daran erinnert, dass die Universitäten inzwischen in der Woche um den 9. Juli geschlossen werden, damit keine Proteste stattfinden können. Auf der Konferenz wurde kritisiert, dass Präsident Ahmadinejad kürzlich gesagt habe, die iranischen Universitäten seien so frei, dass Präsident Bush kommen könne, um dort frei zu diskutieren. Mostafa Tajsadeh, Mitglied der Partizipationsfront hob hervor, dass die Mörder von Ezzat Ebrahim-Nejad noch nicht gefunden worden seien.
Die Worte von Tajsadeh machen deutlich, wie sich die Lage in der totalitären Diktatur verschärft hat. Während unabhängige Studenten von Säuberungen der Universitäten zu Beginn der Revolution sprechen, spricht Tajsadeh davon, dass die „Machtmonopolisten“ die Kontrolle über die Universitäten in den letzten Jahren gänzlich übernommen haben, seitdem auch Reformislamisten immer mehr Probleme bekommen. Die kritischen Stimmen, die kritischen Universitätsprofessor seien in den letzten Jahren von den Universitäten vertrieben worden. Tajsadeh sieht die Probleme nicht in der khomeinistischen Verfassung und nicht in der Idee der Islamischen Republik. Er sagte, das Problem sei der „religiöse Despotismus und die Diktatur.“ Die Studenten hätten auch kein Problem mit dem Islam, sondern mit der
Diktatur.

Damit ziehen sich bestimmte linksislamistische Kräfte langsam aus dem brutalen Geschehen in der Islamischen „Republik“ heraus, ohne die Verantwortung für ihre historische Rolle in der Islamischen „Republik“ übernehmen zu wollen. Während die Linksislamisten immer noch die Utopie einer Islamischen Republik ohne Diktatur hochhalten, geht ein Gros der demokratischen Studenten und der iranischen Bevölkerung davon aus, dass die islamistische Diktatur Iran in eine Sackgasse geführt hat.
In den Tagen vor dem 9. Juli 2008 Dutzende Studenten in Mashahd und in Tehran verhaftet. Weitere Journalisten und Frauenrechtler wurden verhaftet. Die Studentenorganisation Tahkime Wahdat erklärte, dass die „Islamische Republik zu Mitteln der Politik der Angst und des Schreckens greift.“ Die Politik der willkürlichen Verhaftung der Studenten und Intellektuellen wurde stark
kritisiert.

 

 


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