Godwins Law im Nahostkonflikt

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Godwins Law im Nahostkonflikt

HonestReporting Media BackSpin, 3. August 2011

Vor kurzem las ich einen Kommentar in einem Chat-Forum, der mich hellhörig machte.

In einer Diskussion über Varianten von Godwins Law – der halb-ironischen Betrachtung Mike Godwins, dass „wenn eine Online-Diskussion sich immer mehr hinzieht, die Wahrscheinlichkeit eines Vergleichs mit Nazi-Deutschland oder Hitler fast 100% erreicht“ – schreib ein Teilnehmer Folgendes:

Jeder Chat-Beitrag zu Israel versus Palästina mündet in der Regel in:

Auf israelischer Seite:

a) Wenn man Israel in irgendeiner Weise kritisiert, ist man antisemitisch

b) Israel ist einfach [moralisch] besser und das Land gehört den Juden
c) Israel ist eine Demokratie und LGBT (lesbische, homosexuelle, bisexuelle und transsexuelle) Menschen besitzen dort Rechte – gleich, wie verwerflich sie sich vorher verhalten haben.

Auf palästinensischer Seite:

a) Die zionistische Lobby lenkt die US-Regierung.
b) Israelis sind Nazis und praktizieren Apartheid sowie ethnische Säuberung
c) Juden sind miese Typen, zetteln Kriege an und sollten nach Polen abhauen.

Und beide Seiten werden sich gegenseitig als Terroristen bezeichnen.

Obwohl ich kaum jemanden treffe, der so argumentieren würde: „Israel ist [moralisch] besser“, ist etwas Wahres dran an den ersten beiden Punkten, die pro-Israel votieren. Allzu oft verwenden Israels Verteidiger religiöse Argumente, die bei säkular eingestellten Menschen auf wenig Resonanz stoßen, oder sie [die Verteidiger Israels] gehen in einer Debatte von einem bestimmten Grad an Antisemitismus aus, der unter der Oberfläche lauern könnte.

Seit man sich aber Godwins Law in einer Online-Diskussion bedient, um eine bestimmte Debatte für erledigt zu erklären bzw. die Person, die Nazis oder Hitler als Loser erklärt hatte, ist der dritte Punkt im Kommentar auf der pro-israelischen Seite eine nähere Betrachtung wert.

Interessanterweise bedürfen all die eingebrachten Argumente zu Israels Einsatz für die Rechte von Homosexuellen einer speziellen Erklärung der Person, die das gepostet hatte.

Die Implikation besteht darin, dass Israels starke Bilanz für die Menschenrechte Homosexueller nicht mehr als etwas Positives angesehen wird. In manchen Kreisen – also ironischerweise denen, die großen Wert auf Rechte Homosexueller legen – wird es als negativ angesehen, da es unaufrichtig sei und gemünzt, Israels „Verbrechen“ zu kaschieren, angeblich gegen die Palästinenser.

HonestReporting verfolgte diesen Argumentationsstrang, auch pinkwashing bekannt, seit er in einem Artikel des Time Magazine erschien, und als sich der Blogger, besser bekannt als Gay Girl in Damascus, als ausgeheckter Hoax von Tom MacMaster entpuppte, einem heterosexuellen Mann, dem stellvertretenden Vorsitzenden von Atlanta-Palestine Solidarity.

Nun aber posten Leute dieses Argument in Online-Diskussionen, was darauf hindeutet, dass die Nachricht die Öffentlichkeit längst erreicht hat.

Die Umkehrung dieses Phänomens kann auch erfordern, dass das Argument so antizipiert wird, wie oben gepostet – als Erklärung oder Ähnliches und als Teil von Godwins Law kreiert – auf palästinensischer Seite.

Israel „anzugreifen“ dafür, dass es Homosexuellen einen starken Schutz bietet, soll als gleichbedeutend angesehen werden mit „einem Vergleich zu Nazi-Deutschland und Hitler“.

Wenn also jemand sagt: “ Israel ist eine Demokratie und LGBT (lesbische, homosexuelle, bisexuelle und transsexuelle) Menschen besitzen dort Rechte – gleich, wie verwerflich sie sich vorher verhalten haben, sollte man die Debatte abbrechen und derjenige, der dieses Argument vorbringt, sollte zum Loser erklärt werden.

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